unheimliche Stille. Es konnte nicht Unthätigkeit seyn, da die Verlegenheiten der Schatzkammer wuchsen. Die Ahn- dung daß große Dinge im Werke wären ging durch ganz Frankreich, wie viel spannender durch die Hauptstadt! Hier wußte man daß in Versailles eine militärisch um- stellte Druckerpresse arbeite; keiner der Arbeiter durfte aus dem Gebäude. Militärische Vorsichtsanstalten waren in allen Provinzen genommen. Was eigentlich beabsichtigt werde blieb innerhalb des engen Kreises der Eingeweih- ten, dennoch sprach sich allerlei herum und für die Parla- mente ward in den entferntesten Enden von Frankreich ge- fürchtet. Es kam Alles darauf an, vor dem vielleicht tödt- lichen Schlage noch einmal die Stimme zu erheben.
König Ludwig hatte vierzehn Jahre regiert, als am 3. Mai 1788 d'Espremenil seine Collegen aufforderte fol- gende Erklärung zu genehmigen:
"Das Parlament ist durch offenkundige Thatsachen und den Zusammenhang sattsam bekannter Umstände davon unterrichtet daß ein Schlag die Nation treffen soll, dessen nächstes Ziel die Magistratur ist.
In Erwägung nun daß die Unternehmungen der Mi- nister gegen die Magistratur augenscheinlich ihren Grund darin haben daß der Hof sich zwei unseligen Auflagen widersetzt, sich für incompetent in Steuersachen erklärt, die Berufung der Generalstaaten beantragt und die per- sönliche Freiheit der Bürger in Schutz genommen hat;
Daß die gedachten Unternehmungen folglich keinen andern Zweck haben können, als mit Umgehung, wenn
unheimliche Stille. Es konnte nicht Unthätigkeit ſeyn, da die Verlegenheiten der Schatzkammer wuchſen. Die Ahn- dung daß große Dinge im Werke wären ging durch ganz Frankreich, wie viel ſpannender durch die Hauptſtadt! Hier wußte man daß in Verſailles eine militäriſch um- ſtellte Druckerpreſſe arbeite; keiner der Arbeiter durfte aus dem Gebäude. Militäriſche Vorſichtsanſtalten waren in allen Provinzen genommen. Was eigentlich beabſichtigt werde blieb innerhalb des engen Kreiſes der Eingeweih- ten, dennoch ſprach ſich allerlei herum und für die Parla- mente ward in den entfernteſten Enden von Frankreich ge- fürchtet. Es kam Alles darauf an, vor dem vielleicht tödt- lichen Schlage noch einmal die Stimme zu erheben.
König Ludwig hatte vierzehn Jahre regiert, als am 3. Mai 1788 d’Espréménil ſeine Collegen aufforderte fol- gende Erklärung zu genehmigen:
„Das Parlament iſt durch offenkundige Thatſachen und den Zuſammenhang ſattſam bekannter Umſtände davon unterrichtet daß ein Schlag die Nation treffen ſoll, deſſen nächſtes Ziel die Magiſtratur iſt.
In Erwägung nun daß die Unternehmungen der Mi- niſter gegen die Magiſtratur augenſcheinlich ihren Grund darin haben daß der Hof ſich zwei unſeligen Auflagen widerſetzt, ſich für incompetent in Steuerſachen erklärt, die Berufung der Generalſtaaten beantragt und die per- ſönliche Freiheit der Bürger in Schutz genommen hat;
Daß die gedachten Unternehmungen folglich keinen andern Zweck haben können, als mit Umgehung, wenn
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unheimliche Stille. Es konnte nicht Unthätigkeit ſeyn, da
die Verlegenheiten der Schatzkammer wuchſen. Die Ahn-
dung daß große Dinge im Werke wären ging durch ganz
Frankreich, wie viel ſpannender durch die Hauptſtadt!
Hier wußte man daß in Verſailles eine militäriſch um-
ſtellte Druckerpreſſe arbeite; keiner der Arbeiter durfte aus
dem Gebäude. Militäriſche Vorſichtsanſtalten waren in
allen Provinzen genommen. Was eigentlich beabſichtigt
werde blieb innerhalb des engen Kreiſes der Eingeweih-
ten, dennoch ſprach ſich allerlei herum und für die Parla-
mente ward in den entfernteſten Enden von Frankreich ge-
fürchtet. Es kam Alles darauf an, vor dem vielleicht tödt-
lichen Schlage noch einmal die Stimme zu erheben.
König Ludwig hatte vierzehn Jahre regiert, als am
3. Mai 1788 d’Espréménil ſeine Collegen aufforderte fol-
gende Erklärung zu genehmigen:
„Das Parlament iſt durch offenkundige Thatſachen
und den Zuſammenhang ſattſam bekannter Umſtände
davon unterrichtet daß ein Schlag die Nation treffen
ſoll, deſſen nächſtes Ziel die Magiſtratur iſt.
In Erwägung nun daß die Unternehmungen der Mi-
niſter gegen die Magiſtratur augenſcheinlich ihren Grund
darin haben daß der Hof ſich zwei unſeligen Auflagen
widerſetzt, ſich für incompetent in Steuerſachen erklärt,
die Berufung der Generalſtaaten beantragt und die per-
ſönliche Freiheit der Bürger in Schutz genommen hat;
Daß die gedachten Unternehmungen folglich keinen
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Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/138>, abgerufen am 05.05.2024.
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