Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Dieses betraf die Reformirten, ihre endliche Wiederein-
setzung in einen geringen Theil ihrer seit so lange verlore-
nen bürgerlichen Rechte, nicht als ob sie wieder Zutritt
zu bürgerlichen Ämtern erhalten sollten, nur daß ihre
Ehen, Geburten und Todesfälle künftig der gesetzlichen
Anerkennung und Bezeugung nicht entbehrten. Das Par-
lament ließ sich nicht aufhalten; es sagte sich in der-
selben Sitzung von jedem Antheile an der Einzeichnung
des Anleiheedicts aus dem Grunde los, weil die Stim-
men nicht gezählt wären.

Tags darauf verwies der König den Herzog von Or-
leans auf eines seiner Landgüter, ließ zwei Parlaments-
räthe, Sabathier und Freteau auf die hierischen Inseln
bringen. Das Parlament ward nach Versailles beschieden
und sein Protest dort aus dem Protocoll ausgemerzt; und
daß man sich ja nicht unterstehe ihn wiederherzustellen!
Doch versichert der König zugleich, sein Wort wegen der
Reichsstände, spätestens auf das Jahr 1791, werde ihm
heilig seyn. Damit niemand bezweifeln könne, auf welcher
Seite die gute Sache sey, ward Brienne mit dem Erzbis-
thum Sens, weit reicher als sein bisheriges, der nicht
minder habsüchtige Lamoignon mit einem großen Geldge-
schenke belohnt. Das Parlament beschränkte sich auf einen
1788.
Jan. 4.
Beschluß gegen die Verhaftsbriefe, ganz im Allgemeinen,
als streitend mit dem Staats- und dem Naturrechte. Allein
auch diese kleine Genugthuung ward ihm aus seinem Pro-
tocoll gestrichen. Aber es kam wieder und machte nun auf

Dieſes betraf die Reformirten, ihre endliche Wiederein-
ſetzung in einen geringen Theil ihrer ſeit ſo lange verlore-
nen bürgerlichen Rechte, nicht als ob ſie wieder Zutritt
zu bürgerlichen Ämtern erhalten ſollten, nur daß ihre
Ehen, Geburten und Todesfälle künftig der geſetzlichen
Anerkennung und Bezeugung nicht entbehrten. Das Par-
lament ließ ſich nicht aufhalten; es ſagte ſich in der-
ſelben Sitzung von jedem Antheile an der Einzeichnung
des Anleiheedicts aus dem Grunde los, weil die Stim-
men nicht gezählt wären.

Tags darauf verwies der König den Herzog von Or-
leans auf eines ſeiner Landgüter, ließ zwei Parlaments-
räthe, Sabathier und Fréteau auf die hieriſchen Inſeln
bringen. Das Parlament ward nach Verſailles beſchieden
und ſein Proteſt dort aus dem Protocoll ausgemerzt; und
daß man ſich ja nicht unterſtehe ihn wiederherzuſtellen!
Doch verſichert der König zugleich, ſein Wort wegen der
Reichsſtände, ſpäteſtens auf das Jahr 1791, werde ihm
heilig ſeyn. Damit niemand bezweifeln könne, auf welcher
Seite die gute Sache ſey, ward Brienne mit dem Erzbis-
thum Sens, weit reicher als ſein bisheriges, der nicht
minder habſüchtige Lamoignon mit einem großen Geldge-
ſchenke belohnt. Das Parlament beſchränkte ſich auf einen
1788.
Jan. 4.
Beſchluß gegen die Verhaftsbriefe, ganz im Allgemeinen,
als ſtreitend mit dem Staats- und dem Naturrechte. Allein
auch dieſe kleine Genugthuung ward ihm aus ſeinem Pro-
tocoll geſtrichen. Aber es kam wieder und machte nun auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="126"/>
Die&#x017F;es betraf die Reformirten, ihre endliche Wiederein-<lb/>
&#x017F;etzung in einen geringen Theil ihrer &#x017F;eit &#x017F;o lange verlore-<lb/>
nen bürgerlichen Rechte, nicht als ob &#x017F;ie wieder Zutritt<lb/>
zu bürgerlichen Ämtern erhalten &#x017F;ollten, nur daß ihre<lb/>
Ehen, Geburten und Todesfälle künftig der ge&#x017F;etzlichen<lb/>
Anerkennung und Bezeugung nicht entbehrten. Das Par-<lb/>
lament ließ &#x017F;ich nicht aufhalten; es &#x017F;agte &#x017F;ich in der-<lb/>
&#x017F;elben Sitzung von jedem Antheile an der Einzeichnung<lb/>
des Anleiheedicts aus dem Grunde los, weil die Stim-<lb/>
men nicht gezählt wären.</p><lb/>
          <p>Tags darauf verwies der König den Herzog von Or-<lb/>
leans auf eines &#x017F;einer Landgüter, ließ zwei Parlaments-<lb/>
räthe, Sabathier und Fréteau auf die hieri&#x017F;chen In&#x017F;eln<lb/>
bringen. Das Parlament ward nach Ver&#x017F;ailles be&#x017F;chieden<lb/>
und &#x017F;ein Prote&#x017F;t dort aus dem Protocoll ausgemerzt; und<lb/>
daß man &#x017F;ich ja nicht unter&#x017F;tehe ihn wiederherzu&#x017F;tellen!<lb/>
Doch ver&#x017F;ichert der König zugleich, &#x017F;ein Wort wegen der<lb/>
Reichs&#x017F;tände, &#x017F;päte&#x017F;tens auf das Jahr 1791, werde ihm<lb/>
heilig &#x017F;eyn. Damit niemand bezweifeln könne, auf welcher<lb/>
Seite die gute Sache &#x017F;ey, ward Brienne mit dem Erzbis-<lb/>
thum Sens, weit reicher als &#x017F;ein bisheriges, der nicht<lb/>
minder hab&#x017F;üchtige Lamoignon mit einem großen Geldge-<lb/>
&#x017F;chenke belohnt. Das Parlament be&#x017F;chränkte &#x017F;ich auf einen<lb/><note place="left">1788.<lb/>
Jan. 4.</note>Be&#x017F;chluß gegen die Verhaftsbriefe, ganz im Allgemeinen,<lb/>
als &#x017F;treitend mit dem Staats- und dem Naturrechte. Allein<lb/>
auch die&#x017F;e kleine Genugthuung ward ihm aus &#x017F;einem Pro-<lb/>
tocoll ge&#x017F;trichen. Aber es kam wieder und machte nun auf<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0136] Dieſes betraf die Reformirten, ihre endliche Wiederein- ſetzung in einen geringen Theil ihrer ſeit ſo lange verlore- nen bürgerlichen Rechte, nicht als ob ſie wieder Zutritt zu bürgerlichen Ämtern erhalten ſollten, nur daß ihre Ehen, Geburten und Todesfälle künftig der geſetzlichen Anerkennung und Bezeugung nicht entbehrten. Das Par- lament ließ ſich nicht aufhalten; es ſagte ſich in der- ſelben Sitzung von jedem Antheile an der Einzeichnung des Anleiheedicts aus dem Grunde los, weil die Stim- men nicht gezählt wären. Tags darauf verwies der König den Herzog von Or- leans auf eines ſeiner Landgüter, ließ zwei Parlaments- räthe, Sabathier und Fréteau auf die hieriſchen Inſeln bringen. Das Parlament ward nach Verſailles beſchieden und ſein Proteſt dort aus dem Protocoll ausgemerzt; und daß man ſich ja nicht unterſtehe ihn wiederherzuſtellen! Doch verſichert der König zugleich, ſein Wort wegen der Reichsſtände, ſpäteſtens auf das Jahr 1791, werde ihm heilig ſeyn. Damit niemand bezweifeln könne, auf welcher Seite die gute Sache ſey, ward Brienne mit dem Erzbis- thum Sens, weit reicher als ſein bisheriges, der nicht minder habſüchtige Lamoignon mit einem großen Geldge- ſchenke belohnt. Das Parlament beſchränkte ſich auf einen Beſchluß gegen die Verhaftsbriefe, ganz im Allgemeinen, als ſtreitend mit dem Staats- und dem Naturrechte. Allein auch dieſe kleine Genugthuung ward ihm aus ſeinem Pro- tocoll geſtrichen. Aber es kam wieder und machte nun auf 1788. Jan. 4.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/136
Zitationshilfe: Dahlmann, Friedrich Christoph: Geschichte der französischen Revolution bis auf die Stiftung der Republik. Leipzig, 1845, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dahlmann_geschichte_1845/136>, abgerufen am 04.05.2024.