Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763.

Bild:
<< vorherige Seite

Seite zählte Don Ferdinand alle
Augenblicke, nach der Pantasilee
zu gehen, er stand auf, so bald er eilf
schlagen hörte: Er war kaum mitten
auf dem Gange, auf welchem die Kam-
mern des Hauses herum waren, da er
ein Gespenst sahe, welches zu ihm kam,
und ihm ein so grosses Schrecken ein-
jagte, daß er auf der Stelle zurück
gehen wollte; Aber eben diese Gestalt
war alsobald vor ihm. Wie er also
genöthiget war, stille zu stehen, so er-
kannte er klärlich, daß diese Person
das Gesicht ein wenig bedeckt hatte.
Er zog seinen Dolch, und drückte sich
an die Mauer, um sich zu vertheidi-
gen, im Fall er von dieser Gestalt
angegriffen würde, welche so nahe zu
ihm kam, daß er bey dem Scheine ei-
ner Lampe, welche den Gang erleuch-
tete, seinen Vater erkannte, der vor
kurzer Zeit gestorben war, und der
drey oder vier Seufzer ausstieß, und
nachher mit einer fürchterlichen Stim-
me zu ihm sagte: Wo gehest du hin?
Gehe in dich, lebe als ein Christ;
Wann du wüßtest, was ich im Fege-

feuer

Seite zaͤhlte Don Ferdinand alle
Augenblicke, nach der Pantaſilee
zu gehen, er ſtand auf, ſo bald er eilf
ſchlagen hoͤrte: Er war kaum mitten
auf dem Gange, auf welchem die Kam-
mern des Hauſes herum waren, da er
ein Geſpenſt ſahe, welches zu ihm kam,
und ihm ein ſo groſſes Schrecken ein-
jagte, daß er auf der Stelle zuruͤck
gehen wollte; Aber eben dieſe Geſtalt
war alſobald vor ihm. Wie er alſo
genoͤthiget war, ſtille zu ſtehen, ſo er-
kannte er klaͤrlich, daß dieſe Perſon
das Geſicht ein wenig bedeckt hatte.
Er zog ſeinen Dolch, und druͤckte ſich
an die Mauer, um ſich zu vertheidi-
gen, im Fall er von dieſer Geſtalt
angegriffen wuͤrde, welche ſo nahe zu
ihm kam, daß er bey dem Scheine ei-
ner Lampe, welche den Gang erleuch-
tete, ſeinen Vater erkannte, der vor
kurzer Zeit geſtorben war, und der
drey oder vier Seufzer ausſtieß, und
nachher mit einer fuͤrchterlichen Stim-
me zu ihm ſagte: Wo geheſt du hin?
Gehe in dich, lebe als ein Chriſt;
Wann du wuͤßteſt, was ich im Fege-

feuer
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0098" n="96"/>
Seite za&#x0364;hlte <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Don Ferdinand</hi></hi> alle<lb/>
Augenblicke, nach der <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Panta&#x017F;ilee</hi></hi><lb/>
zu gehen, er &#x017F;tand auf, &#x017F;o bald er eilf<lb/>
&#x017F;chlagen ho&#x0364;rte: Er war kaum mitten<lb/>
auf dem Gange, auf welchem die Kam-<lb/>
mern des Hau&#x017F;es herum waren, da er<lb/>
ein Ge&#x017F;pen&#x017F;t &#x017F;ahe, welches zu ihm kam,<lb/>
und ihm ein &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;es Schrecken ein-<lb/>
jagte, daß er auf der Stelle zuru&#x0364;ck<lb/>
gehen wollte; Aber eben die&#x017F;e Ge&#x017F;talt<lb/>
war al&#x017F;obald vor ihm. Wie er al&#x017F;o<lb/>
geno&#x0364;thiget war, &#x017F;tille zu &#x017F;tehen, &#x017F;o er-<lb/>
kannte er kla&#x0364;rlich, daß die&#x017F;e Per&#x017F;on<lb/>
das Ge&#x017F;icht ein wenig bedeckt hatte.<lb/>
Er zog &#x017F;einen Dolch, und dru&#x0364;ckte &#x017F;ich<lb/>
an die Mauer, um &#x017F;ich zu vertheidi-<lb/>
gen, im Fall er von die&#x017F;er Ge&#x017F;talt<lb/>
angegriffen wu&#x0364;rde, welche &#x017F;o nahe zu<lb/>
ihm kam, daß er bey dem Scheine ei-<lb/>
ner Lampe, welche den Gang erleuch-<lb/>
tete, &#x017F;einen Vater erkannte, der vor<lb/>
kurzer Zeit ge&#x017F;torben war, und der<lb/>
drey oder vier Seufzer aus&#x017F;tieß, und<lb/>
nachher mit einer fu&#x0364;rchterlichen Stim-<lb/>
me zu ihm &#x017F;agte: Wo gehe&#x017F;t du hin?<lb/>
Gehe in dich, lebe als ein Chri&#x017F;t;<lb/>
Wann du wu&#x0364;ßte&#x017F;t, was ich im Fege-<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">feuer</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0098] Seite zaͤhlte Don Ferdinand alle Augenblicke, nach der Pantaſilee zu gehen, er ſtand auf, ſo bald er eilf ſchlagen hoͤrte: Er war kaum mitten auf dem Gange, auf welchem die Kam- mern des Hauſes herum waren, da er ein Geſpenſt ſahe, welches zu ihm kam, und ihm ein ſo groſſes Schrecken ein- jagte, daß er auf der Stelle zuruͤck gehen wollte; Aber eben dieſe Geſtalt war alſobald vor ihm. Wie er alſo genoͤthiget war, ſtille zu ſtehen, ſo er- kannte er klaͤrlich, daß dieſe Perſon das Geſicht ein wenig bedeckt hatte. Er zog ſeinen Dolch, und druͤckte ſich an die Mauer, um ſich zu vertheidi- gen, im Fall er von dieſer Geſtalt angegriffen wuͤrde, welche ſo nahe zu ihm kam, daß er bey dem Scheine ei- ner Lampe, welche den Gang erleuch- tete, ſeinen Vater erkannte, der vor kurzer Zeit geſtorben war, und der drey oder vier Seufzer ausſtieß, und nachher mit einer fuͤrchterlichen Stim- me zu ihm ſagte: Wo geheſt du hin? Gehe in dich, lebe als ein Chriſt; Wann du wuͤßteſt, was ich im Fege- feuer

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bayerische StaatsBibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-27T12:08:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/98
Zitationshilfe: Frau von D.: Die in der Liebe herumschweifende oder bestrafte Untreue. 1763, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/d_untreue_1763/98>, abgerufen am 22.11.2024.