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Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.

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Vielleicht war die früheste Anwendung des erweiterten Suffixes
auf den Plural beschränkt. Es würde sich das auch begriff-
lich gut fügen, denn in der That ist die Anwendung des Suf-
fixes man (-mato, -mat) im Singular und Plural nicht ganz
dieselbe. eima bedeutet Kleidung, eimata Kleidungsstücke,
ktema den Besitz, ktemata die einzelnen Besitzthümer oder
Gegenstände des Besitzes, und ähnliches lässt sich ander-
weitig wahrnehmen. Man kann dies auch so fassen, dass die
Wörter auf -man von Haus aus im Singular infinitivartig (vgl.
-menai) die Handlung bezeichneten, während die wahrschein-
lich nachgeborenen Plurale eine weniger abstracte Bedeutung
annahmen. Auch der durch Erweiterung eines R-Suffixes
mittelst desselben t entstandene Plural oneiata entfernt sich
dem Sinne nach nicht unbeträchtlich vom Singular oneiar.
Dies hat den abstracten Sinn Hülfe, Schutz, z. B. II. X 485,
der Plural oneiata bezeichnet Hülfsmittel, vorzugsweise Nah-
rungsmittel.

Ist unsere Annahme die richtige, so müssen wir ver-
muthen, dass das t vom Plural aus erst allmählich auf den
Singular übertragen wurde, und dass die beiden Singularformen
onomata und onomati erst auf diese Weise entstanden. Das
vocalische Suffix -mato ward auf solchem Wege zum conso-
nantischen -mat *) Eine ähnliche Entstehung von consonan-

*) Merkwürdig sind die, so zu sagen, rückläufigen Bewegungen, welche
diese Stämme im Neugriechischen erfuhren. Hadzidakis nach Gust. Meyer's
Mittheilungen in der philologischen Wochenschrift vom 18. August 1883
führt Singularformen wie kret. to gonato an.
Da mir aus meinen Prager Studien des Cechischen vorschwebte, dass
es dort Wörter gäbe, die einer vocalisch, ursprünglich aber nasal schlies-
senden Singularform, z. B. knize (Fürst), Plurale -ata, z. B. knizata,
gegenüberstellen, holte ich mir Rath über diese Bildungen bei meinem
Collegen Leskien und erfuhr darüber folgendes. "Diese Wörter sind mit
dem Suffix -et gebildet, das Miklosich Vergl. Gr. II, 190 erörtert. Das t
ist also zwar als Theil des Suffixes aufzufassen, aber es ist dennoch wohl
möglich, dass dieser Theil erst mit der Zeit an N-Stämme anwuchs. Da-

Vielleicht war die früheste Anwendung des erweiterten Suffixes
auf den Plural beschränkt. Es würde sich das auch begriff-
lich gut fügen, denn in der That ist die Anwendung des Suf-
fixes man (-mato, -mat) im Singular und Plural nicht ganz
dieselbe. εἵμα bedeutet Kleidung, εἵματα Kleidungsstücke,
κτῆμα den Besitz, κτήματα die einzelnen Besitzthümer oder
Gegenstände des Besitzes, und ähnliches lässt sich ander-
weitig wahrnehmen. Man kann dies auch so fassen, dass die
Wörter auf -man von Haus aus im Singular infinitivartig (vgl.
-μεναι) die Handlung bezeichneten, während die wahrschein-
lich nachgeborenen Plurale eine weniger abstracte Bedeutung
annahmen. Auch der durch Erweiterung eines R-Suffixes
mittelst desselben τ entstandene Plural ὀνείατα entfernt sich
dem Sinne nach nicht unbeträchtlich vom Singular ὄνειαρ.
Dies hat den abstracten Sinn Hülfe, Schutz, z. B. II. X 485,
der Plural ὀνείατα bezeichnet Hülfsmittel, vorzugsweise Nah-
rungsmittel.

Ist unsere Annahme die richtige, so müssen wir ver-
muthen, dass das τ vom Plural aus erst allmählich auf den
Singular übertragen wurde, und dass die beiden Singularformen
ὀνόματα und ὀνόματι erst auf diese Weise entstanden. Das
vocalische Suffix -ματο ward auf solchem Wege zum conso-
nantischen -ματ *) Eine ähnliche Entstehung von consonan-

*) Merkwürdig sind die, so zu sagen, rückläufigen Bewegungen, welche
diese Stämme im Neugriechischen erfuhren. Hadzidakis nach Gust. Meyer's
Mittheilungen in der philologischen Wochenschrift vom 18. August 1883
führt Singularformen wie kret. τὸ γόνατο an.
Da mir aus meinen Prager Studien des Cechischen vorschwebte, dass
es dort Wörter gäbe, die einer vocalisch, ursprünglich aber nasal schlies-
senden Singularform, z. B. kníz̍e (Fürst), Plurale -ata, z. B. kníz̍ata,
gegenüberstellen, holte ich mir Rath über diese Bildungen bei meinem
Collegen Leskien und erfuhr darüber folgendes. „Diese Wörter sind mit
dem Suffix -e̜t gebildet, das Miklosich Vergl. Gr. II, 190 erörtert. Das t
ist also zwar als Theil des Suffixes aufzufassen, aber es ist dennoch wohl
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[82/0090] Vielleicht war die früheste Anwendung des erweiterten Suffixes auf den Plural beschränkt. Es würde sich das auch begriff- lich gut fügen, denn in der That ist die Anwendung des Suf- fixes man (-mato, -mat) im Singular und Plural nicht ganz dieselbe. εἵμα bedeutet Kleidung, εἵματα Kleidungsstücke, κτῆμα den Besitz, κτήματα die einzelnen Besitzthümer oder Gegenstände des Besitzes, und ähnliches lässt sich ander- weitig wahrnehmen. Man kann dies auch so fassen, dass die Wörter auf -man von Haus aus im Singular infinitivartig (vgl. -μεναι) die Handlung bezeichneten, während die wahrschein- lich nachgeborenen Plurale eine weniger abstracte Bedeutung annahmen. Auch der durch Erweiterung eines R-Suffixes mittelst desselben τ entstandene Plural ὀνείατα entfernt sich dem Sinne nach nicht unbeträchtlich vom Singular ὄνειαρ. Dies hat den abstracten Sinn Hülfe, Schutz, z. B. II. X 485, der Plural ὀνείατα bezeichnet Hülfsmittel, vorzugsweise Nah- rungsmittel. Ist unsere Annahme die richtige, so müssen wir ver- muthen, dass das τ vom Plural aus erst allmählich auf den Singular übertragen wurde, und dass die beiden Singularformen ὀνόματα und ὀνόματι erst auf diese Weise entstanden. Das vocalische Suffix -ματο ward auf solchem Wege zum conso- nantischen -ματ *) Eine ähnliche Entstehung von consonan- *) Merkwürdig sind die, so zu sagen, rückläufigen Bewegungen, welche diese Stämme im Neugriechischen erfuhren. Hadzidakis nach Gust. Meyer's Mittheilungen in der philologischen Wochenschrift vom 18. August 1883 führt Singularformen wie kret. τὸ γόνατο an. Da mir aus meinen Prager Studien des Cechischen vorschwebte, dass es dort Wörter gäbe, die einer vocalisch, ursprünglich aber nasal schlies- senden Singularform, z. B. kníz̍e (Fürst), Plurale -ata, z. B. kníz̍ata, gegenüberstellen, holte ich mir Rath über diese Bildungen bei meinem Collegen Leskien und erfuhr darüber folgendes. „Diese Wörter sind mit dem Suffix -e̜t gebildet, das Miklosich Vergl. Gr. II, 190 erörtert. Das t ist also zwar als Theil des Suffixes aufzufassen, aber es ist dennoch wohl möglich, dass dieser Theil erst mit der Zeit an N-Stämme anwuchs. Da-

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Zitationshilfe: Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_sprachforschung_1885/90>, abgerufen am 22.11.2024.