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Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.

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tischen Suffixen aus solchen, die ursprünglich aus Consonant
und Vocal bestanden, ist aber auch anderswo wahrscheinlich,
so namentlich bei dem Suffix k, z. B. phulax neben phulakous
(Aristarch O 566) und dem homerischen E. N. Phulakos. Was
Brugmann a. a. O. über die Entstehung dieser und ähnlicher
Stämme vermuthet, scheint mir viel Wahrscheinlichkeit zu
enthalten. Am allergenauesten stimmen zu unsern Bildungen
auf -men und -mentum (gr. -ma und -mato) die weniger häu-
figen auf -en und -entum (gr. -at und -ato), z. B. lat. unguen
und unguentum, gr. al- und alat-, letzteres erschliessbar aus
dem Sprichwort alasin uein (Grundz.5 549), gonu und gounat-,
(für gonw-at), doru und dourat- (dorw-at). Das ableitende
Suffix gibt sich am deutlichsten im homerischen oneirata
(e 87) zu erkennen. Auch hier bleibt die Erweiterung nicht
ohne alle Wirkung auf die Bedeutung: oneiros heisst Traum,
oneirata Traumbilder, Traumgesichte. Zu den Wörtern ver-
wandter Bildung gehört auch ous. Die homerische Form FM: griechischouata
verhält sich zum got. St. ausan ähnlich wie unguentum zu un-
guen
, und bezeichnender Weise überliefert uns der Atticist
Phrynichus CLXXXVI S. 291 bei Rutherford die an khrema-
tois
erinnernde Form otois, freilich als eine schlecht attische
und darum zu vermeidende. Aber offenbar bestand sie in der
koine. Es scheint mir nach diesen Spuren nicht unwahrschein-
lich, dass jener oft erwähnte Metaplasmus im Dat. Pl., der

für spricht, dass im Russischen der Singular bisweilen durch ein andres
Suffix k charakterisirt wird, so ksl. tele Kalb, russ. Sing. telen-ok (gleich-
sam ksl. telen-uku), Pl. telja-ta = ksl. telet-a. Dieselbe Erweiterung wird
anderswo durch das geläufige Deminutivsuffix -ici bewirkt, z. B. mladu jung,
mlade Gen., mladet-e infans, mladen-ici infantulus. Auch im Preussischen
tritt t erweiternd an N-Stämme, z. B. smunen-t-ins Acc. Pl. (Menschen),
während das abgeleitete Adjectiv im Preussischen smunen-isku lautet." Dass
das stammerweiternde t mit diesem slawisch-baltischen zusammenhängt,
ist wohl sehr wahrscheinlich, während jener K-Laut mit dem lat. sen-ec-s
neben der kürzeren Bildung sen-is, sen-em zu vergleichen ist. Die Flexion
ist in allen diesen Fällen mit wortbildenden Elementen durchsetzt.
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tischen Suffixen aus solchen, die ursprünglich aus Consonant
und Vocal bestanden, ist aber auch anderswo wahrscheinlich,
so namentlich bei dem Suffix κ, z. B. φύλαξ neben φυλακούς
(Aristarch Ω 566) und dem homerischen E. N. Φύλακος. Was
Brugmann a. a. O. über die Entstehung dieser und ähnlicher
Stämme vermuthet, scheint mir viel Wahrscheinlichkeit zu
enthalten. Am allergenauesten stimmen zu unsern Bildungen
auf -men und -mentum (gr. -μα und -ματο) die weniger häu-
figen auf -en und -entum (gr. -ατ und -ατο), z. B. lat. unguen
und unguentum, gr. ἁλ- und ἁλατ-, letzteres erschliessbar aus
dem Sprichwort ἅλασιν ὕειν (Grundz.⁵ 549), γόνυ und γουνατ-,
(für γονϝ-ατ), δόρυ und δουρατ- (δορϝ-ατ). Das ableitende
Suffix gibt sich am deutlichsten im homerischen ὀνείρατα
(ε 87) zu erkennen. Auch hier bleibt die Erweiterung nicht
ohne alle Wirkung auf die Bedeutung: ὄνειρος heisst Traum,
ὀνείρατα Traumbilder, Traumgesichte. Zu den Wörtern ver-
wandter Bildung gehört auch οὖς. Die homerische Form FM: griechischοὔατα
verhält sich zum got. St. ausan ähnlich wie unguentum zu un-
guen
, und bezeichnender Weise überliefert uns der Atticist
Phrynichus CLXXXVI S. 291 bei Rutherford die an χρημά-
τοiς
erinnernde Form ὤτοις, freilich als eine schlecht attische
und darum zu vermeidende. Aber offenbar bestand sie in der
κοινή. Es scheint mir nach diesen Spuren nicht unwahrschein-
lich, dass jener oft erwähnte Metaplasmus im Dat. Pl., der

für spricht, dass im Russischen der Singular bisweilen durch ein andres
Suffix k charakterisirt wird, so ksl. tele̜ Kalb, russ. Sing. telen-ok (gleich-
sam ksl. telen-ŭkŭ), Pl. telja-ta = ksl. tele̜t-a. Dieselbe Erweiterung wird
anderswo durch das geläufige Deminutivsuffix -ĭcĭ bewirkt, z. B. mladŭ jung,
mlade̜ Gen., mlade̜t-e infans, mladen-ĭcĭ infantulus. Auch im Preussischen
tritt t erweiternd an N-Stämme, z. B. smunen-t-ins Acc. Pl. (Menschen),
während das abgeleitete Adjectiv im Preussischen smunen-isku lautet.“ Dass
das stammerweiternde t mit diesem slawisch-baltischen zusammenhängt,
ist wohl sehr wahrscheinlich, während jener K-Laut mit dem lat. sen-ec-s
neben der kürzeren Bildung sen-is, sen-em zu vergleichen ist. Die Flexion
ist in allen diesen Fällen mit wortbildenden Elementen durchsetzt.
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[83/0091] tischen Suffixen aus solchen, die ursprünglich aus Consonant und Vocal bestanden, ist aber auch anderswo wahrscheinlich, so namentlich bei dem Suffix κ, z. B. φύλαξ neben φυλακούς (Aristarch Ω 566) und dem homerischen E. N. Φύλακος. Was Brugmann a. a. O. über die Entstehung dieser und ähnlicher Stämme vermuthet, scheint mir viel Wahrscheinlichkeit zu enthalten. Am allergenauesten stimmen zu unsern Bildungen auf -men und -mentum (gr. -μα und -ματο) die weniger häu- figen auf -en und -entum (gr. -ατ und -ατο), z. B. lat. unguen und unguentum, gr. ἁλ- und ἁλατ-, letzteres erschliessbar aus dem Sprichwort ἅλασιν ὕειν (Grundz.⁵ 549), γόνυ und γουνατ-, (für γονϝ-ατ), δόρυ und δουρατ- (δορϝ-ατ). Das ableitende Suffix gibt sich am deutlichsten im homerischen ὀνείρατα (ε 87) zu erkennen. Auch hier bleibt die Erweiterung nicht ohne alle Wirkung auf die Bedeutung: ὄνειρος heisst Traum, ὀνείρατα Traumbilder, Traumgesichte. Zu den Wörtern ver- wandter Bildung gehört auch οὖς. Die homerische Form οὔατα verhält sich zum got. St. ausan ähnlich wie unguentum zu un- guen, und bezeichnender Weise überliefert uns der Atticist Phrynichus CLXXXVI S. 291 bei Rutherford die an χρημά- τοiς erinnernde Form ὤτοις, freilich als eine schlecht attische und darum zu vermeidende. Aber offenbar bestand sie in der κοινή. Es scheint mir nach diesen Spuren nicht unwahrschein- lich, dass jener oft erwähnte Metaplasmus im Dat. Pl., der *) *) für spricht, dass im Russischen der Singular bisweilen durch ein andres Suffix k charakterisirt wird, so ksl. tele̜ Kalb, russ. Sing. telen-ok (gleich- sam ksl. telen-ŭkŭ), Pl. telja-ta = ksl. tele̜t-a. Dieselbe Erweiterung wird anderswo durch das geläufige Deminutivsuffix -ĭcĭ bewirkt, z. B. mladŭ jung, mlade̜ Gen., mlade̜t-e infans, mladen-ĭcĭ infantulus. Auch im Preussischen tritt t erweiternd an N-Stämme, z. B. smunen-t-ins Acc. Pl. (Menschen), während das abgeleitete Adjectiv im Preussischen smunen-isku lautet.“ Dass das stammerweiternde t mit diesem slawisch-baltischen zusammenhängt, ist wohl sehr wahrscheinlich, während jener K-Laut mit dem lat. sen-ec-s neben der kürzeren Bildung sen-is, sen-em zu vergleichen ist. Die Flexion ist in allen diesen Fällen mit wortbildenden Elementen durchsetzt. 6*

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Zitationshilfe: Curtius, Georg: Zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_sprachforschung_1885/91>, abgerufen am 22.11.2024.