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Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Rom und die Deutschen.
biete, als Georg Zoega, gleich Carstens an der Nordgränze
Deutschlands heimisch, aber von italiänischer Abstammung und
in der That eine Heimath in Rom suchend, ein Archäolog in
großem Sinne, Kunst und Geschichte, Morgen- und Abendland
umfassend, noch heute ein unentbehrlicher Führer im alten Rom.

Seit Winckelmann und Zoega ist die Thätigkeit der Deut¬
schen in Rom nie wieder abgerissen, sondern stetig angewachsen;
vor Allem in diesem Jahrhundert, dessen ganz besonderer
Beruf es von seinem Beginne an gewesen ist, unsere Heimath
eng und enger mit dem klassischen Boden zu verbinden. Die¬
sen Trieb, der sich gerade bei Söhnen des fernsten Nordens
am kräftigsten geltend zu machen pflegt, finde ich bei Keinem
der Aelteren in so liebenswürdiger Weise ausgebildet wie bei
Otto von Stackelberg, dem esthländischen Edelmanne, der,
wie Zoega, in Göttingen gebildet wurde und in seltner Weise
begabt war, das Kunstschöne an der Antike zu empfinden und
Andere empfinden zu lassen. Aber wie viel andere Spuren
deutscher Forscher sind dem klassischen Boden eingedrückt, dem
sie eine für alle Zeit fruchtbringende Thätigkeit gewidmet
haben! Ich erinnere nur an die bahnbrechenden Forschungen
des Freiherrn von Rumohr und an unsern Otfried Müller,
für welchen Rom der Ort war, an dem und für den er zu¬
letzt mit voller Kraft und im Zusammenhange gearbeitet hat,
wo er seine alten Studien über die Stämme der Halbinsel
und die überseeischen Culturverbindungen Mittelitaliens mit
frischem Eifer wieder aufnahm.

Aber nicht bloß einzelnen Gelehrten blieb es überlassen
die durch Winckelmann eröffnete Verbindung zwischen Rom
und Deutschland fortzusetzen; auch von Staatswegen und na¬
mentlich von unserm Staate geschah Alles, um diese Verbin¬
dung zu pflegen und dem Werthe, den man auf sie legte, wür¬
digen Ausdruck zu geben.

Im Herbst 1802 stieg Wilhelm von Humboldt in der
Villa Malta ab, ein Staatsmann und Denker, der aber auch
Dichter genug war, um nach Goethe's Weise in Rom zu
schwelgen, und zugleich die Größe der römischen Eindrücke

Rom und die Deutſchen.
biete, als Georg Zoega, gleich Carſtens an der Nordgränze
Deutſchlands heimiſch, aber von italiäniſcher Abſtammung und
in der That eine Heimath in Rom ſuchend, ein Archäolog in
großem Sinne, Kunſt und Geſchichte, Morgen- und Abendland
umfaſſend, noch heute ein unentbehrlicher Führer im alten Rom.

Seit Winckelmann und Zoega iſt die Thätigkeit der Deut¬
ſchen in Rom nie wieder abgeriſſen, ſondern ſtetig angewachſen;
vor Allem in dieſem Jahrhundert, deſſen ganz beſonderer
Beruf es von ſeinem Beginne an geweſen iſt, unſere Heimath
eng und enger mit dem klaſſiſchen Boden zu verbinden. Die¬
ſen Trieb, der ſich gerade bei Söhnen des fernſten Nordens
am kräftigſten geltend zu machen pflegt, finde ich bei Keinem
der Aelteren in ſo liebenswürdiger Weiſe ausgebildet wie bei
Otto von Stackelberg, dem eſthländiſchen Edelmanne, der,
wie Zoega, in Göttingen gebildet wurde und in ſeltner Weiſe
begabt war, das Kunſtſchöne an der Antike zu empfinden und
Andere empfinden zu laſſen. Aber wie viel andere Spuren
deutſcher Forſcher ſind dem klaſſiſchen Boden eingedrückt, dem
ſie eine für alle Zeit fruchtbringende Thätigkeit gewidmet
haben! Ich erinnere nur an die bahnbrechenden Forſchungen
des Freiherrn von Rumohr und an unſern Otfried Müller,
für welchen Rom der Ort war, an dem und für den er zu¬
letzt mit voller Kraft und im Zuſammenhange gearbeitet hat,
wo er ſeine alten Studien über die Stämme der Halbinſel
und die überſeeiſchen Culturverbindungen Mittelitaliens mit
friſchem Eifer wieder aufnahm.

Aber nicht bloß einzelnen Gelehrten blieb es überlaſſen
die durch Winckelmann eröffnete Verbindung zwiſchen Rom
und Deutſchland fortzuſetzen; auch von Staatswegen und na¬
mentlich von unſerm Staate geſchah Alles, um dieſe Verbin¬
dung zu pflegen und dem Werthe, den man auf ſie legte, wür¬
digen Ausdruck zu geben.

Im Herbſt 1802 ſtieg Wilhelm von Humboldt in der
Villa Malta ab, ein Staatsmann und Denker, der aber auch
Dichter genug war, um nach Goethe's Weiſe in Rom zu
ſchwelgen, und zugleich die Größe der römiſchen Eindrücke

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[53/0069] Rom und die Deutſchen. biete, als Georg Zoega, gleich Carſtens an der Nordgränze Deutſchlands heimiſch, aber von italiäniſcher Abſtammung und in der That eine Heimath in Rom ſuchend, ein Archäolog in großem Sinne, Kunſt und Geſchichte, Morgen- und Abendland umfaſſend, noch heute ein unentbehrlicher Führer im alten Rom. Seit Winckelmann und Zoega iſt die Thätigkeit der Deut¬ ſchen in Rom nie wieder abgeriſſen, ſondern ſtetig angewachſen; vor Allem in dieſem Jahrhundert, deſſen ganz beſonderer Beruf es von ſeinem Beginne an geweſen iſt, unſere Heimath eng und enger mit dem klaſſiſchen Boden zu verbinden. Die¬ ſen Trieb, der ſich gerade bei Söhnen des fernſten Nordens am kräftigſten geltend zu machen pflegt, finde ich bei Keinem der Aelteren in ſo liebenswürdiger Weiſe ausgebildet wie bei Otto von Stackelberg, dem eſthländiſchen Edelmanne, der, wie Zoega, in Göttingen gebildet wurde und in ſeltner Weiſe begabt war, das Kunſtſchöne an der Antike zu empfinden und Andere empfinden zu laſſen. Aber wie viel andere Spuren deutſcher Forſcher ſind dem klaſſiſchen Boden eingedrückt, dem ſie eine für alle Zeit fruchtbringende Thätigkeit gewidmet haben! Ich erinnere nur an die bahnbrechenden Forſchungen des Freiherrn von Rumohr und an unſern Otfried Müller, für welchen Rom der Ort war, an dem und für den er zu¬ letzt mit voller Kraft und im Zuſammenhange gearbeitet hat, wo er ſeine alten Studien über die Stämme der Halbinſel und die überſeeiſchen Culturverbindungen Mittelitaliens mit friſchem Eifer wieder aufnahm. Aber nicht bloß einzelnen Gelehrten blieb es überlaſſen die durch Winckelmann eröffnete Verbindung zwiſchen Rom und Deutſchland fortzuſetzen; auch von Staatswegen und na¬ mentlich von unſerm Staate geſchah Alles, um dieſe Verbin¬ dung zu pflegen und dem Werthe, den man auf ſie legte, wür¬ digen Ausdruck zu geben. Im Herbſt 1802 ſtieg Wilhelm von Humboldt in der Villa Malta ab, ein Staatsmann und Denker, der aber auch Dichter genug war, um nach Goethe's Weiſe in Rom zu ſchwelgen, und zugleich die Größe der römiſchen Eindrücke

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Zitationshilfe: Curtius, Ernst: Alterthum und Gegenwart. Gesammelte Reden und Vorträge. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/curtius_alterthum01_1875/69>, abgerufen am 23.11.2024.