Aber auch abgesehen vom Sonntage, - läßt sich der Mann überhaupt zu oft und zu lange und in unzeitiger Weise in den Wirthshäusern finden, so kann der gute christliche Geist dabei unmöglich Bestand haben. Das ist insbesondere ein sehr ge- fährlicher und schlüpfriger Weg, um nach und nach in das unselige Laster des Trunkes zu gerathen; durch das so oft, ja regelmäßig wiederkehrende Wirthshaus- sitzen und Trinken entsteht mehr und mehr ein Be- dürfniß, die Neigung zum Trinken, die Trunksucht. Und schon das Bedürfniß selbst, der Umstand, daß Manche gradzu Sclaven des Wirthshauses sind und zu den bestimmten Zeiten nicht daraus fortbleiben können, ist etwas des Christen Unwürdiges, wobei das rechte christliche Leben nicht gedeihet. Ueberdies sind nur zu leicht alle Eindrücke, welche in solchen Kreisen zu walten pflegen, wenig dazu angethan, dem guten christlichen Sinne Vorschub zu leisten; im Gegentheil, Alles, was da geschieht, Alles, was da gehört, gesehen, vernommen wird, Gespräche, Lieder, Zeitungen u. s. w., übt nur zu oft einen gradzu lähmenden, nachtheiligen Einfluß und ist geeignet, durch die oftmalige Wiederholung das Herz dem Höhern immer mehr zu entfremden. - Und wenn
Aber auch abgesehen vom Sonntage, – läßt sich der Mann überhaupt zu oft und zu lange und in unzeitiger Weise in den Wirthshäusern finden, so kann der gute christliche Geist dabei unmöglich Bestand haben. Das ist insbesondere ein sehr ge- fährlicher und schlüpfriger Weg, um nach und nach in das unselige Laster des Trunkes zu gerathen; durch das so oft, ja regelmäßig wiederkehrende Wirthshaus- sitzen und Trinken entsteht mehr und mehr ein Be- dürfniß, die Neigung zum Trinken, die Trunksucht. Und schon das Bedürfniß selbst, der Umstand, daß Manche gradzu Sclaven des Wirthshauses sind und zu den bestimmten Zeiten nicht daraus fortbleiben können, ist etwas des Christen Unwürdiges, wobei das rechte christliche Leben nicht gedeihet. Ueberdies sind nur zu leicht alle Eindrücke, welche in solchen Kreisen zu walten pflegen, wenig dazu angethan, dem guten christlichen Sinne Vorschub zu leisten; im Gegentheil, Alles, was da geschieht, Alles, was da gehört, gesehen, vernommen wird, Gespräche, Lieder, Zeitungen u. s. w., übt nur zu oft einen gradzu lähmenden, nachtheiligen Einfluß und ist geeignet, durch die oftmalige Wiederholung das Herz dem Höhern immer mehr zu entfremden. – Und wenn
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[67/0070]
Aber auch abgesehen vom Sonntage, – läßt
sich der Mann überhaupt zu oft und zu lange und
in unzeitiger Weise in den Wirthshäusern finden,
so kann der gute christliche Geist dabei unmöglich
Bestand haben. Das ist insbesondere ein sehr ge-
fährlicher und schlüpfriger Weg, um nach und nach
in das unselige Laster des Trunkes zu gerathen; durch
das so oft, ja regelmäßig wiederkehrende Wirthshaus-
sitzen und Trinken entsteht mehr und mehr ein Be-
dürfniß, die Neigung zum Trinken, die Trunksucht.
Und schon das Bedürfniß selbst, der Umstand, daß
Manche gradzu Sclaven des Wirthshauses sind und
zu den bestimmten Zeiten nicht daraus fortbleiben
können, ist etwas des Christen Unwürdiges, wobei
das rechte christliche Leben nicht gedeihet. Ueberdies
sind nur zu leicht alle Eindrücke, welche in solchen
Kreisen zu walten pflegen, wenig dazu angethan, dem
guten christlichen Sinne Vorschub zu leisten; im
Gegentheil, Alles, was da geschieht, Alles, was da
gehört, gesehen, vernommen wird, Gespräche, Lieder,
Zeitungen u. s. w., übt nur zu oft einen gradzu
lähmenden, nachtheiligen Einfluß und ist geeignet,
durch die oftmalige Wiederholung das Herz dem
Höhern immer mehr zu entfremden. – Und wenn
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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/70>, abgerufen am 22.11.2024.
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