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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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Selbstbestimmung zu handeln, in seinem Handeln
und Leben sich sofort und fortan als Christ, als
Kind Gottes erweise, daß es also christlich, d. i. so
wie es den Lehren unserer h. Religion entspricht,
denken und urtheilen und sinnen, wünschen und
fürchten, reden und handeln lerne, daß es vom
ersten Beginne an sofort an Gott glaube, auf Ihn
hoffe. Ihn liebe; daß es von Anfang an seine
Mitmenschen liebe und Güte und Sanftmuth und
Mitleid und Erbarmen gegen sie erweise; daß es
von Anfang an bescheiden und demüthig sei und
die christliche Geduld übe, und sich beherrschen und
überwinden lerne, und sich an Arbeit und Fleiß
gewöhne; daß es vom ersten Beginn wahrhaft
sei und treu und aufrichtig, daß es das Eigen-
thum Anderer achte und redlich und ehrlich sei,
und was sonst noch zum christlichen Leben gehört.

Oder soll die Mutter, so lange das Kind noch
klein ist, um alles dieses sich nicht kümmern? Soll
sie ihre Kinder zunächst eine Zeit lang, vielleicht bis
in recht hohe Jahre hinein so hinleben lassen, wie
sie eben leben wollen, ohne es sich am Herzen lie-
gen zu lassen, daß sie sofort und immerdar als
Christen leben? Etwas Ungereimteres und zu-
gleich Verkehrteres als das, kann es nicht geben.
Also man wollte zunächst eine Zeit lang das Nie-
dere im Kinde, seine Natur, welche verkehrt und
voll böser Neigungen ist, heranwachsen und groß
werden und das Höhere in ihm, die Kindschaft
Gottes, die christlichen Tugendkeime ohne Pflege
liegen lassen? Der natürliche, vielfach böse Mensch
der Heide, sollte heranwachsen und der übernatür-

Selbstbestimmung zu handeln, in seinem Handeln
und Leben sich sofort und fortan als Christ, als
Kind Gottes erweise, daß es also christlich, d. i. so
wie es den Lehren unserer h. Religion entspricht,
denken und urtheilen und sinnen, wünschen und
fürchten, reden und handeln lerne, daß es vom
ersten Beginne an sofort an Gott glaube, auf Ihn
hoffe. Ihn liebe; daß es von Anfang an seine
Mitmenschen liebe und Güte und Sanftmuth und
Mitleid und Erbarmen gegen sie erweise; daß es
von Anfang an bescheiden und demüthig sei und
die christliche Geduld übe, und sich beherrschen und
überwinden lerne, und sich an Arbeit und Fleiß
gewöhne; daß es vom ersten Beginn wahrhaft
sei und treu und aufrichtig, daß es das Eigen-
thum Anderer achte und redlich und ehrlich sei,
und was sonst noch zum christlichen Leben gehört.

Oder soll die Mutter, so lange das Kind noch
klein ist, um alles dieses sich nicht kümmern? Soll
sie ihre Kinder zunächst eine Zeit lang, vielleicht bis
in recht hohe Jahre hinein so hinleben lassen, wie
sie eben leben wollen, ohne es sich am Herzen lie-
gen zu lassen, daß sie sofort und immerdar als
Christen leben? Etwas Ungereimteres und zu-
gleich Verkehrteres als das, kann es nicht geben.
Also man wollte zunächst eine Zeit lang das Nie-
dere im Kinde, seine Natur, welche verkehrt und
voll böser Neigungen ist, heranwachsen und groß
werden und das Höhere in ihm, die Kindschaft
Gottes, die christlichen Tugendkeime ohne Pflege
liegen lassen? Der natürliche, vielfach böse Mensch
der Heide, sollte heranwachsen und der übernatür-

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[98/0309] Selbstbestimmung zu handeln, in seinem Handeln und Leben sich sofort und fortan als Christ, als Kind Gottes erweise, daß es also christlich, d. i. so wie es den Lehren unserer h. Religion entspricht, denken und urtheilen und sinnen, wünschen und fürchten, reden und handeln lerne, daß es vom ersten Beginne an sofort an Gott glaube, auf Ihn hoffe. Ihn liebe; daß es von Anfang an seine Mitmenschen liebe und Güte und Sanftmuth und Mitleid und Erbarmen gegen sie erweise; daß es von Anfang an bescheiden und demüthig sei und die christliche Geduld übe, und sich beherrschen und überwinden lerne, und sich an Arbeit und Fleiß gewöhne; daß es vom ersten Beginn wahrhaft sei und treu und aufrichtig, daß es das Eigen- thum Anderer achte und redlich und ehrlich sei, und was sonst noch zum christlichen Leben gehört. Oder soll die Mutter, so lange das Kind noch klein ist, um alles dieses sich nicht kümmern? Soll sie ihre Kinder zunächst eine Zeit lang, vielleicht bis in recht hohe Jahre hinein so hinleben lassen, wie sie eben leben wollen, ohne es sich am Herzen lie- gen zu lassen, daß sie sofort und immerdar als Christen leben? Etwas Ungereimteres und zu- gleich Verkehrteres als das, kann es nicht geben. Also man wollte zunächst eine Zeit lang das Nie- dere im Kinde, seine Natur, welche verkehrt und voll böser Neigungen ist, heranwachsen und groß werden und das Höhere in ihm, die Kindschaft Gottes, die christlichen Tugendkeime ohne Pflege liegen lassen? Der natürliche, vielfach böse Mensch der Heide, sollte heranwachsen und der übernatür-

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/309>, abgerufen am 04.05.2024.