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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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bares Samenkorn, was nicht aufgeht, wie eine
Pflanze, die nicht Leben hat.

Feinde des Glaubens haben aus dem Umstande,
daß ohne Anregung und Anleitung von Außen der
Glaube, die Religiösität, die Liebe zu Gott, die
Gewissenhaftigkeit, die Keuschheit und die sonstigen
christlichen Tugenden nicht zu Stande kommen, den
Schluß ziehen zu dürfen geglaubt, daß alle diese
Tugenden nichts, als eitel Angewöhnung von den
Eltern oder Andern seien. Die Thoren! Wenn
denn die Sorgfalt und Mühe des Gärtners, wenn
die heilsamen Einflüsse des Bodens und der Luft,
Regen und Sonnenschein bewirken, daß der Keim
sich entfaltet und zu einer herrlichen Blume heran-
wachset, ist es da der Gärtner, ist es Boden und
Luft, Regen und Sonnenschein, wodurch dieselbe
hergestellt ist? Würde alles das die Blume her-
vorgerufen haben, wenn der Keim nicht schon im
Boden gelegen hätte? Aehnlich liegen auch Keime
der christlichen Tugenden schon im zarten Kindes-
herzen, von Gottes Gnaden; aber mancherlei heil-
samer Einfluß von Außen, insbesondere von Seite
der Eltern, der Mutter, ist nothwendig, damit sie
nach Gebühr wachsen und gedeihen.

Also wieder eine hohe und schöne Aufgabe für
die Mutter! Sie soll ihrem Kinde zur Hand
gehen, daß so viel an ihr, die Tugenden, welche
der Herr in ihm grundgelegt hat, vom ersten An-
fang seines Bewußtseins in ihm zur Uebung kom-
men, oder was dasselbe ist, sie soll ihrem Kinde
Anleitung geben, daß es, sobald es zum Bewußt-
sein kommt und also anfängt, als Mensch, in freier

bares Samenkorn, was nicht aufgeht, wie eine
Pflanze, die nicht Leben hat.

Feinde des Glaubens haben aus dem Umstande,
daß ohne Anregung und Anleitung von Außen der
Glaube, die Religiösität, die Liebe zu Gott, die
Gewissenhaftigkeit, die Keuschheit und die sonstigen
christlichen Tugenden nicht zu Stande kommen, den
Schluß ziehen zu dürfen geglaubt, daß alle diese
Tugenden nichts, als eitel Angewöhnung von den
Eltern oder Andern seien. Die Thoren! Wenn
denn die Sorgfalt und Mühe des Gärtners, wenn
die heilsamen Einflüsse des Bodens und der Luft,
Regen und Sonnenschein bewirken, daß der Keim
sich entfaltet und zu einer herrlichen Blume heran-
wachset, ist es da der Gärtner, ist es Boden und
Luft, Regen und Sonnenschein, wodurch dieselbe
hergestellt ist? Würde alles das die Blume her-
vorgerufen haben, wenn der Keim nicht schon im
Boden gelegen hätte? Aehnlich liegen auch Keime
der christlichen Tugenden schon im zarten Kindes-
herzen, von Gottes Gnaden; aber mancherlei heil-
samer Einfluß von Außen, insbesondere von Seite
der Eltern, der Mutter, ist nothwendig, damit sie
nach Gebühr wachsen und gedeihen.

Also wieder eine hohe und schöne Aufgabe für
die Mutter! Sie soll ihrem Kinde zur Hand
gehen, daß so viel an ihr, die Tugenden, welche
der Herr in ihm grundgelegt hat, vom ersten An-
fang seines Bewußtseins in ihm zur Uebung kom-
men, oder was dasselbe ist, sie soll ihrem Kinde
Anleitung geben, daß es, sobald es zum Bewußt-
sein kommt und also anfängt, als Mensch, in freier

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[97/0308] bares Samenkorn, was nicht aufgeht, wie eine Pflanze, die nicht Leben hat. Feinde des Glaubens haben aus dem Umstande, daß ohne Anregung und Anleitung von Außen der Glaube, die Religiösität, die Liebe zu Gott, die Gewissenhaftigkeit, die Keuschheit und die sonstigen christlichen Tugenden nicht zu Stande kommen, den Schluß ziehen zu dürfen geglaubt, daß alle diese Tugenden nichts, als eitel Angewöhnung von den Eltern oder Andern seien. Die Thoren! Wenn denn die Sorgfalt und Mühe des Gärtners, wenn die heilsamen Einflüsse des Bodens und der Luft, Regen und Sonnenschein bewirken, daß der Keim sich entfaltet und zu einer herrlichen Blume heran- wachset, ist es da der Gärtner, ist es Boden und Luft, Regen und Sonnenschein, wodurch dieselbe hergestellt ist? Würde alles das die Blume her- vorgerufen haben, wenn der Keim nicht schon im Boden gelegen hätte? Aehnlich liegen auch Keime der christlichen Tugenden schon im zarten Kindes- herzen, von Gottes Gnaden; aber mancherlei heil- samer Einfluß von Außen, insbesondere von Seite der Eltern, der Mutter, ist nothwendig, damit sie nach Gebühr wachsen und gedeihen. Also wieder eine hohe und schöne Aufgabe für die Mutter! Sie soll ihrem Kinde zur Hand gehen, daß so viel an ihr, die Tugenden, welche der Herr in ihm grundgelegt hat, vom ersten An- fang seines Bewußtseins in ihm zur Uebung kom- men, oder was dasselbe ist, sie soll ihrem Kinde Anleitung geben, daß es, sobald es zum Bewußt- sein kommt und also anfängt, als Mensch, in freier

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/308>, abgerufen am 05.05.2024.