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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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höherem Grade. Nimm einen Obstbaumstamm
und pflanze ihm ein edles Propfreis ein; je fri-
scher und kräftiger der wilde Stamm war, desto
fröhlicher und kräftiger wird das edle Pfropfreis
sich auf ihm entwickeln, desto herrlicher der edle
Obstbaum sich entfalten und Frucht tragen. Ein
solcher kräftiger Stamm ist die natürliche Mutter-
liebe; durch die Gnade und durch den Glauben
zur übernatürlichen Liebe veredelt, wird sie die Vor-
züge der natürlichen Liebe, nur auch veredelt und
erhöhet, erweisen.

Die wahrhaft christliche Mutter nämlich erkennet
in ihrem Kinde, da sie es mit dem Auge des Glau-
bens betrachtet, auch das Kind Gottes. Wie es
in der natürlichen Geburt aus ihr geboren und
dadurch ihr Kind ist, so ist es in der h. Taufe
aus Gott wiedergeboren und dadurch Gottes
Kind. Es ist nicht weniger, ja noch viel mehr
Gottes Kind, als ihr Kind. Alle Liebe daher,
welche die christliche Mutter zu Gott ihrem Herrn
trägt, die wendet sich kraft Seiner Gnade auch
auf Sein Kind, und da sie dasselbe auch als ihr
Kind liebt, so vereinigt sich nun mit dieser ihrer
natürlichen Liebe jene höhere übernatürliche, sie er-
höhend, sie verklärend.

Nicht allein; die christliche Mutter erschauet in
ihrem Kinde ein Brüderchen, ein Schwesterchen
Jesu Christi, des Gottmenschen, ja den Liebling
Seines heiligen Herzens. Sie weiß, wie sehr Je-
sus, der große Kinderfreund, die Kinder, auch ihr
Kind, liebe, wie theuer es Ihm ist. So sehr sie
daher ihren Heiland liebt, so sehr, um so viel

höherem Grade. Nimm einen Obstbaumstamm
und pflanze ihm ein edles Propfreis ein; je fri-
scher und kräftiger der wilde Stamm war, desto
fröhlicher und kräftiger wird das edle Pfropfreis
sich auf ihm entwickeln, desto herrlicher der edle
Obstbaum sich entfalten und Frucht tragen. Ein
solcher kräftiger Stamm ist die natürliche Mutter-
liebe; durch die Gnade und durch den Glauben
zur übernatürlichen Liebe veredelt, wird sie die Vor-
züge der natürlichen Liebe, nur auch veredelt und
erhöhet, erweisen.

Die wahrhaft christliche Mutter nämlich erkennet
in ihrem Kinde, da sie es mit dem Auge des Glau-
bens betrachtet, auch das Kind Gottes. Wie es
in der natürlichen Geburt aus ihr geboren und
dadurch ihr Kind ist, so ist es in der h. Taufe
aus Gott wiedergeboren und dadurch Gottes
Kind. Es ist nicht weniger, ja noch viel mehr
Gottes Kind, als ihr Kind. Alle Liebe daher,
welche die christliche Mutter zu Gott ihrem Herrn
trägt, die wendet sich kraft Seiner Gnade auch
auf Sein Kind, und da sie dasselbe auch als ihr
Kind liebt, so vereinigt sich nun mit dieser ihrer
natürlichen Liebe jene höhere übernatürliche, sie er-
höhend, sie verklärend.

Nicht allein; die christliche Mutter erschauet in
ihrem Kinde ein Brüderchen, ein Schwesterchen
Jesu Christi, des Gottmenschen, ja den Liebling
Seines heiligen Herzens. Sie weiß, wie sehr Je-
sus, der große Kinderfreund, die Kinder, auch ihr
Kind, liebe, wie theuer es Ihm ist. So sehr sie
daher ihren Heiland liebt, so sehr, um so viel

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[40/0251] höherem Grade. Nimm einen Obstbaumstamm und pflanze ihm ein edles Propfreis ein; je fri- scher und kräftiger der wilde Stamm war, desto fröhlicher und kräftiger wird das edle Pfropfreis sich auf ihm entwickeln, desto herrlicher der edle Obstbaum sich entfalten und Frucht tragen. Ein solcher kräftiger Stamm ist die natürliche Mutter- liebe; durch die Gnade und durch den Glauben zur übernatürlichen Liebe veredelt, wird sie die Vor- züge der natürlichen Liebe, nur auch veredelt und erhöhet, erweisen. Die wahrhaft christliche Mutter nämlich erkennet in ihrem Kinde, da sie es mit dem Auge des Glau- bens betrachtet, auch das Kind Gottes. Wie es in der natürlichen Geburt aus ihr geboren und dadurch ihr Kind ist, so ist es in der h. Taufe aus Gott wiedergeboren und dadurch Gottes Kind. Es ist nicht weniger, ja noch viel mehr Gottes Kind, als ihr Kind. Alle Liebe daher, welche die christliche Mutter zu Gott ihrem Herrn trägt, die wendet sich kraft Seiner Gnade auch auf Sein Kind, und da sie dasselbe auch als ihr Kind liebt, so vereinigt sich nun mit dieser ihrer natürlichen Liebe jene höhere übernatürliche, sie er- höhend, sie verklärend. Nicht allein; die christliche Mutter erschauet in ihrem Kinde ein Brüderchen, ein Schwesterchen Jesu Christi, des Gottmenschen, ja den Liebling Seines heiligen Herzens. Sie weiß, wie sehr Je- sus, der große Kinderfreund, die Kinder, auch ihr Kind, liebe, wie theuer es Ihm ist. So sehr sie daher ihren Heiland liebt, so sehr, um so viel

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/251>, abgerufen am 27.04.2024.