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Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

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Schranken zu halten, ihnen etwas zu versagen, so
sehr es auch Vernunft und Klugheit gebietet; sie
lassen ihnen in Allem ihren Willen, sie gestatten
ihnen, was zu ihrem Verderben dient, sie nähren
durch ihre unzeitige Willfährigkeit in ihnen allerlei
Unarten und Fehler. Könnten wir da, wo wir in
Leichtsinn und Sünde verkommene und unglücklich
gewordene Menschen kennen oder finden, überall
ihre Entartung bis auf die letzte Ursache verfolgen,
wie oft würden wir diese Ursache in den Müttern
derselben finden, eben gerade in ihrer unzeitigen
Liebe zu ihnen.

O ja, jene natürliche, durch den h. Glauben
und durch die Gnade nicht geregelte und geheiligte
und daher unzeitige Liebe der Mütter ist bei un-
zähligen Menschen der Grund zu ihrem zeitlichen
und ewigen Unglücke.

So wahr es daher ist, daß eine innige Liebe zu
den Kindern als ein nothwendiges Erforderniß für
die Erfüllung des Mutterberufs hingestellt werden
muß (sie muß ja der Mutter den Muth, die Ge-
duld, die Ausdauer, den Eifer zur Uebernahme all
der Beschwerden, Opfer und Mühen, welche damit
verbunden sind, geben), so sehr thut es auch Noth,
daß diese Liebe, damit sie diese Zwecke erfülle, den
übernatürlichen Charakter habe, eine christliche, über-
natürliche sei. Sie kommt aus der Gnade und
aus dem Glauben. Alle jene Eigenschaften, welche
wir an der natürlichen Mutterliebe finden, diese
Innigkeit, diese Hingebung, diese Opferwilligkeit,
hat auch die übernatürliche Mutterliebe zu eigen,
nur veredelt, gewissermaßen verklärt, nur in noch

Schranken zu halten, ihnen etwas zu versagen, so
sehr es auch Vernunft und Klugheit gebietet; sie
lassen ihnen in Allem ihren Willen, sie gestatten
ihnen, was zu ihrem Verderben dient, sie nähren
durch ihre unzeitige Willfährigkeit in ihnen allerlei
Unarten und Fehler. Könnten wir da, wo wir in
Leichtsinn und Sünde verkommene und unglücklich
gewordene Menschen kennen oder finden, überall
ihre Entartung bis auf die letzte Ursache verfolgen,
wie oft würden wir diese Ursache in den Müttern
derselben finden, eben gerade in ihrer unzeitigen
Liebe zu ihnen.

O ja, jene natürliche, durch den h. Glauben
und durch die Gnade nicht geregelte und geheiligte
und daher unzeitige Liebe der Mütter ist bei un-
zähligen Menschen der Grund zu ihrem zeitlichen
und ewigen Unglücke.

So wahr es daher ist, daß eine innige Liebe zu
den Kindern als ein nothwendiges Erforderniß für
die Erfüllung des Mutterberufs hingestellt werden
muß (sie muß ja der Mutter den Muth, die Ge-
duld, die Ausdauer, den Eifer zur Uebernahme all
der Beschwerden, Opfer und Mühen, welche damit
verbunden sind, geben), so sehr thut es auch Noth,
daß diese Liebe, damit sie diese Zwecke erfülle, den
übernatürlichen Charakter habe, eine christliche, über-
natürliche sei. Sie kommt aus der Gnade und
aus dem Glauben. Alle jene Eigenschaften, welche
wir an der natürlichen Mutterliebe finden, diese
Innigkeit, diese Hingebung, diese Opferwilligkeit,
hat auch die übernatürliche Mutterliebe zu eigen,
nur veredelt, gewissermaßen verklärt, nur in noch

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[39/0250] Schranken zu halten, ihnen etwas zu versagen, so sehr es auch Vernunft und Klugheit gebietet; sie lassen ihnen in Allem ihren Willen, sie gestatten ihnen, was zu ihrem Verderben dient, sie nähren durch ihre unzeitige Willfährigkeit in ihnen allerlei Unarten und Fehler. Könnten wir da, wo wir in Leichtsinn und Sünde verkommene und unglücklich gewordene Menschen kennen oder finden, überall ihre Entartung bis auf die letzte Ursache verfolgen, wie oft würden wir diese Ursache in den Müttern derselben finden, eben gerade in ihrer unzeitigen Liebe zu ihnen. O ja, jene natürliche, durch den h. Glauben und durch die Gnade nicht geregelte und geheiligte und daher unzeitige Liebe der Mütter ist bei un- zähligen Menschen der Grund zu ihrem zeitlichen und ewigen Unglücke. So wahr es daher ist, daß eine innige Liebe zu den Kindern als ein nothwendiges Erforderniß für die Erfüllung des Mutterberufs hingestellt werden muß (sie muß ja der Mutter den Muth, die Ge- duld, die Ausdauer, den Eifer zur Uebernahme all der Beschwerden, Opfer und Mühen, welche damit verbunden sind, geben), so sehr thut es auch Noth, daß diese Liebe, damit sie diese Zwecke erfülle, den übernatürlichen Charakter habe, eine christliche, über- natürliche sei. Sie kommt aus der Gnade und aus dem Glauben. Alle jene Eigenschaften, welche wir an der natürlichen Mutterliebe finden, diese Innigkeit, diese Hingebung, diese Opferwilligkeit, hat auch die übernatürliche Mutterliebe zu eigen, nur veredelt, gewissermaßen verklärt, nur in noch

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Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/250>, abgerufen am 29.03.2024.