Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

sprechen, vielleicht in Sünde und Laster dahin leben,
welche daher ein wahres Lebensglück nicht gefunden
haben, vielmehr ein elendes Dasein führen, fraget
sie, woher dies alles? Fast immer wird die Antwort
auf einen Vater, auf eine Mutter zurückführen, welche
ihre Pflicht an ihnen nicht gethan haben. - Ja,
wäre es vergönnt, in der jenseitigen Welt dieselbe
Frage an jene Unseligen zu stellen, welche dem ewigen
Verderben anheimgefallen sind - ach, wie Viele
unter ihnen würden die Hauptschuld ihres Verderbens
auf den Vater, die Mutter wälzen!

Siehe also, o Vater, deine Aufgabe! Da es im
Plane der göttlichen Weisheit und Liebe lag, den
Menschen als unmündiges Kind in's Dasein zu
setzen, auf daß, wie das leibliche Leben, so auch das
geistige und höhere Leben sich aus kleinen und ge-
ringen Anfängen zu immer höhern Stufen der Voll-
endung entwickele, so bedurfte der junge Mensch für
die Zeit der Entwicklung seines leiblichen und geistigen
Lebens einer Stütze und Hülfe, eines Führers und
Erziehers, um in heilsamer Weise jene von Gott
ihm zugedachten Stufen der Vollendung zu erreichen,
ähnlich, wie das junge zarte Bäumchen der Stütze,
und Pflege bedarf.

Daher hat Er dem Menschen für die Zeit seiner
Kindheit und Jugend die Eltern, besonders den Vater,
zur Seite gegeben. Da der jugendliche Mensch selbst
noch nicht im Stande ist, das, was zur Erhaltung
und Fristung des Lebens Noth thut, sich zu verschaffen,
so soll es ihm vom Vater verschafft werden; da der
jugendliche Mensch, noch unwissend und unerfahren,
nicht weiß, was seines Berufs und Heiles ist, so
soll der Vater, reicher an Kenntniß und Erfahrung,

sprechen, vielleicht in Sünde und Laster dahin leben,
welche daher ein wahres Lebensglück nicht gefunden
haben, vielmehr ein elendes Dasein führen, fraget
sie, woher dies alles? Fast immer wird die Antwort
auf einen Vater, auf eine Mutter zurückführen, welche
ihre Pflicht an ihnen nicht gethan haben. – Ja,
wäre es vergönnt, in der jenseitigen Welt dieselbe
Frage an jene Unseligen zu stellen, welche dem ewigen
Verderben anheimgefallen sind – ach, wie Viele
unter ihnen würden die Hauptschuld ihres Verderbens
auf den Vater, die Mutter wälzen!

Siehe also, o Vater, deine Aufgabe! Da es im
Plane der göttlichen Weisheit und Liebe lag, den
Menschen als unmündiges Kind in's Dasein zu
setzen, auf daß, wie das leibliche Leben, so auch das
geistige und höhere Leben sich aus kleinen und ge-
ringen Anfängen zu immer höhern Stufen der Voll-
endung entwickele, so bedurfte der junge Mensch für
die Zeit der Entwicklung seines leiblichen und geistigen
Lebens einer Stütze und Hülfe, eines Führers und
Erziehers, um in heilsamer Weise jene von Gott
ihm zugedachten Stufen der Vollendung zu erreichen,
ähnlich, wie das junge zarte Bäumchen der Stütze,
und Pflege bedarf.

Daher hat Er dem Menschen für die Zeit seiner
Kindheit und Jugend die Eltern, besonders den Vater,
zur Seite gegeben. Da der jugendliche Mensch selbst
noch nicht im Stande ist, das, was zur Erhaltung
und Fristung des Lebens Noth thut, sich zu verschaffen,
so soll es ihm vom Vater verschafft werden; da der
jugendliche Mensch, noch unwissend und unerfahren,
nicht weiß, was seines Berufs und Heiles ist, so
soll der Vater, reicher an Kenntniß und Erfahrung,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p><pb facs="#f0023" xml:id="C889V3_001_1874_pb0020_0001" n="20"/>
sprechen, vielleicht in Sünde und Laster dahin leben,<lb/>
welche daher ein wahres Lebensglück nicht gefunden<lb/>
haben, vielmehr ein elendes Dasein führen, fraget<lb/>
sie, woher dies alles? Fast immer wird die Antwort<lb/>
auf einen Vater, auf eine Mutter zurückführen, welche<lb/>
ihre Pflicht an ihnen nicht gethan haben. &#x2013; Ja,<lb/>
wäre es vergönnt, in der jenseitigen Welt dieselbe<lb/>
Frage an jene Unseligen zu stellen, welche dem ewigen<lb/>
Verderben anheimgefallen sind &#x2013; ach, wie Viele<lb/>
unter ihnen würden die Hauptschuld ihres Verderbens<lb/>
auf den Vater, die Mutter wälzen!</p>
          <p>Siehe also, o Vater, deine Aufgabe! Da es im<lb/>
Plane der göttlichen Weisheit und Liebe lag, den<lb/>
Menschen als unmündiges Kind in's Dasein zu<lb/>
setzen, auf daß, wie das leibliche Leben, so auch das<lb/>
geistige und höhere Leben sich aus kleinen und ge-<lb/>
ringen Anfängen zu immer höhern Stufen der Voll-<lb/>
endung entwickele, so bedurfte der junge Mensch für<lb/>
die Zeit der Entwicklung seines leiblichen und geistigen<lb/>
Lebens einer Stütze und Hülfe, eines Führers und<lb/>
Erziehers, um in heilsamer Weise jene von Gott<lb/>
ihm zugedachten Stufen der Vollendung zu erreichen,<lb/>
ähnlich, wie das junge zarte Bäumchen der Stütze,<lb/>
und Pflege bedarf.</p>
          <p>Daher hat Er dem Menschen für die Zeit seiner<lb/>
Kindheit und Jugend die Eltern, besonders den Vater,<lb/>
zur Seite gegeben. Da der jugendliche Mensch selbst<lb/>
noch nicht im Stande ist, das, was zur Erhaltung<lb/>
und Fristung des Lebens Noth thut, sich zu verschaffen,<lb/>
so soll es ihm vom Vater verschafft werden; da der<lb/>
jugendliche Mensch, noch unwissend und unerfahren,<lb/>
nicht weiß, was seines Berufs und Heiles ist, so<lb/>
soll der Vater, reicher an Kenntniß und Erfahrung,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[20/0023] sprechen, vielleicht in Sünde und Laster dahin leben, welche daher ein wahres Lebensglück nicht gefunden haben, vielmehr ein elendes Dasein führen, fraget sie, woher dies alles? Fast immer wird die Antwort auf einen Vater, auf eine Mutter zurückführen, welche ihre Pflicht an ihnen nicht gethan haben. – Ja, wäre es vergönnt, in der jenseitigen Welt dieselbe Frage an jene Unseligen zu stellen, welche dem ewigen Verderben anheimgefallen sind – ach, wie Viele unter ihnen würden die Hauptschuld ihres Verderbens auf den Vater, die Mutter wälzen! Siehe also, o Vater, deine Aufgabe! Da es im Plane der göttlichen Weisheit und Liebe lag, den Menschen als unmündiges Kind in's Dasein zu setzen, auf daß, wie das leibliche Leben, so auch das geistige und höhere Leben sich aus kleinen und ge- ringen Anfängen zu immer höhern Stufen der Voll- endung entwickele, so bedurfte der junge Mensch für die Zeit der Entwicklung seines leiblichen und geistigen Lebens einer Stütze und Hülfe, eines Führers und Erziehers, um in heilsamer Weise jene von Gott ihm zugedachten Stufen der Vollendung zu erreichen, ähnlich, wie das junge zarte Bäumchen der Stütze, und Pflege bedarf. Daher hat Er dem Menschen für die Zeit seiner Kindheit und Jugend die Eltern, besonders den Vater, zur Seite gegeben. Da der jugendliche Mensch selbst noch nicht im Stande ist, das, was zur Erhaltung und Fristung des Lebens Noth thut, sich zu verschaffen, so soll es ihm vom Vater verschafft werden; da der jugendliche Mensch, noch unwissend und unerfahren, nicht weiß, was seines Berufs und Heiles ist, so soll der Vater, reicher an Kenntniß und Erfahrung,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Dieses Werk stammt vom Projekt Digitization Lifecycle am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Anmerkungen zur Transkription:

Bei der Zeichenerkennung wurde nach Vorgabe des DLC modernisiert.

In Absprache mit dem MPI wurden die folgenden Aspekte der Vorlage nicht erfasst:

  • Bogensignaturen und Kustoden
  • Kolumnentitel
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterscheide zugunsten der Identifizierung von titleParts verzichtet.
  • Bei Textpassagen, die als Abschnittsüberschrift ausgeweisen werden können, wird auf die zusätzliche Auszeichnung des Layouts verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.

Es wurden alle Anführungszeichen übernommen und die Zitate zusätzlich mit q ausgezeichnet.

Weiche und harte Zeilentrennungen werden identisch als 002D übernommen. Der Zeilenumbruch selbst über lb ausgezeichnet.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/23
Zitationshilfe: Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_mutter_1874/23>, abgerufen am 29.03.2024.