Cramer, Wilhelm: Der christliche Vater wie er sein und was er thun soll. Nebst einem Anhange von Gebeten für denselben. Dülmen, 1874.des Sohnes sei, vorausgesetzt, daß derselbe nicht gradzu Doch nicht immer liegt des Sohnes Beruf in Da wird nun viel gefehlt; daher so vielfach ver- Ein Fehler bei der in Rede stehenden Lei- *)
Warum sonst die traurige Erscheinung, daß die Kin-
der der höhern Klassen so fast ausschließlich auch in die in diesen höhern Regionen begriffenen Stände eingeführt werden, obwohl ihnen Alles, was dazu erforderlich ist, Lust und Liebe, Gabe und Fähigkeit u. s. w. völlig oder doch nur gar zu sehr abgeht? Daher auch so viele un- nütze Subjekte in diesen Ständen, sich und Andern zur Last und der menschlichen Gesellschaft zum Schaden. Warum denn nicht, wenn Lust und Gabe und Mittel für solche höhern Stände abgehen, den Sohn anregen und anleiten, irgend ein anständiges Geschäft oder Handwerk zu lernen? Wie viel zufriedener und glücklicher würde derselbe darin auf die Dauer sein! Und ist es denn Unehre für einen Menschen, ein Geschäftsmann, ein Handwerker zu sein? Giebt es nicht in der Klasse derselben gar Viele, welche unendlich achtenswürdiger sind, als manche Beamtete und Gelehrte? des Sohnes sei, vorausgesetzt, daß derselbe nicht gradzu Doch nicht immer liegt des Sohnes Beruf in Da wird nun viel gefehlt; daher so vielfach ver- Ein Fehler bei der in Rede stehenden Lei- *)
Warum sonst die traurige Erscheinung, daß die Kin-
der der höhern Klassen so fast ausschließlich auch in die in diesen höhern Regionen begriffenen Stände eingeführt werden, obwohl ihnen Alles, was dazu erforderlich ist, Lust und Liebe, Gabe und Fähigkeit u. s. w. völlig oder doch nur gar zu sehr abgeht? Daher auch so viele un- nütze Subjekte in diesen Ständen, sich und Andern zur Last und der menschlichen Gesellschaft zum Schaden. Warum denn nicht, wenn Lust und Gabe und Mittel für solche höhern Stände abgehen, den Sohn anregen und anleiten, irgend ein anständiges Geschäft oder Handwerk zu lernen? Wie viel zufriedener und glücklicher würde derselbe darin auf die Dauer sein! Und ist es denn Unehre für einen Menschen, ein Geschäftsmann, ein Handwerker zu sein? Giebt es nicht in der Klasse derselben gar Viele, welche unendlich achtenswürdiger sind, als manche Beamtete und Gelehrte? <TEI> <text> <body> <div> <div> <div> <p><pb facs="#f0134" xml:id="C889V3_001_1874_pb0131_0001" n="131"/> des Sohnes sei, vorausgesetzt, daß derselbe nicht gradzu<lb/> sich abgeneigt fühle und einen Widerwillen gegen<lb/> diesen Stand in sich finde, oder daß ihm die erfor-<lb/> derlichen Gaben und Fähigkeiten dazu nicht in auf-<lb/> fälliger Weise abgehen.</p> <p>Doch nicht immer liegt des Sohnes Beruf in<lb/> solcher Bestimmtheit da; jene ausgeprägte Neigung<lb/> tritt nicht zu Tage; oder, wenn auch vielleicht, so<lb/> stehen unübersteigliche Hindernisse dem der Neigung<lb/> Entsprechenden im Wege; auch Umstände und Verhält-<lb/> nisse geben keine Entscheidung. Es muß überlegt,<lb/> es muß Rath gepflogen werden, um den rechten Beruf<lb/> des Sohnes zu finden.</p> <p><hi rendition="#g">Da</hi> wird nun viel gefehlt; daher so vielfach ver-<lb/> fehlter Beruf mit all den unheilvollen Folgen für<lb/> die Betreffenden und meist für Viele Andere.</p> <p><hi rendition="#g">Ein</hi> Fehler bei der in Rede stehenden Lei-<lb/> tung der Standeswahl der Söhne seitens der Väter<lb/> (Eltern) ist, daß sie sich dabei leiten lassen durch<lb/> unzeitige, selbstsüchtige Rücksichten, durch mißverstan-<lb/> dene Ehre, durch ungeordnete Gier nach zeitlichem<lb/> Gewinn u. s. w. <hi rendition="#g">Dieser</hi> Vater wählt <hi rendition="#g">diesen</hi><lb/> Stand für seinen Sohn und lenkt seinen Lebensweg<lb/> dahin ein, weil er ihm ehrenvoller scheint.<note place="foot" n="*)"><p>Warum sonst die traurige Erscheinung, daß die Kin-<lb/> der der höhern Klassen so fast ausschließlich auch in die<lb/> in diesen höhern Regionen begriffenen Stände eingeführt<lb/> werden, obwohl ihnen Alles, was dazu erforderlich ist,<lb/> Lust und Liebe, Gabe und Fähigkeit u. s. w. völlig oder<lb/> doch nur gar zu sehr abgeht? Daher auch so viele un-<lb/> nütze Subjekte in diesen Ständen, sich und Andern zur<lb/> Last und der menschlichen Gesellschaft zum Schaden. Warum<lb/> denn nicht, wenn Lust und Gabe und Mittel für solche<lb/> höhern Stände abgehen, den Sohn anregen und anleiten,<lb/> irgend ein anständiges Geschäft oder Handwerk zu lernen?<lb/> Wie viel zufriedener und glücklicher würde derselbe darin<lb/> auf die Dauer sein! Und ist es denn <hi rendition="#g">Unehre</hi> für einen<lb/> Menschen, ein Geschäftsmann, ein Handwerker zu sein?<lb/> Giebt es nicht in der Klasse derselben gar Viele, welche<lb/> unendlich achtenswürdiger sind, als manche Beamtete und<lb/> Gelehrte?</p></note> Ein<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0134]
des Sohnes sei, vorausgesetzt, daß derselbe nicht gradzu
sich abgeneigt fühle und einen Widerwillen gegen
diesen Stand in sich finde, oder daß ihm die erfor-
derlichen Gaben und Fähigkeiten dazu nicht in auf-
fälliger Weise abgehen.
Doch nicht immer liegt des Sohnes Beruf in
solcher Bestimmtheit da; jene ausgeprägte Neigung
tritt nicht zu Tage; oder, wenn auch vielleicht, so
stehen unübersteigliche Hindernisse dem der Neigung
Entsprechenden im Wege; auch Umstände und Verhält-
nisse geben keine Entscheidung. Es muß überlegt,
es muß Rath gepflogen werden, um den rechten Beruf
des Sohnes zu finden.
Da wird nun viel gefehlt; daher so vielfach ver-
fehlter Beruf mit all den unheilvollen Folgen für
die Betreffenden und meist für Viele Andere.
Ein Fehler bei der in Rede stehenden Lei-
tung der Standeswahl der Söhne seitens der Väter
(Eltern) ist, daß sie sich dabei leiten lassen durch
unzeitige, selbstsüchtige Rücksichten, durch mißverstan-
dene Ehre, durch ungeordnete Gier nach zeitlichem
Gewinn u. s. w. Dieser Vater wählt diesen
Stand für seinen Sohn und lenkt seinen Lebensweg
dahin ein, weil er ihm ehrenvoller scheint. *) Ein
*) Warum sonst die traurige Erscheinung, daß die Kin-
der der höhern Klassen so fast ausschließlich auch in die
in diesen höhern Regionen begriffenen Stände eingeführt
werden, obwohl ihnen Alles, was dazu erforderlich ist,
Lust und Liebe, Gabe und Fähigkeit u. s. w. völlig oder
doch nur gar zu sehr abgeht? Daher auch so viele un-
nütze Subjekte in diesen Ständen, sich und Andern zur
Last und der menschlichen Gesellschaft zum Schaden. Warum
denn nicht, wenn Lust und Gabe und Mittel für solche
höhern Stände abgehen, den Sohn anregen und anleiten,
irgend ein anständiges Geschäft oder Handwerk zu lernen?
Wie viel zufriedener und glücklicher würde derselbe darin
auf die Dauer sein! Und ist es denn Unehre für einen
Menschen, ein Geschäftsmann, ein Handwerker zu sein?
Giebt es nicht in der Klasse derselben gar Viele, welche
unendlich achtenswürdiger sind, als manche Beamtete und
Gelehrte?
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