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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

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und finden möchten; denn du hast dich keinem
unbezeugt gelassen. Du bist, ungeachtet deiner
unaussprechlichen Hoheit doch nicht ferne von ei-
nem jeglichen unter uns; denn in dir leben, we-
ben, und sind wir! Die Himmel verkündi-
gen deine Ehre; alle deine Geschöpfe unterrich-
ten uns, nicht allein, daß du bist, sondern
auch, daß du das beste, erhabenste und voll-
kommenste Wesen bist; daß du alles im Himmel
und auf Erden zu deiner Verherrlichung und zur
Glückseeligkeit deiner vernünftigen Geschöpfe er-
schaffen hast! Und doch können dich die Men-
schen, ungeachtet dieser deutlichen Offenbarung,
verkennen, die Werke sehen, und den nicht fin-
den, der sie bereitet hat, die Wohlthaten genies-
sen, und nicht nach dem Wohlthäter fragen!
So schwach ist unsre Vernunft, oder so wenig
gebrauchen wir diese deine herrliche Gabe, zu dei-
ner Erkenntniß zu kommen, die der Anfang
des ewigen Lebens ist! O wie unglücklich wä-
ren wir, wenn du uns dieser blinden und unsi-
chern Führerinn überlassen hättest! Jn welchen
Wüsteneyen falscher und thörichter Meinungen
von dir würden wir nicht umher irren! Wie un-
würdig würden wir von dir denken, der du nicht
genug gepriesen und verherrlicht werden kannst!
Welche Finsternisse würden nicht noch über den

Erd-



und finden möchten; denn du haſt dich keinem
unbezeugt gelaſſen. Du biſt, ungeachtet deiner
unausſprechlichen Hoheit doch nicht ferne von ei-
nem jeglichen unter uns; denn in dir leben, we-
ben, und ſind wir! Die Himmel verkündi-
gen deine Ehre; alle deine Geſchöpfe unterrich-
ten uns, nicht allein, daß du biſt, ſondern
auch, daß du das beſte, erhabenſte und voll-
kommenſte Weſen biſt; daß du alles im Himmel
und auf Erden zu deiner Verherrlichung und zur
Glückſeeligkeit deiner vernünftigen Geſchöpfe er-
ſchaffen haſt! Und doch können dich die Men-
ſchen, ungeachtet dieſer deutlichen Offenbarung,
verkennen, die Werke ſehen, und den nicht fin-
den, der ſie bereitet hat, die Wohlthaten genieſ-
ſen, und nicht nach dem Wohlthäter fragen!
So ſchwach iſt unſre Vernunft, oder ſo wenig
gebrauchen wir dieſe deine herrliche Gabe, zu dei-
ner Erkenntniß zu kommen, die der Anfang
des ewigen Lebens iſt! O wie unglücklich wä-
ren wir, wenn du uns dieſer blinden und unſi-
chern Führerinn überlaſſen hätteſt! Jn welchen
Wüſteneyen falſcher und thörichter Meinungen
von dir würden wir nicht umher irren! Wie un-
würdig würden wir von dir denken, der du nicht
genug geprieſen und verherrlicht werden kannſt!
Welche Finſterniſſe würden nicht noch über den

Erd-
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[80/0094] und finden möchten; denn du haſt dich keinem unbezeugt gelaſſen. Du biſt, ungeachtet deiner unausſprechlichen Hoheit doch nicht ferne von ei- nem jeglichen unter uns; denn in dir leben, we- ben, und ſind wir! Die Himmel verkündi- gen deine Ehre; alle deine Geſchöpfe unterrich- ten uns, nicht allein, daß du biſt, ſondern auch, daß du das beſte, erhabenſte und voll- kommenſte Weſen biſt; daß du alles im Himmel und auf Erden zu deiner Verherrlichung und zur Glückſeeligkeit deiner vernünftigen Geſchöpfe er- ſchaffen haſt! Und doch können dich die Men- ſchen, ungeachtet dieſer deutlichen Offenbarung, verkennen, die Werke ſehen, und den nicht fin- den, der ſie bereitet hat, die Wohlthaten genieſ- ſen, und nicht nach dem Wohlthäter fragen! So ſchwach iſt unſre Vernunft, oder ſo wenig gebrauchen wir dieſe deine herrliche Gabe, zu dei- ner Erkenntniß zu kommen, die der Anfang des ewigen Lebens iſt! O wie unglücklich wä- ren wir, wenn du uns dieſer blinden und unſi- chern Führerinn überlaſſen hätteſt! Jn welchen Wüſteneyen falſcher und thörichter Meinungen von dir würden wir nicht umher irren! Wie un- würdig würden wir von dir denken, der du nicht genug geprieſen und verherrlicht werden kannſt! Welche Finſterniſſe würden nicht noch über den Erd-

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/94>, abgerufen am 02.10.2024.