Güte gegen uns, uns sogar seines unmittelbaren Unterrichtes gewürdigt, damit wir die Unterwei- sung seiner Werke desto leichter verstehen, auf diesem Wege seiner Erkenntniß desto geschwindere Schritte thun, und mit unsrer schwachen leicht getäuschten Vernunft desto weniger fehlen möch- ten. Jch bin unterrichtet, daß er ist; ich habe Vorstellungen von ihm, die, wenn sie gleich nicht an seine unendliche Hoheit reichen, doch sei- ner nicht unwürdig sind und selbst von ihm gebil- ligt werden; denn das Werk zeugt nicht allein von seinem Meister, sondern er selbst hat sich herabgelassen, noch näher und unmittelbarer mit seinen Menschen zu reden.
Hat Gott mit uns geredet? Wir haben seine Stimme nicht gehört; aber in den ältesten Zeiten, welche durch viele Jahrhunderte von uns entfernt sind, hat es Menschen gegeben, die sich rühmen, daß Gott mit ihnen geredet habe. Können wir, dürfen wir diesen glücklichern Men- schen glauben? Dürfen wir uns in einer Sache von einer solchen Wichtigkeit, als die Erkennt- niß Gottes ist, auf ihr Zeugniß verlassen? Ha- ben nicht die Stifter aller auch offenbar falscher Religionen vorgegeben, daß ihre Götter mit ih- nen geredet hätten? Und müssen wir nicht erst
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Güte gegen uns, uns ſogar ſeines unmittelbaren Unterrichtes gewürdigt, damit wir die Unterwei- ſung ſeiner Werke deſto leichter verſtehen, auf dieſem Wege ſeiner Erkenntniß deſto geſchwindere Schritte thun, und mit unſrer ſchwachen leicht getäuſchten Vernunft deſto weniger fehlen möch- ten. Jch bin unterrichtet, daß er iſt; ich habe Vorſtellungen von ihm, die, wenn ſie gleich nicht an ſeine unendliche Hoheit reichen, doch ſei- ner nicht unwürdig ſind und ſelbſt von ihm gebil- ligt werden; denn das Werk zeugt nicht allein von ſeinem Meiſter, ſondern er ſelbſt hat ſich herabgelaſſen, noch näher und unmittelbarer mit ſeinen Menſchen zu reden.
Hat Gott mit uns geredet? Wir haben ſeine Stimme nicht gehört; aber in den älteſten Zeiten, welche durch viele Jahrhunderte von uns entfernt ſind, hat es Menſchen gegeben, die ſich rühmen, daß Gott mit ihnen geredet habe. Können wir, dürfen wir dieſen glücklichern Men- ſchen glauben? Dürfen wir uns in einer Sache von einer ſolchen Wichtigkeit, als die Erkennt- niß Gottes iſt, auf ihr Zeugniß verlaſſen? Ha- ben nicht die Stifter aller auch offenbar falſcher Religionen vorgegeben, daß ihre Götter mit ih- nen geredet hätten? Und müſſen wir nicht erſt
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Güte gegen uns, uns ſogar ſeines unmittelbaren
Unterrichtes gewürdigt, damit wir die Unterwei-
ſung ſeiner Werke deſto leichter verſtehen, auf
dieſem Wege ſeiner Erkenntniß deſto geſchwindere
Schritte thun, und mit unſrer ſchwachen leicht
getäuſchten Vernunft deſto weniger fehlen möch-
ten. Jch bin unterrichtet, daß er iſt; ich habe
Vorſtellungen von ihm, die, wenn ſie gleich
nicht an ſeine unendliche Hoheit reichen, doch ſei-
ner nicht unwürdig ſind und ſelbſt von ihm gebil-
ligt werden; denn das Werk zeugt nicht allein
von ſeinem Meiſter, ſondern er ſelbſt hat ſich
herabgelaſſen, noch näher und unmittelbarer mit
ſeinen Menſchen zu reden.
Hat Gott mit uns geredet? Wir haben
ſeine Stimme nicht gehört; aber in den älteſten
Zeiten, welche durch viele Jahrhunderte von uns
entfernt ſind, hat es Menſchen gegeben, die ſich
rühmen, daß Gott mit ihnen geredet habe.
Können wir, dürfen wir dieſen glücklichern Men-
ſchen glauben? Dürfen wir uns in einer Sache
von einer ſolchen Wichtigkeit, als die Erkennt-
niß Gottes iſt, auf ihr Zeugniß verlaſſen? Ha-
ben nicht die Stifter aller auch offenbar falſcher
Religionen vorgegeben, daß ihre Götter mit ih-
nen geredet hätten? Und müſſen wir nicht erſt
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/78>, abgerufen am 16.02.2025.
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