Was ist gegen ihn selbst der Himmel in aller sei- ner Pracht, als ein Kleid, das veralten wird? Was bist du? Was sind alle Menschen, über die du oft, wenn sie in dem Glanze einer vergängli- chen Gewalt schimmern, erstaunest, als ob sie Götter wären? Sind wir nicht von gestern her? Was ist unser Leben, als ein Schatten auf Er- den? Der Mensch, vom Weibe gebohren, lebet kurze Zeit, gehet auf, wie eine Blume, und fällt ab, fleucht, wie ein Schatten, und bleibet nicht. Unsre Jahre bringen wir zu, wie ein Geschwätz; Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, sind es achzig Jahre, und wenn es köstlich gewesen ist, ists Mühe und Arbeit gewesen; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon. Gott aber, dein Schöpfer hat weder einen Anfang der Tage, noch ein Ende des Lebens; ehe die Berge waren, und die Erde und die Welt geschaffen wurden, ist er Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wie könntest du irgend etwas, wie schön und herrlich es auch bey seiner Endlichkeit und Vergänglichkeit seyn mag, dem Ewigen, dem Unvergänglichen, dem, der allein Unsterblichkeit hat, gleich schätzen; irgend etwas, das nicht ewig ist, wie er, und nichts ist außer ihm ewig, wie er, ehren, wie ihn, fürchten und
lieben,
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Was iſt gegen ihn ſelbſt der Himmel in aller ſei- ner Pracht, als ein Kleid, das veralten wird? Was biſt du? Was ſind alle Menſchen, über die du oft, wenn ſie in dem Glanze einer vergängli- chen Gewalt ſchimmern, erſtauneſt, als ob ſie Götter wären? Sind wir nicht von geſtern her? Was iſt unſer Leben, als ein Schatten auf Er- den? Der Menſch, vom Weibe gebohren, lebet kurze Zeit, gehet auf, wie eine Blume, und fällt ab, fleucht, wie ein Schatten, und bleibet nicht. Unſre Jahre bringen wir zu, wie ein Geſchwätz; Unſer Leben währet ſiebzig Jahre, und wenn es hoch kommt, ſind es achzig Jahre, und wenn es köſtlich geweſen iſt, iſts Mühe und Arbeit geweſen; denn es fähret ſchnell dahin, als flögen wir davon. Gott aber, dein Schöpfer hat weder einen Anfang der Tage, noch ein Ende des Lebens; ehe die Berge waren, und die Erde und die Welt geſchaffen wurden, iſt er Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wie könnteſt du irgend etwas, wie ſchön und herrlich es auch bey ſeiner Endlichkeit und Vergänglichkeit ſeyn mag, dem Ewigen, dem Unvergänglichen, dem, der allein Unſterblichkeit hat, gleich ſchätzen; irgend etwas, das nicht ewig iſt, wie er, und nichts iſt außer ihm ewig, wie er, ehren, wie ihn, fürchten und
lieben,
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Was iſt gegen ihn ſelbſt der Himmel in aller ſei-
ner Pracht, als ein Kleid, das veralten wird?
Was biſt du? Was ſind alle Menſchen, über die
du oft, wenn ſie in dem Glanze einer vergängli-
chen Gewalt ſchimmern, erſtauneſt, als ob ſie
Götter wären? Sind wir nicht von geſtern her?
Was iſt unſer Leben, als ein Schatten auf Er-
den? Der Menſch, vom Weibe gebohren, lebet
kurze Zeit, gehet auf, wie eine Blume, und
fällt ab, fleucht, wie ein Schatten, und bleibet
nicht. Unſre Jahre bringen wir zu, wie ein
Geſchwätz; Unſer Leben währet ſiebzig Jahre,
und wenn es hoch kommt, ſind es achzig Jahre,
und wenn es köſtlich geweſen iſt, iſts Mühe und
Arbeit geweſen; denn es fähret ſchnell dahin, als
flögen wir davon. Gott aber, dein Schöpfer
hat weder einen Anfang der Tage, noch ein Ende
des Lebens; ehe die Berge waren, und die Erde
und die Welt geſchaffen wurden, iſt er Gott von
Ewigkeit zu Ewigkeit. Wie könnteſt du irgend
etwas, wie ſchön und herrlich es auch bey ſeiner
Endlichkeit und Vergänglichkeit ſeyn mag, dem
Ewigen, dem Unvergänglichen, dem, der allein
Unſterblichkeit hat, gleich ſchätzen; irgend etwas,
das nicht ewig iſt, wie er, und nichts iſt außer
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/417>, abgerufen am 24.11.2024.
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