Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

hig bin, die Ordnung, Uebereinstimmung und
Schönheit seiner Werke einzusehen, zu bewun-
dern, und unzählbare Freuden daraus zu schö-
pfen, den unsterblichen Geist, welcher sich bis zu
seiner Betrachtung emporschwingen darf! Erken-
ne, empfinde ich nicht, daß so viele Wesen mit
ihren Eigenschaften und Vorzügen bloß zu mei-
nem Nutzen und Vergnügen von ihm erschaffen
worden sind? O wie bin ich nicht von ihm ge-
liebt! Bin ich nicht viel zu geringe aller Barm-
herzigkeit und Treue, die er an mir gethan hat?
Bin ich nicht überall mit Wundern seiner Güte
umringt? Lebe, wandle, athme ich nicht in sei-
ner Liebe? Und ich könnte dem besten, vollkom-
mensten, liebenswürdigsten Wesen mein Herz
verweigern, wollte ihn nicht mit aller meiner Zu-
neigung lieben, wollte außer ihm etwas, wie
ihn, oder mehr als ihn lieben? Jch sollte nicht
Gott den Vater meines Herrn Jesu Christi über
alles lieben, der mich so hoch geliebt hat, daß er
seines eingebohrnen Sohnes nicht für mich ver-
schonte, nicht Jesum Christum über alles, nicht
wie den Vater, ihn, das Ebenbild und den
Glanz seiner Herrlichkeit, ihn, der sich selbst für
mich gegeben hat, daß ich seelig werden könnte;
nicht, wie den Vater und den Sohn seinen Geist,
dem ich meine Erkenntniß und Erleuchtung, jede

edle

hig bin, die Ordnung, Uebereinſtimmung und
Schönheit ſeiner Werke einzuſehen, zu bewun-
dern, und unzählbare Freuden daraus zu ſchö-
pfen, den unſterblichen Geiſt, welcher ſich bis zu
ſeiner Betrachtung emporſchwingen darf! Erken-
ne, empfinde ich nicht, daß ſo viele Weſen mit
ihren Eigenſchaften und Vorzügen bloß zu mei-
nem Nutzen und Vergnügen von ihm erſchaffen
worden ſind? O wie bin ich nicht von ihm ge-
liebt! Bin ich nicht viel zu geringe aller Barm-
herzigkeit und Treue, die er an mir gethan hat?
Bin ich nicht überall mit Wundern ſeiner Güte
umringt? Lebe, wandle, athme ich nicht in ſei-
ner Liebe? Und ich könnte dem beſten, vollkom-
menſten, liebenswürdigſten Weſen mein Herz
verweigern, wollte ihn nicht mit aller meiner Zu-
neigung lieben, wollte außer ihm etwas, wie
ihn, oder mehr als ihn lieben? Jch ſollte nicht
Gott den Vater meines Herrn Jeſu Chriſti über
alles lieben, der mich ſo hoch geliebt hat, daß er
ſeines eingebohrnen Sohnes nicht für mich ver-
ſchonte, nicht Jeſum Chriſtum über alles, nicht
wie den Vater, ihn, das Ebenbild und den
Glanz ſeiner Herrlichkeit, ihn, der ſich ſelbſt für
mich gegeben hat, daß ich ſeelig werden könnte;
nicht, wie den Vater und den Sohn ſeinen Geiſt,
dem ich meine Erkenntniß und Erleuchtung, jede

edle
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0390" n="376"/>
hig bin, die Ordnung, Ueberein&#x017F;timmung und<lb/>
Schönheit &#x017F;einer Werke einzu&#x017F;ehen, zu bewun-<lb/>
dern, und unzählbare Freuden daraus zu &#x017F;chö-<lb/>
pfen, den un&#x017F;terblichen Gei&#x017F;t, welcher &#x017F;ich bis zu<lb/>
&#x017F;einer Betrachtung empor&#x017F;chwingen darf! Erken-<lb/>
ne, empfinde ich nicht, daß &#x017F;o viele We&#x017F;en mit<lb/>
ihren Eigen&#x017F;chaften und Vorzügen bloß zu mei-<lb/>
nem Nutzen und Vergnügen von ihm er&#x017F;chaffen<lb/>
worden &#x017F;ind? O wie bin ich nicht von ihm ge-<lb/>
liebt! Bin ich nicht viel zu geringe aller Barm-<lb/>
herzigkeit und Treue, die er an mir gethan hat?<lb/>
Bin ich nicht überall mit Wundern &#x017F;einer Güte<lb/>
umringt? Lebe, wandle, athme ich nicht in &#x017F;ei-<lb/>
ner Liebe? Und ich könnte dem be&#x017F;ten, vollkom-<lb/>
men&#x017F;ten, liebenswürdig&#x017F;ten We&#x017F;en mein Herz<lb/>
verweigern, wollte ihn nicht mit aller meiner Zu-<lb/>
neigung lieben, wollte außer ihm etwas, wie<lb/>
ihn, oder mehr als ihn lieben? Jch &#x017F;ollte nicht<lb/>
Gott den Vater meines Herrn Je&#x017F;u Chri&#x017F;ti über<lb/>
alles lieben, der mich &#x017F;o hoch geliebt hat, daß er<lb/>
&#x017F;eines eingebohrnen Sohnes nicht für mich ver-<lb/>
&#x017F;chonte, nicht Je&#x017F;um Chri&#x017F;tum über alles, nicht<lb/>
wie den Vater, ihn, das Ebenbild und den<lb/>
Glanz &#x017F;einer Herrlichkeit, ihn, der &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t für<lb/>
mich gegeben hat, daß ich &#x017F;eelig werden könnte;<lb/>
nicht, wie den Vater und den Sohn &#x017F;einen Gei&#x017F;t,<lb/>
dem ich meine Erkenntniß und Erleuchtung, jede<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">edle</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[376/0390] hig bin, die Ordnung, Uebereinſtimmung und Schönheit ſeiner Werke einzuſehen, zu bewun- dern, und unzählbare Freuden daraus zu ſchö- pfen, den unſterblichen Geiſt, welcher ſich bis zu ſeiner Betrachtung emporſchwingen darf! Erken- ne, empfinde ich nicht, daß ſo viele Weſen mit ihren Eigenſchaften und Vorzügen bloß zu mei- nem Nutzen und Vergnügen von ihm erſchaffen worden ſind? O wie bin ich nicht von ihm ge- liebt! Bin ich nicht viel zu geringe aller Barm- herzigkeit und Treue, die er an mir gethan hat? Bin ich nicht überall mit Wundern ſeiner Güte umringt? Lebe, wandle, athme ich nicht in ſei- ner Liebe? Und ich könnte dem beſten, vollkom- menſten, liebenswürdigſten Weſen mein Herz verweigern, wollte ihn nicht mit aller meiner Zu- neigung lieben, wollte außer ihm etwas, wie ihn, oder mehr als ihn lieben? Jch ſollte nicht Gott den Vater meines Herrn Jeſu Chriſti über alles lieben, der mich ſo hoch geliebt hat, daß er ſeines eingebohrnen Sohnes nicht für mich ver- ſchonte, nicht Jeſum Chriſtum über alles, nicht wie den Vater, ihn, das Ebenbild und den Glanz ſeiner Herrlichkeit, ihn, der ſich ſelbſt für mich gegeben hat, daß ich ſeelig werden könnte; nicht, wie den Vater und den Sohn ſeinen Geiſt, dem ich meine Erkenntniß und Erleuchtung, jede edle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/390
Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/390>, abgerufen am 26.06.2024.