nicht; ob ich richtig darüber urtheile, und durch mein Verhalten bey andern richtige Urtheile über ihn veranlasse oder nicht; ob ich ihm, als mei- nem ersten und höchsten Wohlthäter danke und ihm gefällig zu werden suche oder nicht; ob sich meine Seele unter den mannichfaltigen Gefahren, Beschwerlichkeiten und Trübsalen, die mich be- treffen können, im Vertrauen auf ihn beruhiget oder nicht; ob ich, wenn mir sein Wille über die Einrichtung meiner Handlungen bekannt wird, seinen Gesetzen gehorche oder widerstrebe, da ich aus seiner ganzen wohlthätigen Einrichtung aller Dinge mit Ueberzeugung weiß, daß er keine an- dre als gute und auf meine Wohlfarth abzielende Gesetze geben kann? Wenn ich die Erkenntniß meines Schöpfers, seiner Vollkommenheiten, die er in seinen Werken offenbaret hat, seiner Absich- ten und Wirkungen vernachläßige: Wie viele Quellen der reinsten, edelsten und dauerhaftesten Freuden, deren Genuß mich niemals gereuen kann, bleiben mir nicht verschlossen? Wie viele entbehre ich, wenn ich meine Zuneigung und Liebe nicht auf ihren würdigsten Gegenstand rich- te? Wenn ich seine mannichfaltigen Wohlthaten genieße, aber nicht gleich den Thieren, ohne Ein- sicht und ohne einige Kenntniß des Wohlthäters, sondern mit einer richtigen Vorstellung von ihm,
mit
nicht; ob ich richtig darüber urtheile, und durch mein Verhalten bey andern richtige Urtheile über ihn veranlaſſe oder nicht; ob ich ihm, als mei- nem erſten und höchſten Wohlthäter danke und ihm gefällig zu werden ſuche oder nicht; ob ſich meine Seele unter den mannichfaltigen Gefahren, Beſchwerlichkeiten und Trübſalen, die mich be- treffen können, im Vertrauen auf ihn beruhiget oder nicht; ob ich, wenn mir ſein Wille über die Einrichtung meiner Handlungen bekannt wird, ſeinen Geſetzen gehorche oder widerſtrebe, da ich aus ſeiner ganzen wohlthätigen Einrichtung aller Dinge mit Ueberzeugung weiß, daß er keine an- dre als gute und auf meine Wohlfarth abzielende Geſetze geben kann? Wenn ich die Erkenntniß meines Schöpfers, ſeiner Vollkommenheiten, die er in ſeinen Werken offenbaret hat, ſeiner Abſich- ten und Wirkungen vernachläßige: Wie viele Quellen der reinſten, edelſten und dauerhafteſten Freuden, deren Genuß mich niemals gereuen kann, bleiben mir nicht verſchloſſen? Wie viele entbehre ich, wenn ich meine Zuneigung und Liebe nicht auf ihren würdigſten Gegenſtand rich- te? Wenn ich ſeine mannichfaltigen Wohlthaten genieße, aber nicht gleich den Thieren, ohne Ein- ſicht und ohne einige Kenntniß des Wohlthäters, ſondern mit einer richtigen Vorſtellung von ihm,
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nicht; ob ich richtig darüber urtheile, und durch
mein Verhalten bey andern richtige Urtheile über
ihn veranlaſſe oder nicht; ob ich ihm, als mei-
nem erſten und höchſten Wohlthäter danke und
ihm gefällig zu werden ſuche oder nicht; ob ſich
meine Seele unter den mannichfaltigen Gefahren,
Beſchwerlichkeiten und Trübſalen, die mich be-
treffen können, im Vertrauen auf ihn beruhiget
oder nicht; ob ich, wenn mir ſein Wille über die
Einrichtung meiner Handlungen bekannt wird,
ſeinen Geſetzen gehorche oder widerſtrebe, da ich
aus ſeiner ganzen wohlthätigen Einrichtung aller
Dinge mit Ueberzeugung weiß, daß er keine an-
dre als gute und auf meine Wohlfarth abzielende
Geſetze geben kann? Wenn ich die Erkenntniß
meines Schöpfers, ſeiner Vollkommenheiten, die
er in ſeinen Werken offenbaret hat, ſeiner Abſich-
ten und Wirkungen vernachläßige: Wie viele
Quellen der reinſten, edelſten und dauerhafteſten
Freuden, deren Genuß mich niemals gereuen
kann, bleiben mir nicht verſchloſſen? Wie viele
entbehre ich, wenn ich meine Zuneigung und
Liebe nicht auf ihren würdigſten Gegenſtand rich-
te? Wenn ich ſeine mannichfaltigen Wohlthaten
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ſondern mit einer richtigen Vorſtellung von ihm,
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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/334>, abgerufen am 22.11.2024.
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