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Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764.

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das andre aber hinterwärts liegt. Jenes ist be-
sonders zu den Wirkungen der Sinne geordnet,
weswegen die zum Gesichte, Geruche, Geschma-
cke und Gehöre bestimmten Nerven daselbst gefun-
den werden, da aus dem Gehirnlein die Nerven
entspringen, welche zum Gefühle, zu den Bewe-
gungen, und besonders zur Bewegung des Her-
zens dienen sollen. Daher pflegen auch die Ver-
wundungen desselben die tödlichsten zu seyn, weil
durch sie die erste Ursache des Lebens angegriffen
wird.

Die ganze Masse des Gehirnes wird von
zwo feinen durchsichtigen Häuten bedeckt, von
denen die eine die unmittelbare Einhüllung dessel-
ben ist, die andre das harte Hirnhäutlein genannt
wird, voll Pulsadern ist, und beständig schlägt,
vermuthlich in der Absicht, durch den Druck des
Blutes die Lebensgeister feiner zu machen und zu
vertheilen.

Was für eine unbeschreibliche Kunst wurde
nicht erfodert, das weiche und zarte Gehirn, so
zu bilden, daß es so mannichfaltige Eindrücke an-
nehmen, nicht zu sehr erschüttert werden, und doch
so starke Bewegungen hervorbringen könnte, als
wir oft in unserm Körper entstehen sehen.

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das andre aber hinterwärts liegt. Jenes iſt be-
ſonders zu den Wirkungen der Sinne geordnet,
weswegen die zum Geſichte, Geruche, Geſchma-
cke und Gehöre beſtimmten Nerven daſelbſt gefun-
den werden, da aus dem Gehirnlein die Nerven
entſpringen, welche zum Gefühle, zu den Bewe-
gungen, und beſonders zur Bewegung des Her-
zens dienen ſollen. Daher pflegen auch die Ver-
wundungen deſſelben die tödlichſten zu ſeyn, weil
durch ſie die erſte Urſache des Lebens angegriffen
wird.

Die ganze Maſſe des Gehirnes wird von
zwo feinen durchſichtigen Häuten bedeckt, von
denen die eine die unmittelbare Einhüllung deſſel-
ben iſt, die andre das harte Hirnhäutlein genannt
wird, voll Pulsadern iſt, und beſtändig ſchlägt,
vermuthlich in der Abſicht, durch den Druck des
Blutes die Lebensgeiſter feiner zu machen und zu
vertheilen.

Was für eine unbeſchreibliche Kunſt wurde
nicht erfodert, das weiche und zarte Gehirn, ſo
zu bilden, daß es ſo mannichfaltige Eindrücke an-
nehmen, nicht zu ſehr erſchüttert werden, und doch
ſo ſtarke Bewegungen hervorbringen könnte, als
wir oft in unſerm Körper entſtehen ſehen.

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[265/0279] das andre aber hinterwärts liegt. Jenes iſt be- ſonders zu den Wirkungen der Sinne geordnet, weswegen die zum Geſichte, Geruche, Geſchma- cke und Gehöre beſtimmten Nerven daſelbſt gefun- den werden, da aus dem Gehirnlein die Nerven entſpringen, welche zum Gefühle, zu den Bewe- gungen, und beſonders zur Bewegung des Her- zens dienen ſollen. Daher pflegen auch die Ver- wundungen deſſelben die tödlichſten zu ſeyn, weil durch ſie die erſte Urſache des Lebens angegriffen wird. Die ganze Maſſe des Gehirnes wird von zwo feinen durchſichtigen Häuten bedeckt, von denen die eine die unmittelbare Einhüllung deſſel- ben iſt, die andre das harte Hirnhäutlein genannt wird, voll Pulsadern iſt, und beſtändig ſchlägt, vermuthlich in der Abſicht, durch den Druck des Blutes die Lebensgeiſter feiner zu machen und zu vertheilen. Was für eine unbeſchreibliche Kunſt wurde nicht erfodert, das weiche und zarte Gehirn, ſo zu bilden, daß es ſo mannichfaltige Eindrücke an- nehmen, nicht zu ſehr erſchüttert werden, und doch ſo ſtarke Bewegungen hervorbringen könnte, als wir oft in unſerm Körper entſtehen ſehen. Was R 5

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Zitationshilfe: Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/279>, abgerufen am 26.06.2024.