Mit einer andern als dieser geraden und aufge- richteten Gestalt hätte ich keine Herrschaft über so viele andre Geschöpfe erhalten, nicht so viele nützliche Dinge erfinden, mich nicht mit so vie- lerley vortrefflichen Künsten beschäfftigen, mich nicht so fertig drehen und wenden können. Hän- de und Füße hätten nicht die Geschicklichkeit ge- habt, die sie nun haben, dem Willen meiner Seele zu gehorchen. Eine andre, als diese Ge- stalt hätte mir eine freye Aussicht und den An- blick des Himmels verweigert. Wie bequem sind alle Theile geordnet, um den Leib im Gleichgewichte zu erhalten! Keine Seite ist der andern zu schwer; theils halten die Schul- tern, Arme und Seiten eine Gleichheit, die zu diesem Endzwecke dient; theils befördern ihn die Eingeweide mit ihrer Schwere und das Gewicht des Hintertheiles von unserm Körper.
Wie offenbar ist nicht mein Leib bloß nach seinen äußerlichen und sichtbaren Thei- len, wegen ihrer Gestalt, Bildung, Ordnung, Lage, Wirkung und Uebereinstimmung, ein Werk der besten und weisesten Absichten! Wie viel Recht habe ich, auszurufen: Jch
danke
Mit einer andern als dieſer geraden und aufge- richteten Geſtalt hätte ich keine Herrſchaft über ſo viele andre Geſchöpfe erhalten, nicht ſo viele nützliche Dinge erfinden, mich nicht mit ſo vie- lerley vortrefflichen Künſten beſchäfftigen, mich nicht ſo fertig drehen und wenden können. Hän- de und Füße hätten nicht die Geſchicklichkeit ge- habt, die ſie nun haben, dem Willen meiner Seele zu gehorchen. Eine andre, als dieſe Ge- ſtalt hätte mir eine freye Ausſicht und den An- blick des Himmels verweigert. Wie bequem ſind alle Theile geordnet, um den Leib im Gleichgewichte zu erhalten! Keine Seite iſt der andern zu ſchwer; theils halten die Schul- tern, Arme und Seiten eine Gleichheit, die zu dieſem Endzwecke dient; theils befördern ihn die Eingeweide mit ihrer Schwere und das Gewicht des Hintertheiles von unſerm Körper.
Wie offenbar iſt nicht mein Leib bloß nach ſeinen äußerlichen und ſichtbaren Thei- len, wegen ihrer Geſtalt, Bildung, Ordnung, Lage, Wirkung und Uebereinſtimmung, ein Werk der beſten und weiſeſten Abſichten! Wie viel Recht habe ich, auszurufen: Jch
danke
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0266"n="252"/>
Mit einer andern als dieſer geraden und aufge-<lb/>
richteten Geſtalt hätte ich keine Herrſchaft über<lb/>ſo viele andre Geſchöpfe erhalten, nicht ſo viele<lb/>
nützliche Dinge erfinden, mich nicht mit ſo vie-<lb/>
lerley vortrefflichen Künſten beſchäfftigen, mich<lb/>
nicht ſo fertig drehen und wenden können. Hän-<lb/>
de und Füße hätten nicht die Geſchicklichkeit ge-<lb/>
habt, die ſie nun haben, dem Willen meiner<lb/>
Seele zu gehorchen. Eine andre, als dieſe Ge-<lb/>ſtalt hätte mir eine freye Ausſicht und den An-<lb/>
blick des Himmels verweigert. Wie bequem<lb/>ſind alle Theile geordnet, um den Leib im<lb/>
Gleichgewichte zu erhalten! Keine Seite iſt<lb/>
der andern zu ſchwer; theils halten die Schul-<lb/>
tern, Arme und Seiten eine Gleichheit, die<lb/>
zu dieſem Endzwecke dient; theils befördern<lb/>
ihn die Eingeweide mit ihrer Schwere und<lb/>
das Gewicht des Hintertheiles von unſerm<lb/>
Körper.</p><lb/><p>Wie offenbar iſt nicht mein Leib bloß<lb/>
nach ſeinen äußerlichen und ſichtbaren Thei-<lb/>
len, wegen ihrer Geſtalt, Bildung, Ordnung,<lb/>
Lage, Wirkung und Uebereinſtimmung, ein<lb/>
Werk der beſten und weiſeſten Abſichten!<lb/>
Wie viel Recht habe ich, auszurufen: Jch<lb/><fwplace="bottom"type="catch">danke</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[252/0266]
Mit einer andern als dieſer geraden und aufge-
richteten Geſtalt hätte ich keine Herrſchaft über
ſo viele andre Geſchöpfe erhalten, nicht ſo viele
nützliche Dinge erfinden, mich nicht mit ſo vie-
lerley vortrefflichen Künſten beſchäfftigen, mich
nicht ſo fertig drehen und wenden können. Hän-
de und Füße hätten nicht die Geſchicklichkeit ge-
habt, die ſie nun haben, dem Willen meiner
Seele zu gehorchen. Eine andre, als dieſe Ge-
ſtalt hätte mir eine freye Ausſicht und den An-
blick des Himmels verweigert. Wie bequem
ſind alle Theile geordnet, um den Leib im
Gleichgewichte zu erhalten! Keine Seite iſt
der andern zu ſchwer; theils halten die Schul-
tern, Arme und Seiten eine Gleichheit, die
zu dieſem Endzwecke dient; theils befördern
ihn die Eingeweide mit ihrer Schwere und
das Gewicht des Hintertheiles von unſerm
Körper.
Wie offenbar iſt nicht mein Leib bloß
nach ſeinen äußerlichen und ſichtbaren Thei-
len, wegen ihrer Geſtalt, Bildung, Ordnung,
Lage, Wirkung und Uebereinſtimmung, ein
Werk der beſten und weiſeſten Abſichten!
Wie viel Recht habe ich, auszurufen: Jch
danke
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Cramer, Johann Andreas: Andachten in Betrachtungen, Gebeten und Liedern über Gott, seine Eigenschaften und Werke. Erster Theil. Schleßwig, 1764, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cramer_andachten01_1764/266>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.