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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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im Alterthum, zu Zeiten Frau oder Fräulein Pythia's
gelebt hätten, Herr Doctor, -- ich bin fest über-
zeugt: aus Ihnen und jener ehrenwerthen Dame
wäre ein Paar geworden ..." scherzte Lydia
lachend.

"Meinen Sie, gnädige Frau? -- Ob aber die
Concordanz immer addirt --?"

"Himmlischer Vater! Nun fehlt bloß noch das
Multipliciren und Dividiren ... Die armen vier
Spezies! --"

Hedwig konnte sich nicht mehr verbergen, daß
Adam sie jetzt interessirte. Und sie mußte sich gestehen,
daß sie in ihrem Denken und Fühlen diesem merk-
würdigen Causeur unter den Anwesenden jedenfalls
am Nächsten stände. Das machte sie immerhin
eine Idee stolz und befriedigte sie. Tiefer in Anspruch
genommen wurde sie allerdings auch kaum, es war
ihr nur lieb, daß in das Gespräch einmal ein paar
kühnere, neuere Töne hineinklangen.

"Sie scheinen nicht gerade religiös zu sein,
Herr Doctor --?" interpellirte jetzt Oettinger Adam.

",Religiös'? Sie etwa, Herr Referendar --?"
fragte Adam barsch entgegen.

"Ich -- ich schmeichle mir allerdings, mein
Herr, in gewissem Sinne religiös zu sein -- ja!
Gott sei Dank! noch religiös zu sein --" gab
Oettinger etwas von oben herab zur Antwort.

"Na! das ist kennzeichnend --: ,in gewissem
Sinne' -- hm!" --

Herr Quöck wurde unruhig: "Prosit, meine


im Alterthum, zu Zeiten Frau oder Fräulein Pythia's
gelebt hätten, Herr Doctor, — ich bin feſt über-
zeugt: aus Ihnen und jener ehrenwerthen Dame
wäre ein Paar geworden ...“ ſcherzte Lydia
lachend.

„Meinen Sie, gnädige Frau? — Ob aber die
Concordanz immer addirt —?“

„Himmliſcher Vater! Nun fehlt bloß noch das
Multipliciren und Dividiren ... Die armen vier
Spezies! —“

Hedwig konnte ſich nicht mehr verbergen, daß
Adam ſie jetzt intereſſirte. Und ſie mußte ſich geſtehen,
daß ſie in ihrem Denken und Fühlen dieſem merk-
würdigen Cauſeur unter den Anweſenden jedenfalls
am Nächſten ſtände. Das machte ſie immerhin
eine Idee ſtolz und befriedigte ſie. Tiefer in Anſpruch
genommen wurde ſie allerdings auch kaum, es war
ihr nur lieb, daß in das Geſpräch einmal ein paar
kühnere, neuere Töne hineinklangen.

„Sie ſcheinen nicht gerade religiös zu ſein,
Herr Doctor —?“ interpellirte jetzt Oettinger Adam.

„‚Religiös‘? Sie etwa, Herr Referendar —?“
fragte Adam barſch entgegen.

„Ich — ich ſchmeichle mir allerdings, mein
Herr, in gewiſſem Sinne religiös zu ſein — ja!
Gott ſei Dank! noch religiös zu ſein —“ gab
Oettinger etwas von oben herab zur Antwort.

„Na! das iſt kennzeichnend —: ‚in gewiſſem
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[63/0071] im Alterthum, zu Zeiten Frau oder Fräulein Pythia's gelebt hätten, Herr Doctor, — ich bin feſt über- zeugt: aus Ihnen und jener ehrenwerthen Dame wäre ein Paar geworden ...“ ſcherzte Lydia lachend. „Meinen Sie, gnädige Frau? — Ob aber die Concordanz immer addirt —?“ „Himmliſcher Vater! Nun fehlt bloß noch das Multipliciren und Dividiren ... Die armen vier Spezies! —“ Hedwig konnte ſich nicht mehr verbergen, daß Adam ſie jetzt intereſſirte. Und ſie mußte ſich geſtehen, daß ſie in ihrem Denken und Fühlen dieſem merk- würdigen Cauſeur unter den Anweſenden jedenfalls am Nächſten ſtände. Das machte ſie immerhin eine Idee ſtolz und befriedigte ſie. Tiefer in Anſpruch genommen wurde ſie allerdings auch kaum, es war ihr nur lieb, daß in das Geſpräch einmal ein paar kühnere, neuere Töne hineinklangen. „Sie ſcheinen nicht gerade religiös zu ſein, Herr Doctor —?“ interpellirte jetzt Oettinger Adam. „‚Religiös‘? Sie etwa, Herr Referendar —?“ fragte Adam barſch entgegen. „Ich — ich ſchmeichle mir allerdings, mein Herr, in gewiſſem Sinne religiös zu ſein — ja! Gott ſei Dank! noch religiös zu ſein —“ gab Oettinger etwas von oben herab zur Antwort. „Na! das iſt kennzeichnend —: ‚in gewiſſem Sinne‘ — hm!“ — Herr Quöck wurde unruhig: „Proſit, meine

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/71>, abgerufen am 23.11.2024.