Das Gespräch war plötzlich verstummt. Es schien, als hätten die Menschen da drinnen im Salon das Gefühl, den Unhold unbehelligt vorüberrasen lassen zu müssen.
"Das ist aber windig --" unterbrach Frau Möbius die Stille. Die alte Dame besaß entschieden das Talent, zur rechten Zeit sehr richtige Bemerkungen zu machen.
"Frühlingssymbol, gnädige Frau --!" erläuterte Adam scherzend.
Frau Lange verzog den Mund zu einem gegen- standslosen Lächeln.
"Es symbolt sich 'was, Herr Doktor --!" urtheilte Herr Quöck mit gezwungenem Gesichtsausdruck. Sein Hunger schien entschieden wieder ein tüchtiges Stück gewachsen zu sein.
"In Palermo hatten wir einmal -- --" begann Herr Oettinger -- da klang ein spitzes, scharfes Läuten auf.
"Das wird doch endlich Fräulein Irmer sein --" hoffte der Wirth des Hauses brummig.
Die Dame war es denn auch.
"Ich bitte um Entschuldigung, daß ich so spät komme -- mein Vater -- --" begann Hedwig, als sie in den Salon getreten war und die Anwesenden kurz begrüßt hatte. Ihre Stimme gab einen hasti- gen Stoß, im Ausdruck tief, monoton, etwas ver- schleiert, etwas heiser. Frau Möbius stellte ihr die beiden Herren vor, die zum Souper mitgeladen waren. Fräulein Irmer wurde ein Wenig verlegen,
Das Geſpräch war plötzlich verſtummt. Es ſchien, als hätten die Menſchen da drinnen im Salon das Gefühl, den Unhold unbehelligt vorüberraſen laſſen zu müſſen.
„Das iſt aber windig —“ unterbrach Frau Möbius die Stille. Die alte Dame beſaß entſchieden das Talent, zur rechten Zeit ſehr richtige Bemerkungen zu machen.
„Frühlingsſymbol, gnädige Frau —!“ erläuterte Adam ſcherzend.
Frau Lange verzog den Mund zu einem gegen- ſtandsloſen Lächeln.
„Es ſymbolt ſich 'was, Herr Doktor —!“ urtheilte Herr Quöck mit gezwungenem Geſichtsausdruck. Sein Hunger ſchien entſchieden wieder ein tüchtiges Stück gewachſen zu ſein.
„In Palermo hatten wir einmal — —“ begann Herr Oettinger — da klang ein ſpitzes, ſcharfes Läuten auf.
„Das wird doch endlich Fräulein Irmer ſein —“ hoffte der Wirth des Hauſes brummig.
Die Dame war es denn auch.
„Ich bitte um Entſchuldigung, daß ich ſo ſpät komme — mein Vater — —“ begann Hedwig, als ſie in den Salon getreten war und die Anweſenden kurz begrüßt hatte. Ihre Stimme gab einen haſti- gen Stoß, im Ausdruck tief, monoton, etwas ver- ſchleiert, etwas heiſer. Frau Möbius ſtellte ihr die beiden Herren vor, die zum Souper mitgeladen waren. Fräulein Irmer wurde ein Wenig verlegen,
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Das Geſpräch war plötzlich verſtummt. Es ſchien,
als hätten die Menſchen da drinnen im Salon das
Gefühl, den Unhold unbehelligt vorüberraſen laſſen
zu müſſen.
„Das iſt aber windig —“ unterbrach Frau
Möbius die Stille. Die alte Dame beſaß entſchieden
das Talent, zur rechten Zeit ſehr richtige Bemerkungen
zu machen.
„Frühlingsſymbol, gnädige Frau —!“ erläuterte
Adam ſcherzend.
Frau Lange verzog den Mund zu einem gegen-
ſtandsloſen Lächeln.
„Es ſymbolt ſich 'was, Herr Doktor —!“ urtheilte
Herr Quöck mit gezwungenem Geſichtsausdruck. Sein
Hunger ſchien entſchieden wieder ein tüchtiges Stück
gewachſen zu ſein.
„In Palermo hatten wir einmal — —“ begann
Herr Oettinger — da klang ein ſpitzes, ſcharfes
Läuten auf.
„Das wird doch endlich Fräulein Irmer ſein —“
hoffte der Wirth des Hauſes brummig.
Die Dame war es denn auch.
„Ich bitte um Entſchuldigung, daß ich ſo ſpät
komme — mein Vater — —“ begann Hedwig,
als ſie in den Salon getreten war und die Anweſenden
kurz begrüßt hatte. Ihre Stimme gab einen haſti-
gen Stoß, im Ausdruck tief, monoton, etwas ver-
ſchleiert, etwas heiſer. Frau Möbius ſtellte ihr die
beiden Herren vor, die zum Souper mitgeladen
waren. Fräulein Irmer wurde ein Wenig verlegen,
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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/54>, abgerufen am 29.11.2024.
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