Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

Bild:
<< vorherige Seite

ja! -- ja! -- ei! -- ich kann's auch -- Dein
Liebster hat mirs gezeigt -- ja! -- das war schön
-- -- und ich soll Dir auch'n Gruß bestellen
von meinem todten Väterchen -- der hat gesagt:
ich sollt's nur so machen, wie Du -- da käm' ich
anständig durch die Welt, weißt Du -- ja! ja! ja!
ja! -- und hätte alle Tage gut zu essen, weißt
Du, hat mein todtes Väterchen gesagt -- und
das wäre 'n Wonne, hat er gesagt -- wenn
der Mond scheint -- und die weißen Gardinen
werden roth, blutroth -- und die Katzen schreien --
und die Musik spielt -- spielt -- und wir tanzen dazu,
mein Liebster und ich -- wir tanzen -- tanzen --
tanzen -- immer toller und toller und toller --
bis -- bis -- und dann geht die Sonne auf --
und der Tag -- und der Tag -- --"

Emmy war es endlich gelungen, sich aus der
Haft der Arme, die sie einschnürend umklammert
hatten, loszumachen. Sie war brandroth im Gesicht,
sie athmete gepreßt, sie wollte Adam rufen, denn
sie hatte ja eine Wahnsinnige vor sich, aber kein
Laut löste sich aus der Kehle, es war alles wie zu-
gequollen in ihr, wie verschüttet, Hedwig kicherte
leise vor sich hin, nun trällerte sie: "tam -- tam --
taramtam -- tam -- tam -- taramtam -- --"
plötzlich sprang sie auf, ihre Augen brannten, die
ganze Gestalt war krampfhaft gespreizt --: "ich bin
wahnsinnig --" schrie sie -- "ich muß fort --" sie
packte ihren Hut, den ihr Emmy vorhin abgenommen
hatte, und stürzte zur Thür hinaus -- --

ja! — ja! — ei! — ich kann's auch — Dein
Liebſter hat mirs gezeigt — ja! — das war ſchön
— — und ich ſoll Dir auch'n Gruß beſtellen
von meinem todten Väterchen — der hat geſagt:
ich ſollt's nur ſo machen, wie Du — da käm' ich
anſtändig durch die Welt, weißt Du — ja! ja! ja!
ja! — und hätte alle Tage gut zu eſſen, weißt
Du, hat mein todtes Väterchen geſagt — und
das wäre 'n Wonne, hat er geſagt — wenn
der Mond ſcheint — und die weißen Gardinen
werden roth, blutroth — und die Katzen ſchreien —
und die Muſik ſpielt — ſpielt — und wir tanzen dazu,
mein Liebſter und ich — wir tanzen — tanzen —
tanzen — immer toller und toller und toller —
bis — bis — und dann geht die Sonne auf —
und der Tag — und der Tag — —“

Emmy war es endlich gelungen, ſich aus der
Haft der Arme, die ſie einſchnürend umklammert
hatten, loszumachen. Sie war brandroth im Geſicht,
ſie athmete gepreßt, ſie wollte Adam rufen, denn
ſie hatte ja eine Wahnſinnige vor ſich, aber kein
Laut löſte ſich aus der Kehle, es war alles wie zu-
gequollen in ihr, wie verſchüttet, Hedwig kicherte
leiſe vor ſich hin, nun trällerte ſie: „tam — tam —
taramtam — tam — tam — taramtam — —“
plötzlich ſprang ſie auf, ihre Augen brannten, die
ganze Geſtalt war krampfhaft geſpreizt —: „ich bin
wahnſinnig —“ ſchrie ſie — „ich muß fort —“ ſie
packte ihren Hut, den ihr Emmy vorhin abgenommen
hatte, und ſtürzte zur Thür hinaus — —

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0449" n="441"/>
ja! &#x2014; ja! &#x2014; ei! &#x2014; ich kann's auch &#x2014; Dein<lb/>
Lieb&#x017F;ter hat mirs gezeigt &#x2014; ja! &#x2014; das war &#x017F;chön<lb/>
&#x2014; &#x2014; und ich &#x017F;oll Dir auch'n Gruß be&#x017F;tellen<lb/>
von meinem todten Väterchen &#x2014; der hat ge&#x017F;agt:<lb/>
ich &#x017F;ollt's nur &#x017F;o machen, wie Du &#x2014; da käm' ich<lb/>
an&#x017F;tändig durch die Welt, weißt Du &#x2014; ja! ja! ja!<lb/>
ja! &#x2014; und hätte alle Tage gut zu e&#x017F;&#x017F;en, weißt<lb/>
Du, hat mein todtes Väterchen ge&#x017F;agt &#x2014; und<lb/>
das wäre 'n Wonne, hat er ge&#x017F;agt &#x2014; wenn<lb/>
der Mond &#x017F;cheint &#x2014; und die weißen Gardinen<lb/>
werden roth, blutroth &#x2014; und die Katzen &#x017F;chreien &#x2014;<lb/>
und die Mu&#x017F;ik &#x017F;pielt &#x2014; &#x017F;pielt &#x2014; und wir tanzen dazu,<lb/>
mein Lieb&#x017F;ter und ich &#x2014; wir tanzen &#x2014; tanzen &#x2014;<lb/>
tanzen &#x2014; immer toller und toller und toller &#x2014;<lb/>
bis &#x2014; bis &#x2014; und dann geht die Sonne auf &#x2014;<lb/>
und der Tag &#x2014; und der Tag &#x2014; &#x2014;&#x201C;</p><lb/>
        <p>Emmy war es endlich gelungen, &#x017F;ich aus der<lb/>
Haft der Arme, die &#x017F;ie ein&#x017F;chnürend umklammert<lb/>
hatten, loszumachen. Sie war brandroth im Ge&#x017F;icht,<lb/>
&#x017F;ie athmete gepreßt, &#x017F;ie wollte Adam rufen, denn<lb/>
&#x017F;ie hatte ja eine Wahn&#x017F;innige vor &#x017F;ich, aber kein<lb/>
Laut lö&#x017F;te &#x017F;ich aus der Kehle, es war alles wie zu-<lb/>
gequollen in ihr, wie ver&#x017F;chüttet, Hedwig kicherte<lb/>
lei&#x017F;e vor &#x017F;ich hin, nun trällerte &#x017F;ie: &#x201E;tam &#x2014; tam &#x2014;<lb/>
taramtam &#x2014; tam &#x2014; tam &#x2014; taramtam &#x2014; &#x2014;&#x201C;<lb/>
plötzlich &#x017F;prang &#x017F;ie auf, ihre Augen brannten, die<lb/>
ganze Ge&#x017F;talt war krampfhaft ge&#x017F;preizt &#x2014;: &#x201E;ich bin<lb/>
wahn&#x017F;innig &#x2014;&#x201C; &#x017F;chrie &#x017F;ie &#x2014; &#x201E;ich muß fort &#x2014;&#x201C; &#x017F;ie<lb/>
packte ihren Hut, den ihr Emmy vorhin abgenommen<lb/>
hatte, und &#x017F;türzte zur Thür hinaus &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[441/0449] ja! — ja! — ei! — ich kann's auch — Dein Liebſter hat mirs gezeigt — ja! — das war ſchön — — und ich ſoll Dir auch'n Gruß beſtellen von meinem todten Väterchen — der hat geſagt: ich ſollt's nur ſo machen, wie Du — da käm' ich anſtändig durch die Welt, weißt Du — ja! ja! ja! ja! — und hätte alle Tage gut zu eſſen, weißt Du, hat mein todtes Väterchen geſagt — und das wäre 'n Wonne, hat er geſagt — wenn der Mond ſcheint — und die weißen Gardinen werden roth, blutroth — und die Katzen ſchreien — und die Muſik ſpielt — ſpielt — und wir tanzen dazu, mein Liebſter und ich — wir tanzen — tanzen — tanzen — immer toller und toller und toller — bis — bis — und dann geht die Sonne auf — und der Tag — und der Tag — —“ Emmy war es endlich gelungen, ſich aus der Haft der Arme, die ſie einſchnürend umklammert hatten, loszumachen. Sie war brandroth im Geſicht, ſie athmete gepreßt, ſie wollte Adam rufen, denn ſie hatte ja eine Wahnſinnige vor ſich, aber kein Laut löſte ſich aus der Kehle, es war alles wie zu- gequollen in ihr, wie verſchüttet, Hedwig kicherte leiſe vor ſich hin, nun trällerte ſie: „tam — tam — taramtam — tam — tam — taramtam — —“ plötzlich ſprang ſie auf, ihre Augen brannten, die ganze Geſtalt war krampfhaft geſpreizt —: „ich bin wahnſinnig —“ ſchrie ſie — „ich muß fort —“ ſie packte ihren Hut, den ihr Emmy vorhin abgenommen hatte, und ſtürzte zur Thür hinaus — —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/449
Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/449>, abgerufen am 22.11.2024.