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Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889].

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Im Nebenzimmer raschelte es. Ein langer
Seufzer zitterte herüber.

Dann rief eine müde, heisere Stimme, wie ge-
brochen, "Adam --!"

"Gleich, mein Lieb! Einen Augenblick!"

Es klopfte. "Herein!" Das Mädchen kam und
brachte den Kaffee.

"Morgen, Herr Doctor!"

"Morgen! Und bringen Sie bitte noch 'ne
Tasse, Ida!"

"Noch 'ne Tasse?"

"Ja! Ist das so merkwürdig? Ich habe
Besuch --"

Das Mädchen sah sehr verblüfft aus. Es starrte
Adam einen Augenblick an.

"Aber ist denn das noch nicht vorgekommen, so
lange Sie hier sind --?" fragte Adam unwirsch-
ungeduldig.

"Nee! In den acht Tagen, wo ich --"

"Na, also bitte --!"

Jetzt schien dem kleinen, frisch vom Lande im-
portirten "Besen" doch ein Licht aufzugehen. Er
verzog den Mund und grinste tolpatschig-schnippisch.

"Rindvieh!" knurrte ihm Adam nach und trat
in's Nebenzimmer.

Hedwig saß im Bett, hatte die Arme gegen die
unter der Decke heraufgezogenen Kniee gestemmt und
die Hände vor das Gesicht gedrückt.

Adam rückte sich einen Stuhl an das Bett heran
und streichelte seinem Weibe liebkosend Haar und Hals.

Im Nebenzimmer raſchelte es. Ein langer
Seufzer zitterte herüber.

Dann rief eine müde, heiſere Stimme, wie ge-
brochen, „Adam —!“

„Gleich, mein Lieb! Einen Augenblick!“

Es klopfte. „Herein!“ Das Mädchen kam und
brachte den Kaffee.

„Morgen, Herr Doctor!“

„Morgen! Und bringen Sie bitte noch 'ne
Taſſe, Ida!“

„Noch 'ne Taſſe?“

„Ja! Iſt das ſo merkwürdig? Ich habe
Beſuch —“

Das Mädchen ſah ſehr verblüfft aus. Es ſtarrte
Adam einen Augenblick an.

„Aber iſt denn das noch nicht vorgekommen, ſo
lange Sie hier ſind —?“ fragte Adam unwirſch-
ungeduldig.

„Nee! In den acht Tagen, wo ich —“

„Na, alſo bitte —!“

Jetzt ſchien dem kleinen, friſch vom Lande im-
portirten „Beſen“ doch ein Licht aufzugehen. Er
verzog den Mund und grinſte tolpatſchig-ſchnippiſch.

„Rindvieh!“ knurrte ihm Adam nach und trat
in's Nebenzimmer.

Hedwig ſaß im Bett, hatte die Arme gegen die
unter der Decke heraufgezogenen Kniee geſtemmt und
die Hände vor das Geſicht gedrückt.

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[302/0310] Im Nebenzimmer raſchelte es. Ein langer Seufzer zitterte herüber. Dann rief eine müde, heiſere Stimme, wie ge- brochen, „Adam —!“ „Gleich, mein Lieb! Einen Augenblick!“ Es klopfte. „Herein!“ Das Mädchen kam und brachte den Kaffee. „Morgen, Herr Doctor!“ „Morgen! Und bringen Sie bitte noch 'ne Taſſe, Ida!“ „Noch 'ne Taſſe?“ „Ja! Iſt das ſo merkwürdig? Ich habe Beſuch —“ Das Mädchen ſah ſehr verblüfft aus. Es ſtarrte Adam einen Augenblick an. „Aber iſt denn das noch nicht vorgekommen, ſo lange Sie hier ſind —?“ fragte Adam unwirſch- ungeduldig. „Nee! In den acht Tagen, wo ich —“ „Na, alſo bitte —!“ Jetzt ſchien dem kleinen, friſch vom Lande im- portirten „Beſen“ doch ein Licht aufzugehen. Er verzog den Mund und grinſte tolpatſchig-ſchnippiſch. „Rindvieh!“ knurrte ihm Adam nach und trat in's Nebenzimmer. Hedwig ſaß im Bett, hatte die Arme gegen die unter der Decke heraufgezogenen Kniee geſtemmt und die Hände vor das Geſicht gedrückt. Adam rückte ſich einen Stuhl an das Bett heran und ſtreichelte ſeinem Weibe liebkoſend Haar und Hals.

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Zitationshilfe: Conradi, Hermann: Adam Mensch. Leipzig, [1889], S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/conradi_adam_1889/310>, abgerufen am 13.05.2024.