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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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ihrer königlichen Hoheit der Prinzessin Anna von Dänemark
gewidmet. Zu ihrem Erfolge gehörte es freilich, daß sie dem
Spott und der Verleumdung nicht entging. Denn als eine
große Dame (die Prinzessin Anna oder die Lady Elizabeth
Hastings) den Gedanken faßte, zehntausend Pfund im Sinne
jenes Planes zur Erziehung und Hebung des weiblichen Ge-
schlechts und zur Einrichtung eines solchen "Zufluchtsortes von
den Eitelkeiten der Welt" herzugeben, kam alsbald der Bischof
Burnet zu jener Dame und zeigte ihr die Gefahr dieses Planes,
der auf die Wiedereinführung von päpstlichen Orden und
Nonnenklöstern herauskomme. Mit Erfolg.*)
Und weiter. Jm
"Tatler", dem vielgelesenen Blatte, in das Swift und Addison
zu schreiben pflegten, wurde der Plan dem Gelächter Preis ge-
geben: es wird ein Besuch von Herren in dem Fräuleinstift
geschildert und der Besuch endet nach vielem Augenverdrehen
mit - allgemeinem Heirathen.**) Sie hat, sagt der "Tatler"
von der als Madonella bezeichneten Verfasserin, sie hat durch
tiefes Nachdenken gefunden, daß wo frühzeitiger Unterricht
fehlt, der den zarten Seelen ihrer Geschlechtsgefährtinnen die
wahren Jdeen einprägt, diese späterhin niemals im Stande sind
zu solch einer Höhe der Vollkommenheit zu gelangen, um über
die Gesetze der Materie und der Bewegung erhaben zu sein -
Gesetze, welche durch den sonstigen Unterricht in Kinderstuben
und Schulen in erster Reihe gelehrt werden. Um diesem Uebel
abzuhelfen, hat sie den Plan eines College für junge Fräulein
gelegt, in dem statt Scheren und Nadeln - Compasse, Qua-
dranten, Bücher, Manuscripte, Griechisch, Latein und Hebräisch
ihre ganze Zeit in Anspruch nehmen sollen.

*) Vgl.Dictionary of National Biography, edited by Leslie
Stephen. London vol. II (1885)
s. v. Astell (Mary).
**) The Tatler. By Jsaac Bickerstaff Esq. Nr. 32. 63. 1709.
Cohn, Die deutsche Frauenbewegung. 6

ihrer königlichen Hoheit der Prinzessin Anna von Dänemark
gewidmet. Zu ihrem Erfolge gehörte es freilich, daß sie dem
Spott und der Verleumdung nicht entging. Denn als eine
große Dame (die Prinzessin Anna oder die Lady Elizabeth
Hastings) den Gedanken faßte, zehntausend Pfund im Sinne
jenes Planes zur Erziehung und Hebung des weiblichen Ge-
schlechts und zur Einrichtung eines solchen „Zufluchtsortes von
den Eitelkeiten der Welt“ herzugeben, kam alsbald der Bischof
Burnet zu jener Dame und zeigte ihr die Gefahr dieses Planes,
der auf die Wiedereinführung von päpstlichen Orden und
Nonnenklöstern herauskomme. Mit Erfolg.*)
Und weiter. Jm
„Tatler“, dem vielgelesenen Blatte, in das Swift und Addison
zu schreiben pflegten, wurde der Plan dem Gelächter Preis ge-
geben: es wird ein Besuch von Herren in dem Fräuleinstift
geschildert und der Besuch endet nach vielem Augenverdrehen
mit – allgemeinem Heirathen.**) Sie hat, sagt der „Tatler“
von der als Madonella bezeichneten Verfasserin, sie hat durch
tiefes Nachdenken gefunden, daß wo frühzeitiger Unterricht
fehlt, der den zarten Seelen ihrer Geschlechtsgefährtinnen die
wahren Jdeen einprägt, diese späterhin niemals im Stande sind
zu solch einer Höhe der Vollkommenheit zu gelangen, um über
die Gesetze der Materie und der Bewegung erhaben zu sein –
Gesetze, welche durch den sonstigen Unterricht in Kinderstuben
und Schulen in erster Reihe gelehrt werden. Um diesem Uebel
abzuhelfen, hat sie den Plan eines College für junge Fräulein
gelegt, in dem statt Scheren und Nadeln – Compasse, Qua-
dranten, Bücher, Manuscripte, Griechisch, Latein und Hebräisch
ihre ganze Zeit in Anspruch nehmen sollen.

*) Vgl.Dictionary of National Biography, edited by Leslie
Stephen. London vol. II (1885)
s. v. Astell (Mary).
**) The Tatler. By Jsaac Bickerstaff Esq. Nr. 32. 63. 1709.
Cohn, Die deutsche Frauenbewegung. 6
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[81/0097] ihrer königlichen Hoheit der Prinzessin Anna von Dänemark gewidmet. Zu ihrem Erfolge gehörte es freilich, daß sie dem Spott und der Verleumdung nicht entging. Denn als eine große Dame (die Prinzessin Anna oder die Lady Elizabeth Hastings) den Gedanken faßte, zehntausend Pfund im Sinne jenes Planes zur Erziehung und Hebung des weiblichen Ge- schlechts und zur Einrichtung eines solchen „Zufluchtsortes von den Eitelkeiten der Welt“ herzugeben, kam alsbald der Bischof Burnet zu jener Dame und zeigte ihr die Gefahr dieses Planes, der auf die Wiedereinführung von päpstlichen Orden und Nonnenklöstern herauskomme. Mit Erfolg. *) Und weiter. Jm „Tatler“, dem vielgelesenen Blatte, in das Swift und Addison zu schreiben pflegten, wurde der Plan dem Gelächter Preis ge- geben: es wird ein Besuch von Herren in dem Fräuleinstift geschildert und der Besuch endet nach vielem Augenverdrehen mit – allgemeinem Heirathen. **) Sie hat, sagt der „Tatler“ von der als Madonella bezeichneten Verfasserin, sie hat durch tiefes Nachdenken gefunden, daß wo frühzeitiger Unterricht fehlt, der den zarten Seelen ihrer Geschlechtsgefährtinnen die wahren Jdeen einprägt, diese späterhin niemals im Stande sind zu solch einer Höhe der Vollkommenheit zu gelangen, um über die Gesetze der Materie und der Bewegung erhaben zu sein – Gesetze, welche durch den sonstigen Unterricht in Kinderstuben und Schulen in erster Reihe gelehrt werden. Um diesem Uebel abzuhelfen, hat sie den Plan eines College für junge Fräulein gelegt, in dem statt Scheren und Nadeln – Compasse, Qua- dranten, Bücher, Manuscripte, Griechisch, Latein und Hebräisch ihre ganze Zeit in Anspruch nehmen sollen. *) Vgl.Dictionary of National Biography, edited by Leslie Stephen. London vol. II (1885) s. v. Astell (Mary). **) The Tatler. By Jsaac Bickerstaff Esq. Nr. 32. 63. 1709. Cohn, Die deutsche Frauenbewegung. 6

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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/97>, abgerufen am 20.04.2024.