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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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Raschheit und Jntelligenz der Auffassung mit den besten
Studenten aufnehmen könnten."

Die Folge dieser günstigen Erfahrungen ist gewesen, daß
manche Universitätslehrer für die Sache gewonnen wurden, die
zuerst abseits standen. Es darf auch angenommen werden, daß
dadurch die Stimmung zu Gunsten des Frauenstudiums bei
den Universitäten etwas beeinflußt wurde. Denn zwar sind
diese Curse für Lehrerinnen ihrem rechtlichen Charakter nach
durchaus unabhängig von den Universitäten und deren Lehr-
einrichtungen; thatsächlich aber konnte die nahe Nachbarschaft
und die Personalunion beider Sphären nicht wirkungslos bleiben.
Das zeigte sich in dem Entgegenkommen für die weibliche Zu-
hörerschaft, die sich bei den Universitäten meldete - einem
Entgegenkommen, für welches die Ansichten eines Theiles der
Professoren vorzugsweise bestimmend waren. Hier aber liegt
das Hauptproblem dessen, was die Zukunft bringen soll.

Wie sehr die neue Einrichtung verbreiteteren Strömungen
der weiblichen Welt entgegenkam, erwies sich darin, daß neben
den Lehrerinnen auch bei anderen Damen sich Jnteresse für
diese Vorlesungscurse zeigte; daß insbesondere mehrere historische
Fächer eine zahlreiche Zuhörerschaft von jüngeren und älteren
Damen der Stadt Göttingen erhielten. Gewiß steht diese freiere,
ungebundenere Art der Theilnahme nicht auf derselben Stufe
wie der Fleiß der Lehrerinnen, die alsbald ihren Ernst in einer
Prüfung zu beweisen haben, ja, die ihn unmittelbar in den
an die Vorlesungen sich knüpfenden Uebungen beweisen. Allein
man thut gut, auf diesen wie auf anderen Gebieten der fort-
schreitenden Geistesbildung die Fortschritte nicht mit dem Zoll-
stock messen und nur die auf solche Weise ermittelten Resultate
des Unterrichts anerkennen zu wollen. Man wird zunächst an
jedem guten Willen den Ansatz zum Besseren schätzen, und in

Raschheit und Jntelligenz der Auffassung mit den besten
Studenten aufnehmen könnten.“

Die Folge dieser günstigen Erfahrungen ist gewesen, daß
manche Universitätslehrer für die Sache gewonnen wurden, die
zuerst abseits standen. Es darf auch angenommen werden, daß
dadurch die Stimmung zu Gunsten des Frauenstudiums bei
den Universitäten etwas beeinflußt wurde. Denn zwar sind
diese Curse für Lehrerinnen ihrem rechtlichen Charakter nach
durchaus unabhängig von den Universitäten und deren Lehr-
einrichtungen; thatsächlich aber konnte die nahe Nachbarschaft
und die Personalunion beider Sphären nicht wirkungslos bleiben.
Das zeigte sich in dem Entgegenkommen für die weibliche Zu-
hörerschaft, die sich bei den Universitäten meldete – einem
Entgegenkommen, für welches die Ansichten eines Theiles der
Professoren vorzugsweise bestimmend waren. Hier aber liegt
das Hauptproblem dessen, was die Zukunft bringen soll.

Wie sehr die neue Einrichtung verbreiteteren Strömungen
der weiblichen Welt entgegenkam, erwies sich darin, daß neben
den Lehrerinnen auch bei anderen Damen sich Jnteresse für
diese Vorlesungscurse zeigte; daß insbesondere mehrere historische
Fächer eine zahlreiche Zuhörerschaft von jüngeren und älteren
Damen der Stadt Göttingen erhielten. Gewiß steht diese freiere,
ungebundenere Art der Theilnahme nicht auf derselben Stufe
wie der Fleiß der Lehrerinnen, die alsbald ihren Ernst in einer
Prüfung zu beweisen haben, ja, die ihn unmittelbar in den
an die Vorlesungen sich knüpfenden Uebungen beweisen. Allein
man thut gut, auf diesen wie auf anderen Gebieten der fort-
schreitenden Geistesbildung die Fortschritte nicht mit dem Zoll-
stock messen und nur die auf solche Weise ermittelten Resultate
des Unterrichts anerkennen zu wollen. Man wird zunächst an
jedem guten Willen den Ansatz zum Besseren schätzen, und in

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[206/0222] Raschheit und Jntelligenz der Auffassung mit den besten Studenten aufnehmen könnten.“ Die Folge dieser günstigen Erfahrungen ist gewesen, daß manche Universitätslehrer für die Sache gewonnen wurden, die zuerst abseits standen. Es darf auch angenommen werden, daß dadurch die Stimmung zu Gunsten des Frauenstudiums bei den Universitäten etwas beeinflußt wurde. Denn zwar sind diese Curse für Lehrerinnen ihrem rechtlichen Charakter nach durchaus unabhängig von den Universitäten und deren Lehr- einrichtungen; thatsächlich aber konnte die nahe Nachbarschaft und die Personalunion beider Sphären nicht wirkungslos bleiben. Das zeigte sich in dem Entgegenkommen für die weibliche Zu- hörerschaft, die sich bei den Universitäten meldete – einem Entgegenkommen, für welches die Ansichten eines Theiles der Professoren vorzugsweise bestimmend waren. Hier aber liegt das Hauptproblem dessen, was die Zukunft bringen soll. Wie sehr die neue Einrichtung verbreiteteren Strömungen der weiblichen Welt entgegenkam, erwies sich darin, daß neben den Lehrerinnen auch bei anderen Damen sich Jnteresse für diese Vorlesungscurse zeigte; daß insbesondere mehrere historische Fächer eine zahlreiche Zuhörerschaft von jüngeren und älteren Damen der Stadt Göttingen erhielten. Gewiß steht diese freiere, ungebundenere Art der Theilnahme nicht auf derselben Stufe wie der Fleiß der Lehrerinnen, die alsbald ihren Ernst in einer Prüfung zu beweisen haben, ja, die ihn unmittelbar in den an die Vorlesungen sich knüpfenden Uebungen beweisen. Allein man thut gut, auf diesen wie auf anderen Gebieten der fort- schreitenden Geistesbildung die Fortschritte nicht mit dem Zoll- stock messen und nur die auf solche Weise ermittelten Resultate des Unterrichts anerkennen zu wollen. Man wird zunächst an jedem guten Willen den Ansatz zum Besseren schätzen, und in

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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/222>, abgerufen am 03.05.2024.