Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Gemüthern Trost und Anregung, sie unterstützt ihren Mann
mit all den hundert kleinen Hülfsmitteln der weiblichen Seele
in seinem Kampfe gegen die Dämonen.

V.

Jst nun aber jene Linie überschritten, die zur Ausfüllung
der einmal vorhandenen Lücke an weiblicher Berufsthätigkeit
überschritten werden muß, tritt die Frauenarbeit in Concurrenz
mit der männlichen Berufsarbeit, so entsteht eine neue Frage.
Oder es wird durch neue Erscheinungen die Erörterung einer
alten Principienfrage angeregt. Ob die fortschreitende Arbeiter-
schutzgesetzgebung mit ihren Einschränkungen der Frauenarbeit
auf den Gegensatz der Bewegung für Erweiterung der Erwerbs-
gebiete des weiblichen Geschlechts stößt; ob umgekehrt die Setzer-
gehülfen sich gegen die neue Concurrenz der Setzerinnen wehren,
wie der Bericht des Lettevereins über seine Setzerinnenschule
mittheilt; ob die Schneidergesellen eine Revolte machen und von
der Regierung die Abschaffung der Schneidermamsellen fordern,
wie es Adalbert von Chamisso vor sechzig Jahren in einem
bekannten Liede verewigt hat; oder ob endlich die Aerzte und
Apotheker sich heutzutage gegen weibliche Aerzte, weibliche Apo-
theker zu wehren suchen - die Principienfrage ist immer die-
selbe.

Worin besteht sie?

Das eben erwähnte schöne Beispiel von dem Jrrenhaus-
director und seiner Gattin zeigt uns eine ideale Lösung des
Problems. Hier vereinigt sich weibliche Arbeit mit der Berufs-
thätigkeit des Mannes, und zwar unter Umständen, welche die

Gemüthern Trost und Anregung, sie unterstützt ihren Mann
mit all den hundert kleinen Hülfsmitteln der weiblichen Seele
in seinem Kampfe gegen die Dämonen.

V.

Jst nun aber jene Linie überschritten, die zur Ausfüllung
der einmal vorhandenen Lücke an weiblicher Berufsthätigkeit
überschritten werden muß, tritt die Frauenarbeit in Concurrenz
mit der männlichen Berufsarbeit, so entsteht eine neue Frage.
Oder es wird durch neue Erscheinungen die Erörterung einer
alten Principienfrage angeregt. Ob die fortschreitende Arbeiter-
schutzgesetzgebung mit ihren Einschränkungen der Frauenarbeit
auf den Gegensatz der Bewegung für Erweiterung der Erwerbs-
gebiete des weiblichen Geschlechts stößt; ob umgekehrt die Setzer-
gehülfen sich gegen die neue Concurrenz der Setzerinnen wehren,
wie der Bericht des Lettevereins über seine Setzerinnenschule
mittheilt; ob die Schneidergesellen eine Revolte machen und von
der Regierung die Abschaffung der Schneidermamsellen fordern,
wie es Adalbert von Chamisso vor sechzig Jahren in einem
bekannten Liede verewigt hat; oder ob endlich die Aerzte und
Apotheker sich heutzutage gegen weibliche Aerzte, weibliche Apo-
theker zu wehren suchen – die Principienfrage ist immer die-
selbe.

Worin besteht sie?

Das eben erwähnte schöne Beispiel von dem Jrrenhaus-
director und seiner Gattin zeigt uns eine ideale Lösung des
Problems. Hier vereinigt sich weibliche Arbeit mit der Berufs-
thätigkeit des Mannes, und zwar unter Umständen, welche die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0165" n="149"/>
Gemüthern Trost und Anregung, sie unterstützt ihren Mann<lb/>
mit all den hundert kleinen Hülfsmitteln der weiblichen Seele<lb/>
in seinem Kampfe gegen die Dämonen.</p><lb/>
        </div>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">V</hi>.</head><lb/>
          <p>Jst nun aber jene Linie überschritten, die zur Ausfüllung<lb/>
der einmal vorhandenen Lücke an weiblicher Berufsthätigkeit<lb/>
überschritten werden muß, tritt die Frauenarbeit in Concurrenz<lb/>
mit der männlichen Berufsarbeit, so entsteht eine neue Frage.<lb/>
Oder es wird durch neue Erscheinungen die Erörterung einer<lb/>
alten Principienfrage angeregt. Ob die fortschreitende Arbeiter-<lb/>
schutzgesetzgebung mit ihren Einschränkungen der Frauenarbeit<lb/>
auf den Gegensatz der Bewegung für Erweiterung der Erwerbs-<lb/>
gebiete des weiblichen Geschlechts stößt; ob umgekehrt die Setzer-<lb/>
gehülfen sich gegen die neue Concurrenz der Setzerinnen wehren,<lb/>
wie der Bericht des Lettevereins über seine Setzerinnenschule<lb/>
mittheilt; ob die Schneidergesellen eine Revolte machen und von<lb/>
der Regierung die Abschaffung der Schneidermamsellen fordern,<lb/>
wie es Adalbert von Chamisso vor sechzig Jahren in einem<lb/>
bekannten Liede verewigt hat; oder ob endlich die Aerzte und<lb/>
Apotheker sich heutzutage gegen weibliche Aerzte, weibliche Apo-<lb/>
theker zu wehren suchen &#x2013; die Principienfrage ist immer die-<lb/>
selbe.</p><lb/>
          <p>Worin besteht sie?</p><lb/>
          <p>Das eben erwähnte schöne Beispiel von dem Jrrenhaus-<lb/>
director und seiner Gattin zeigt uns eine ideale Lösung des<lb/>
Problems. Hier vereinigt sich weibliche Arbeit mit der Berufs-<lb/>
thätigkeit des Mannes, und zwar unter Umständen, welche die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0165] Gemüthern Trost und Anregung, sie unterstützt ihren Mann mit all den hundert kleinen Hülfsmitteln der weiblichen Seele in seinem Kampfe gegen die Dämonen. V. Jst nun aber jene Linie überschritten, die zur Ausfüllung der einmal vorhandenen Lücke an weiblicher Berufsthätigkeit überschritten werden muß, tritt die Frauenarbeit in Concurrenz mit der männlichen Berufsarbeit, so entsteht eine neue Frage. Oder es wird durch neue Erscheinungen die Erörterung einer alten Principienfrage angeregt. Ob die fortschreitende Arbeiter- schutzgesetzgebung mit ihren Einschränkungen der Frauenarbeit auf den Gegensatz der Bewegung für Erweiterung der Erwerbs- gebiete des weiblichen Geschlechts stößt; ob umgekehrt die Setzer- gehülfen sich gegen die neue Concurrenz der Setzerinnen wehren, wie der Bericht des Lettevereins über seine Setzerinnenschule mittheilt; ob die Schneidergesellen eine Revolte machen und von der Regierung die Abschaffung der Schneidermamsellen fordern, wie es Adalbert von Chamisso vor sechzig Jahren in einem bekannten Liede verewigt hat; oder ob endlich die Aerzte und Apotheker sich heutzutage gegen weibliche Aerzte, weibliche Apo- theker zu wehren suchen – die Principienfrage ist immer die- selbe. Worin besteht sie? Das eben erwähnte schöne Beispiel von dem Jrrenhaus- director und seiner Gattin zeigt uns eine ideale Lösung des Problems. Hier vereinigt sich weibliche Arbeit mit der Berufs- thätigkeit des Mannes, und zwar unter Umständen, welche die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2021-02-18T15:54:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt, Juliane Nau: Bearbeitung der digitalen Edition. (2021-02-18T15:54:56Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/165
Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/165>, abgerufen am 19.04.2024.