p2c_560.002 Von der niedern lyrischen Poesie. ------
p2c_560.003 §. 1.
p2c_560.004 Die lyrischen Gedichte, in welchen das niederep2c_560.005 Schöne herrscht, wollen wir, wenn sie nicht durch eine p2c_560.006 besondere Form, oder Modisication des Schönen eine p2c_560.007 andere Benennung erhalten, Elegieen nennen.
p2c_560.008 Anmerk. Daß die Elegie (von eleon legein) p2c_560.009 ursprünglich ein Klagegesang über den Tod eines Freundes p2c_560.010 bedeute, scheint Ovid Amor. L. III, el. 9. andenten zu p2c_560.011 wollen, wo er den Tod des Tibulls beweint. Flebilis indignos, p2c_560.012 elegeia, solve capillos, ah nimis ex verop2c_560.013 nunc tibi nomen erit. Horaz nennt die elegos miserabiles. p2c_560.014 - Er sagt, man kenne den Erfinder derselben p2c_560.015 nicht. Wenn die Ode zur Leyer gesungen ward, so p2c_560.016 scheint die Elegie mehr zur Tibia gesungen worden zu seyn, p2c_560.017 und auch dies zeigt ihren Ursprung in den Todtenfesten. p2c_560.018 Didymus definirt dies Gedicht threnon adomenon pros aulon. p2c_560.019 Späterhin ist man dahin übereingekommen, ein jedes p2c_560.020 empfindungsvolle Gedicht, in welchem das niedere Schöne, p2c_560.021 besonders das Sanfte herrscht, Elegie zu nennen, wenn
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Zweyter Unterabschnitt.
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p2c_560.004 Die lyrischen Gedichte, in welchen das niederep2c_560.005 Schöne herrscht, wollen wir, wenn sie nicht durch eine p2c_560.006 besondere Form, oder Modisication des Schönen eine p2c_560.007 andere Benennung erhalten, Elegieen nennen.
p2c_560.008 Anmerk. Daß die Elegie (von ἐλεον λεγειν) p2c_560.009 ursprünglich ein Klagegesang über den Tod eines Freundes p2c_560.010 bedeute, scheint Ovid Amor. L. III, el. 9. andenten zu p2c_560.011 wollen, wo er den Tod des Tibulls beweint. Flebilis indignos, p2c_560.012 elegeia, solve capillos, ah nimis ex verop2c_560.013 nunc tibi nomen erit. Horaz nennt die elegos miserabiles. p2c_560.014 ─ Er sagt, man kenne den Erfinder derselben p2c_560.015 nicht. Wenn die Ode zur Leyer gesungen ward, so p2c_560.016 scheint die Elegie mehr zur Tibia gesungen worden zu seyn, p2c_560.017 und auch dies zeigt ihren Ursprung in den Todtenfesten. p2c_560.018 Didymus definirt dies Gedicht θρηνον ἁδομενον προς αὐλον. p2c_560.019 Späterhin ist man dahin übereingekommen, ein jedes p2c_560.020 empfindungsvolle Gedicht, in welchem das niedere Schöne, p2c_560.021 besonders das Sanfte herrscht, Elegie zu nennen, wenn
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804, S. E560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik02_1804/84>, abgerufen am 16.02.2025.
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