Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_710.001 p2c_710.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0234" n="710"/><lb n="p2c_710.001"/> werden die sogenannten geistigen, im fünften und sechsten <lb n="p2c_710.002"/> Buch die sogenannten körperlichen Naturerscheinungen erklärt. <lb n="p2c_710.003"/> Das dritte Buch betrachtet die Seele selbst, das vierte Buch <lb n="p2c_710.004"/> die Erscheinungen und Wirkungen der Seele. Das fünfte <lb n="p2c_710.005"/> Buch betrachtet die körperliche beharrliche Natur. Das <lb n="p2c_710.006"/> sechste Buch die Naturerscheinungen. ─ Wahrscheinlich <lb n="p2c_710.007"/> hat er, oder Empedocles ein philosophisches Werk bey diesen <lb n="p2c_710.008"/> Poesien zum Grunde gelegt. Wenn auch gleich Lukrez <lb n="p2c_710.009"/> also ziemlich logisch ist, wenn er auch oft seinen allgemeinen <lb n="p2c_710.010"/> Jdeengang wiederholt, so beginnt er doch jedes Buch mit <lb n="p2c_710.011"/> einer freyen lyrischen Digression, mit einem Lobe der Weisheit, <lb n="p2c_710.012"/> des Epikur u. s. w. Er macht nie logische Eintheilungen, <lb n="p2c_710.013"/> wenn er sie auch befolgt. Nur hierinn sucht er die <lb n="p2c_710.014"/> <hi rendition="#g">Einheit</hi> seines Werks, daß er <hi rendition="#g">Ein Hauptprinzip</hi> <lb n="p2c_710.015"/> durchführt, welches er auch gleich anfangs als das Licht <lb n="p2c_710.016"/> des Ganzen aufstellt. <hi rendition="#aq">Principium hinc cuius nobis exordia <lb n="p2c_710.017"/> sumet, ex nihilo nihilum in nihilum nil posse <lb n="p2c_710.018"/> reverti</hi>. Er ist immer von der ganzen Jdee des epikurischen <lb n="p2c_710.019"/> Systems durchdrungen, bringt dieses Licht in den <lb n="p2c_710.020"/> Schauplatz der Natur, und eröffnet uns von derselben dadurch <lb n="p2c_710.021"/> eben so <hi rendition="#g">lebendige</hi> als begreifliche Ansichten. So <lb n="p2c_710.022"/> oft er kann, giebt er mittelst seiner Hauptidee keine <hi rendition="#g">logische,</hi> <lb n="p2c_710.023"/> sondern eine poetische und eigentlich philosophische <lb n="p2c_710.024"/> Uebersicht des Ganzen. Eben so herrscht <hi rendition="#g">Eine</hi> Hauptempfindung <lb n="p2c_710.025"/> in dem lukrezischen Gedicht, das hohe Gefühl von <lb n="p2c_710.026"/> der Würde der Weisheit, die sich über den menschlichen <lb n="p2c_710.027"/> Wahn erhebt, und in die innere Werkstatt der Natur dringt. <lb n="p2c_710.028"/> Jndessen ist der Plan des Werks doch vielleicht zu abstract </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [710/0234]
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werden die sogenannten geistigen, im fünften und sechsten p2c_710.002
Buch die sogenannten körperlichen Naturerscheinungen erklärt. p2c_710.003
Das dritte Buch betrachtet die Seele selbst, das vierte Buch p2c_710.004
die Erscheinungen und Wirkungen der Seele. Das fünfte p2c_710.005
Buch betrachtet die körperliche beharrliche Natur. Das p2c_710.006
sechste Buch die Naturerscheinungen. ─ Wahrscheinlich p2c_710.007
hat er, oder Empedocles ein philosophisches Werk bey diesen p2c_710.008
Poesien zum Grunde gelegt. Wenn auch gleich Lukrez p2c_710.009
also ziemlich logisch ist, wenn er auch oft seinen allgemeinen p2c_710.010
Jdeengang wiederholt, so beginnt er doch jedes Buch mit p2c_710.011
einer freyen lyrischen Digression, mit einem Lobe der Weisheit, p2c_710.012
des Epikur u. s. w. Er macht nie logische Eintheilungen, p2c_710.013
wenn er sie auch befolgt. Nur hierinn sucht er die p2c_710.014
Einheit seines Werks, daß er Ein Hauptprinzip p2c_710.015
durchführt, welches er auch gleich anfangs als das Licht p2c_710.016
des Ganzen aufstellt. Principium hinc cuius nobis exordia p2c_710.017
sumet, ex nihilo nihilum in nihilum nil posse p2c_710.018
reverti. Er ist immer von der ganzen Jdee des epikurischen p2c_710.019
Systems durchdrungen, bringt dieses Licht in den p2c_710.020
Schauplatz der Natur, und eröffnet uns von derselben dadurch p2c_710.021
eben so lebendige als begreifliche Ansichten. So p2c_710.022
oft er kann, giebt er mittelst seiner Hauptidee keine logische, p2c_710.023
sondern eine poetische und eigentlich philosophische p2c_710.024
Uebersicht des Ganzen. Eben so herrscht Eine Hauptempfindung p2c_710.025
in dem lukrezischen Gedicht, das hohe Gefühl von p2c_710.026
der Würde der Weisheit, die sich über den menschlichen p2c_710.027
Wahn erhebt, und in die innere Werkstatt der Natur dringt. p2c_710.028
Jndessen ist der Plan des Werks doch vielleicht zu abstract
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