Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_620.001 p2c_620.015 p2c_620.016 p2c_620.021 p2c_620.001 p2c_620.015 p2c_620.016 p2c_620.021 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0144" n="620"/><lb n="p2c_620.001"/> darinn alles bunt durch einander geht. Daß die Personen <lb n="p2c_620.002"/> ihrem Charakter angemessen sprechen müssen, versteht sich <lb n="p2c_620.003"/> von selbst. Ein großer Theil der Shakespearschen Stücke <lb n="p2c_620.004"/> ist nicht zur Tragödie, sondern zum <hi rendition="#g">romantischen</hi> Gedicht <lb n="p2c_620.005"/> in dramatisirender Form zu rechnen. Das beste Muster <lb n="p2c_620.006"/> für diese Gattung giebt des Englischen Dichters <hi rendition="#g">Heinrich</hi> <lb n="p2c_620.007"/> der <hi rendition="#g">vierte,</hi> wo der genialische Charakter des Kronprinzen <lb n="p2c_620.008"/> geschildert wird, und <hi rendition="#g">Göthes</hi> Götz von Berlichingen. <lb n="p2c_620.009"/> Am besten ists hier, wie auch Shakespear thut, <lb n="p2c_620.010"/> daß <hi rendition="#g">Prosa</hi> und Metrum mit einander abwechseln, da <lb n="p2c_620.011"/> es in einem dergleichen Gedichte bald höhere lyrische Momente, <lb n="p2c_620.012"/> bald gemeinere Situationen giebt. ─ Schillers <lb n="p2c_620.013"/> Wallenstein und seine Jungfrau gehören auch hierher. Es <lb n="p2c_620.014"/> sind mehr dramatisirte romantische Gedichte, als Tragödien.</p> <p> <hi rendition="#c"><lb n="p2c_620.015"/> §. 5.</hi> </p> <p><lb n="p2c_620.016"/><hi rendition="#aq">IC</hi>. Die <hi rendition="#g">Tragödie</hi> ist die Darstellung einer <lb n="p2c_620.017"/> <hi rendition="#g">heroischen</hi> Handlung, welche die Empfindungen <lb n="p2c_620.018"/> des höhern Schönen erweckt, in vollkommner Form <lb n="p2c_620.019"/> des <hi rendition="#g">Drama</hi> d. h. zu dem Zweck eingerichtet, mit der <lb n="p2c_620.020"/> Schauspielkunst verbunden zu werden.</p> <p><lb n="p2c_620.021"/><hi rendition="#g">Anmerk.</hi> Die <hi rendition="#g">Tragödie</hi> ist für die darstellende <lb n="p2c_620.022"/> Poesie ungefähr das, was die <hi rendition="#g">Ode</hi> für die <hi rendition="#g">lyrische</hi> <lb n="p2c_620.023"/> war. Wir nannten die Ode das vollkommenste lyrische Gedicht. <lb n="p2c_620.024"/> So ist auch die Tragödie gleichsam die höchste Potenz <lb n="p2c_620.025"/> der darstellenden Poesie. Dem Heldendichter gehn weit </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [620/0144]
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darinn alles bunt durch einander geht. Daß die Personen p2c_620.002
ihrem Charakter angemessen sprechen müssen, versteht sich p2c_620.003
von selbst. Ein großer Theil der Shakespearschen Stücke p2c_620.004
ist nicht zur Tragödie, sondern zum romantischen Gedicht p2c_620.005
in dramatisirender Form zu rechnen. Das beste Muster p2c_620.006
für diese Gattung giebt des Englischen Dichters Heinrich p2c_620.007
der vierte, wo der genialische Charakter des Kronprinzen p2c_620.008
geschildert wird, und Göthes Götz von Berlichingen. p2c_620.009
Am besten ists hier, wie auch Shakespear thut, p2c_620.010
daß Prosa und Metrum mit einander abwechseln, da p2c_620.011
es in einem dergleichen Gedichte bald höhere lyrische Momente, p2c_620.012
bald gemeinere Situationen giebt. ─ Schillers p2c_620.013
Wallenstein und seine Jungfrau gehören auch hierher. Es p2c_620.014
sind mehr dramatisirte romantische Gedichte, als Tragödien.
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§. 5.
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IC. Die Tragödie ist die Darstellung einer p2c_620.017
heroischen Handlung, welche die Empfindungen p2c_620.018
des höhern Schönen erweckt, in vollkommner Form p2c_620.019
des Drama d. h. zu dem Zweck eingerichtet, mit der p2c_620.020
Schauspielkunst verbunden zu werden.
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Anmerk. Die Tragödie ist für die darstellende p2c_620.022
Poesie ungefähr das, was die Ode für die lyrische p2c_620.023
war. Wir nannten die Ode das vollkommenste lyrische Gedicht. p2c_620.024
So ist auch die Tragödie gleichsam die höchste Potenz p2c_620.025
der darstellenden Poesie. Dem Heldendichter gehn weit
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