Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_608.001 p2c_608.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0132" n="608"/><lb n="p2c_608.001"/> sind zu langweilig, zumal für uns, es giebt Widersprüche <lb n="p2c_608.002"/> in der Schilderung des Schlachtfelds, in der Geschichte <lb n="p2c_608.003"/> der Helden. Doch sind deren wenige. Einige <lb n="p2c_608.004"/> Wiederholungen zeigen von Schwäche, z. B. <hi rendition="#aq">Il. VIII</hi>. 70. <lb n="p2c_608.005"/> wo Jupiter das Loos des Treffens wägt, ist diese Jdee weit <lb n="p2c_608.006"/> kraftloser, als wo er das Schicksal Achills und Hectors <lb n="p2c_608.007"/> wägt, im zwey und zwanzigsten Buch. Hier ist vermuthlich <lb n="p2c_608.008"/> Nachahmung eines andern Rhapsoden. Jm Ganzen <lb n="p2c_608.009"/> genommen ist aber doch <hi rendition="#g">ein</hi> Hauptheld, ein <hi rendition="#g">Hauptinteresse.</hi> <lb n="p2c_608.010"/> ─ Wenig Dichter haben vermocht ihren <hi rendition="#g">Haupthelden</hi> <lb n="p2c_608.011"/> die Würde, die Theilnahme zu verschaffen, wie <lb n="p2c_608.012"/> Homer. <hi rendition="#g">Aeneas</hi> ist ohne alle Selbstthätigkeit, er ist <lb n="p2c_608.013"/> undelicat, gefühllos gegen die Dido. Träume und Weissagungen, <lb n="p2c_608.014"/> sein Vater Anchises leiten ihn. ─ Klopstock <lb n="p2c_608.015"/> hat seinen Helden zu sehr von Seiten der physischen Allmacht <lb n="p2c_608.016"/> gezeigt. Jm <hi rendition="#g">Evangelio</hi> ist es der <hi rendition="#g">moralische</hi> Gott, <lb n="p2c_608.017"/> verbunden mit der Menschennatur. Darum ist der Messias <lb n="p2c_608.018"/> im Evangelio weit liebenswürdiger, als in der Messiade. ─ <lb n="p2c_608.019"/> Der Kampf im fünften Gesang, das Gericht ist mit den <lb n="p2c_608.020"/> wirklichen Leiden des verlassenen Christus am Oelberg nicht <lb n="p2c_608.021"/> zu vergleichen. Es ist erhaben und feyerlich, aber zu <hi rendition="#g">mystisch,</hi> <lb n="p2c_608.022"/> zu dunkel gehalten ─ als daß es aller Theilnahme <lb n="p2c_608.023"/> erregen sollte. ─ So viel von dem <hi rendition="#g">Helden</hi> des Heldengedichts. <lb n="p2c_608.024"/> 3) Da das Heldengedicht gleichsam eine Periode <lb n="p2c_608.025"/> der Universalgeschichte in einem Moment anschaulich <lb n="p2c_608.026"/> darstellt, so muß es auch, um die Begebenheit zu erklären, <lb n="p2c_608.027"/> die Mächte, welche das Schicksal lenken, nach der Vorstellungsart <lb n="p2c_608.028"/> des Zeitalters schildern. Daher verlangen die </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [608/0132]
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sind zu langweilig, zumal für uns, es giebt Widersprüche p2c_608.002
in der Schilderung des Schlachtfelds, in der Geschichte p2c_608.003
der Helden. Doch sind deren wenige. Einige p2c_608.004
Wiederholungen zeigen von Schwäche, z. B. Il. VIII. 70. p2c_608.005
wo Jupiter das Loos des Treffens wägt, ist diese Jdee weit p2c_608.006
kraftloser, als wo er das Schicksal Achills und Hectors p2c_608.007
wägt, im zwey und zwanzigsten Buch. Hier ist vermuthlich p2c_608.008
Nachahmung eines andern Rhapsoden. Jm Ganzen p2c_608.009
genommen ist aber doch ein Hauptheld, ein Hauptinteresse. p2c_608.010
─ Wenig Dichter haben vermocht ihren Haupthelden p2c_608.011
die Würde, die Theilnahme zu verschaffen, wie p2c_608.012
Homer. Aeneas ist ohne alle Selbstthätigkeit, er ist p2c_608.013
undelicat, gefühllos gegen die Dido. Träume und Weissagungen, p2c_608.014
sein Vater Anchises leiten ihn. ─ Klopstock p2c_608.015
hat seinen Helden zu sehr von Seiten der physischen Allmacht p2c_608.016
gezeigt. Jm Evangelio ist es der moralische Gott, p2c_608.017
verbunden mit der Menschennatur. Darum ist der Messias p2c_608.018
im Evangelio weit liebenswürdiger, als in der Messiade. ─ p2c_608.019
Der Kampf im fünften Gesang, das Gericht ist mit den p2c_608.020
wirklichen Leiden des verlassenen Christus am Oelberg nicht p2c_608.021
zu vergleichen. Es ist erhaben und feyerlich, aber zu mystisch, p2c_608.022
zu dunkel gehalten ─ als daß es aller Theilnahme p2c_608.023
erregen sollte. ─ So viel von dem Helden des Heldengedichts. p2c_608.024
3) Da das Heldengedicht gleichsam eine Periode p2c_608.025
der Universalgeschichte in einem Moment anschaulich p2c_608.026
darstellt, so muß es auch, um die Begebenheit zu erklären, p2c_608.027
die Mächte, welche das Schicksal lenken, nach der Vorstellungsart p2c_608.028
des Zeitalters schildern. Daher verlangen die
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