Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_607.001 p2c_607.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0131" n="607"/><lb n="p2c_607.001"/> des Schicksals liegen. Dies ist vielleicht zu tadeln. Aber <lb n="p2c_607.002"/> dieses Hauptinteresse wird doch durchgeführt. Es zeigen <lb n="p2c_607.003"/> sich <hi rendition="#g">Schwierigkeiten.</hi> Agamemnons Rede wird von <lb n="p2c_607.004"/> den Griechen mißverstanden. Sie wollen nach Hause kehren. <lb n="p2c_607.005"/> Aber da wäre Achill nicht gerochen worden. Ulysses <lb n="p2c_607.006"/> hält die Einschiffenden ab mit Hülfe der Götter. Man will <lb n="p2c_607.007"/> den Krieg durch einen Zweykampf enden. Aber dann wär <lb n="p2c_607.008"/> Achill nicht gerochen worden. Die Götter verhindern die <lb n="p2c_607.009"/> Erfüllung des geschloßnen Bundes. Die Griechen sind <lb n="p2c_607.010"/> tapfer. Juno steht ihnen bey, ─ aber die Trojaner sollen <lb n="p2c_607.011"/> siegen. Denn sonst wär Achill nicht gerochen. Nun <lb n="p2c_607.012"/> empfängt er aber auch die Strafe für die Erfüllung seines <lb n="p2c_607.013"/> leidenschaftlichen Wunsches. Er verliehrt seinen Freund <lb n="p2c_607.014"/> Patroclus. Dies ist der <hi rendition="#g">Weltlauf</hi> im Ganzen dargestellt. <lb n="p2c_607.015"/> Nimmt man dazu die mannichfaltigen Leidenschaften <lb n="p2c_607.016"/> der Menschen und Götter, ihre Jntriguen wider einander, <lb n="p2c_607.017"/> die alle harmonisch in den Plan des Schicksals wirken, so <lb n="p2c_607.018"/> sehr sie wider einander laufen. ─ Sieht man auf die <lb n="p2c_607.019"/> Mannichfaltigkeit der Charaktere, die sich immer treu bleiben, <lb n="p2c_607.020"/> die selbst in äußern kleinen Umständen consequent geschildert <lb n="p2c_607.021"/> werden, (z. B. in der Art, wie die Helden, der wildromantische <lb n="p2c_607.022"/> Diomedes, der bejahrte Nestor daheim in ihren Zelten <lb n="p2c_607.023"/> gefunden werden,) so ist die <hi rendition="#g">Einheit</hi> gar nicht zu läugnen. <lb n="p2c_607.024"/> Einzelne Stellen mögen von den Rhapsoden eingeflickt seyn, <lb n="p2c_607.025"/> der Styl ist allerdings zuweilen sehr verschieden. Das Gedicht <lb n="p2c_607.026"/> mag selbst im Geiste des Dichters rhapsodisch existirt <lb n="p2c_607.027"/> haben, wenn er die Schreibkunst nicht kannte. Das Ganze <lb n="p2c_607.028"/> lag doch in seiner Seele. Einzelne Schlachtbeschreibungen </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [607/0131]
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des Schicksals liegen. Dies ist vielleicht zu tadeln. Aber p2c_607.002
dieses Hauptinteresse wird doch durchgeführt. Es zeigen p2c_607.003
sich Schwierigkeiten. Agamemnons Rede wird von p2c_607.004
den Griechen mißverstanden. Sie wollen nach Hause kehren. p2c_607.005
Aber da wäre Achill nicht gerochen worden. Ulysses p2c_607.006
hält die Einschiffenden ab mit Hülfe der Götter. Man will p2c_607.007
den Krieg durch einen Zweykampf enden. Aber dann wär p2c_607.008
Achill nicht gerochen worden. Die Götter verhindern die p2c_607.009
Erfüllung des geschloßnen Bundes. Die Griechen sind p2c_607.010
tapfer. Juno steht ihnen bey, ─ aber die Trojaner sollen p2c_607.011
siegen. Denn sonst wär Achill nicht gerochen. Nun p2c_607.012
empfängt er aber auch die Strafe für die Erfüllung seines p2c_607.013
leidenschaftlichen Wunsches. Er verliehrt seinen Freund p2c_607.014
Patroclus. Dies ist der Weltlauf im Ganzen dargestellt. p2c_607.015
Nimmt man dazu die mannichfaltigen Leidenschaften p2c_607.016
der Menschen und Götter, ihre Jntriguen wider einander, p2c_607.017
die alle harmonisch in den Plan des Schicksals wirken, so p2c_607.018
sehr sie wider einander laufen. ─ Sieht man auf die p2c_607.019
Mannichfaltigkeit der Charaktere, die sich immer treu bleiben, p2c_607.020
die selbst in äußern kleinen Umständen consequent geschildert p2c_607.021
werden, (z. B. in der Art, wie die Helden, der wildromantische p2c_607.022
Diomedes, der bejahrte Nestor daheim in ihren Zelten p2c_607.023
gefunden werden,) so ist die Einheit gar nicht zu läugnen. p2c_607.024
Einzelne Stellen mögen von den Rhapsoden eingeflickt seyn, p2c_607.025
der Styl ist allerdings zuweilen sehr verschieden. Das Gedicht p2c_607.026
mag selbst im Geiste des Dichters rhapsodisch existirt p2c_607.027
haben, wenn er die Schreibkunst nicht kannte. Das Ganze p2c_607.028
lag doch in seiner Seele. Einzelne Schlachtbeschreibungen
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