Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Zweiter Theil. Leipzig, 1804.p2c_606.001 p2c_606.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0130" n="606"/><lb n="p2c_606.001"/><hi rendition="#g">ehrt</hi> ihn, darum begünstigt er die Trojaner. Schon daß <lb n="p2c_606.002"/> er seinen Waffenbruder Patroclus sendet ist für die Bedrängten <lb n="p2c_606.003"/> eine große Hülfe. Und nun endlich erscheint er, handelt <lb n="p2c_606.004"/> kurz, und gebietet Entscheidung, wie ein Gott, wodurch <lb n="p2c_606.005"/> er der erregten Erwartung völlig entspricht. <hi rendition="#g">Hector,</hi> <lb n="p2c_606.006"/> wendet man ein, schadet dem <hi rendition="#g">Achill,</hi> durch das Jnteresse, <lb n="p2c_606.007"/> das seine Liebenswürdigkeit einflößt. Es ist wahr, <lb n="p2c_606.008"/> Achill ist rauh und wild. Es ist ein großes, wunderbares <lb n="p2c_606.009"/> Naturwesen mit heftigen Leidenschaften, voll Rachsucht und <lb n="p2c_606.010"/> Grimm. Doch er ist beharrlich in seinem Entschluß, er <lb n="p2c_606.011"/> hat auch gefällige Eigenschaften. Dies zeigt sein Betragen <lb n="p2c_606.012"/> gegen den Priamus, gegen die Herolde, welche die Briseis <lb n="p2c_606.013"/> fortführen, seine treue anhängliche Freundschaft für den <lb n="p2c_606.014"/> Patroclus. Uebrigens ist er ein Nazionalheld der Griechen. <lb n="p2c_606.015"/> Was kann Homer dafür, daß Hector mehr für unsern Sinn <lb n="p2c_606.016"/> ist? Achill ist der Sohn einer Göttin, größer, stolzer und <lb n="p2c_606.017"/> in seiner Lage nicht schlechter. Ueberhaupt ist die innere <lb n="p2c_606.018"/> Organisation der Jliade zu einer ganzen vollkommnen Handlung <lb n="p2c_606.019"/> unverkennbar. Mag sie ein Werk des Zufalls, mehrerer <lb n="p2c_606.020"/> Menschen seyn ─ so ist sie doch weit mehr durch einen <lb n="p2c_606.021"/> innern Schöpfergeist zusammengehalten, als die Aeneide, <lb n="p2c_606.022"/> welche ausgemacht das Werk eines einzigen ist. ─ Der <lb n="p2c_606.023"/> <hi rendition="#g">Hauptstoff,</hi> der <hi rendition="#g">Zorn</hi> des <hi rendition="#g">Achilles</hi> als eine Ursache <lb n="p2c_606.024"/> großer Folgen, eine Kette von Begebenheiten, ist, wie wir <lb n="p2c_606.025"/> bewiesen haben, vollkommen bis zum Ende durchgeführt. <lb n="p2c_606.026"/> Das <hi rendition="#g">Hauptinteresse</hi> ist das des Achills, der Thetis, <lb n="p2c_606.027"/> des Jupiters, daß der ungerecht beleidigte Achill <lb n="p2c_606.028"/> gerochen werde. Mag darinnen eine <hi rendition="#g">Jnhumanität</hi> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [606/0130]
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ehrt ihn, darum begünstigt er die Trojaner. Schon daß p2c_606.002
er seinen Waffenbruder Patroclus sendet ist für die Bedrängten p2c_606.003
eine große Hülfe. Und nun endlich erscheint er, handelt p2c_606.004
kurz, und gebietet Entscheidung, wie ein Gott, wodurch p2c_606.005
er der erregten Erwartung völlig entspricht. Hector, p2c_606.006
wendet man ein, schadet dem Achill, durch das Jnteresse, p2c_606.007
das seine Liebenswürdigkeit einflößt. Es ist wahr, p2c_606.008
Achill ist rauh und wild. Es ist ein großes, wunderbares p2c_606.009
Naturwesen mit heftigen Leidenschaften, voll Rachsucht und p2c_606.010
Grimm. Doch er ist beharrlich in seinem Entschluß, er p2c_606.011
hat auch gefällige Eigenschaften. Dies zeigt sein Betragen p2c_606.012
gegen den Priamus, gegen die Herolde, welche die Briseis p2c_606.013
fortführen, seine treue anhängliche Freundschaft für den p2c_606.014
Patroclus. Uebrigens ist er ein Nazionalheld der Griechen. p2c_606.015
Was kann Homer dafür, daß Hector mehr für unsern Sinn p2c_606.016
ist? Achill ist der Sohn einer Göttin, größer, stolzer und p2c_606.017
in seiner Lage nicht schlechter. Ueberhaupt ist die innere p2c_606.018
Organisation der Jliade zu einer ganzen vollkommnen Handlung p2c_606.019
unverkennbar. Mag sie ein Werk des Zufalls, mehrerer p2c_606.020
Menschen seyn ─ so ist sie doch weit mehr durch einen p2c_606.021
innern Schöpfergeist zusammengehalten, als die Aeneide, p2c_606.022
welche ausgemacht das Werk eines einzigen ist. ─ Der p2c_606.023
Hauptstoff, der Zorn des Achilles als eine Ursache p2c_606.024
großer Folgen, eine Kette von Begebenheiten, ist, wie wir p2c_606.025
bewiesen haben, vollkommen bis zum Ende durchgeführt. p2c_606.026
Das Hauptinteresse ist das des Achills, der Thetis, p2c_606.027
des Jupiters, daß der ungerecht beleidigte Achill p2c_606.028
gerochen werde. Mag darinnen eine Jnhumanität
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