p1c_300.001 durch die Jdeenreihe herbeygeführt. Bey den Hebräern p1c_300.002 zeigt sich die Sentenz nicht blos im Lehrgedicht, sondern überall p1c_300.003 in den poetischen Stücken, und macht das Wesen des p1c_300.004 Numerus. Selbst das Jndividuelle bekommt die Formp1c_300.005 der Sentenz. Die Sentenzen stehen gewöhnlich in einer p1c_300.006 Art Parallelismus, und zwar bemerken die Kritiker einen p1c_300.007 dreyfachen Parallelismus. Synonyme Sentenzen, die dasselbe p1c_300.008 mit verschiedenen Worten sagen, (eine Art Coacervatio) p1c_300.009 - Antithetische Sentenzen oder Gegensätze - p1c_300.010 Syntactische Sentenzen, wo die Sentenzen parallel laufen, p1c_300.011 die sich nur der Form der Construction nach correspondiren. p1c_300.012 Oft stehen sich die Sentenzen in einem Colon gegenüber, oft p1c_300.013 in mehrern. "Völker beben, Reiche wanken, - Er donnert p1c_300.014 - es bebt die Erde! - Laßt ab und wisset: Jch p1c_300.015 bin Gott, erhaben über Völker - erhaben über die Erde." p1c_300.016 - Bey den profanen Dichtern sind die Sentenzen p1c_300.017 freylich etwas seltner, weil sie sich selten zu einer Stimmung p1c_300.018 erheben, worinnen der Mund der Menschen Orakel spricht. p1c_300.019 Doch findet sich besonders in Odendichtern und Tragikern die p1c_300.020 Sentenz, wenn die Empfindung höher steigt, und dann bekommt p1c_300.021 auch die Rede mehr Würde. Der Redende vergißt p1c_300.022 seine individuelle Lage, nimmt einen contemplativen Standpunkt p1c_300.023 über sich selbst an, und redet nun in allgemeinen p1c_300.024 Wahrheiten. Nur wenn die Sentenz auf eine solche Weise p1c_300.025 vorbereitet ist, macht sie die Rede nicht kalt. Zuweilen p1c_300.026 fängt wohl eine Ode mit der Sentenz an, aber dann ist sie p1c_300.027 mehr ein Bild. Z. B. iustum et tenacem propositi virum p1c_300.028 - integer vitae. Horat. Gewöhnlich steht sie
p1c_300.001 durch die Jdeenreihe herbeygeführt. Bey den Hebräern p1c_300.002 zeigt sich die Sentenz nicht blos im Lehrgedicht, sondern überall p1c_300.003 in den poetischen Stücken, und macht das Wesen des p1c_300.004 Numerus. Selbst das Jndividuelle bekommt die Formp1c_300.005 der Sentenz. Die Sentenzen stehen gewöhnlich in einer p1c_300.006 Art Parallelismus, und zwar bemerken die Kritiker einen p1c_300.007 dreyfachen Parallelismus. Synonyme Sentenzen, die dasselbe p1c_300.008 mit verschiedenen Worten sagen, (eine Art Coacervatio) p1c_300.009 ─ Antithetische Sentenzen oder Gegensätze ─ p1c_300.010 Syntactische Sentenzen, wo die Sentenzen parallel laufen, p1c_300.011 die sich nur der Form der Construction nach correspondiren. p1c_300.012 Oft stehen sich die Sentenzen in einem Colon gegenüber, oft p1c_300.013 in mehrern. „Völker beben, Reiche wanken, ─ Er donnert p1c_300.014 ─ es bebt die Erde! ─ Laßt ab und wisset: Jch p1c_300.015 bin Gott, erhaben über Völker ─ erhaben über die Erde.“ p1c_300.016 ─ Bey den profanen Dichtern sind die Sentenzen p1c_300.017 freylich etwas seltner, weil sie sich selten zu einer Stimmung p1c_300.018 erheben, worinnen der Mund der Menschen Orakel spricht. p1c_300.019 Doch findet sich besonders in Odendichtern und Tragikern die p1c_300.020 Sentenz, wenn die Empfindung höher steigt, und dann bekommt p1c_300.021 auch die Rede mehr Würde. Der Redende vergißt p1c_300.022 seine individuelle Lage, nimmt einen contemplativen Standpunkt p1c_300.023 über sich selbst an, und redet nun in allgemeinen p1c_300.024 Wahrheiten. Nur wenn die Sentenz auf eine solche Weise p1c_300.025 vorbereitet ist, macht sie die Rede nicht kalt. Zuweilen p1c_300.026 fängt wohl eine Ode mit der Sentenz an, aber dann ist sie p1c_300.027 mehr ein Bild. Z. B. iustum et tenacem propositi virum p1c_300.028 ─ integer vitae. Horat. Gewöhnlich steht sie
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/358>, abgerufen am 23.11.2024.
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