Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.p1c_201.001 p1c_201.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0259" n="201"/><lb n="p1c_201.001"/> der Argonauticon des Apollonius ist besonders die Beschreibung <lb n="p1c_201.002"/> des kindischen Amors und die Liebe der Medea hierher <lb n="p1c_201.003"/> zu rechnen. <foreign xml:lang="grc">Οἱ δ' ἠεσαν ἐκ μεγαροιο</foreign>. <foreign xml:lang="grc">θεσπεσιον δ' ἐν</foreign> <lb n="p1c_201.004"/> <foreign xml:lang="grc">πασι μετεπρεπεν αἰδονος ὑιος, καλλεϊ και χαριτεσσιν</foreign>. <lb n="p1c_201.005"/> <foreign xml:lang="grc">επ ἀυτῳ δ</foreign>'<foreign xml:lang="grc">ομματα κουρη λοξα παρα λιπαρην σχομενη</foreign> <lb n="p1c_201.006"/> <foreign xml:lang="grc">θηειτο καλυπτρην, κηρ ἀχεϊ σμυχουσα, νοος δε οἱ ηϋτ</foreign>' <lb n="p1c_201.007"/> <foreign xml:lang="grc">ὀνειρος ἑρπυζων πεποτητο μετ' ἰχνια νισομενοιο</foreign>. Auch <lb n="p1c_201.008"/> die griechischen Erotiker sind nicht ohne Naivität, z. B. <lb n="p1c_201.009"/> im Sophisten <hi rendition="#aq">Longus</hi> die Beschreibung von der Liebe: <lb n="p1c_201.010"/> „Jch, als ich noch ein junger Mensch war, verliebte mich <lb n="p1c_201.011"/> in die Amarillis. Da dachte ich nicht ans Essen, da sorgte <lb n="p1c_201.012"/> ich nicht fürs Trinken, da konnte ich nicht schlafen. Jch <lb n="p1c_201.013"/> hatte Weh in der Seele, ich hatte Zittern im Herzen, mein <lb n="p1c_201.014"/> ganzer Körper war eiskalt; ich ächzte, wie einer der auf der <lb n="p1c_201.015"/> Folter liegt; ich war stumm, wie ein Todter, ich warf mich <lb n="p1c_201.016"/> in den Fluß, als wär in mir eine Feuersbrunst zu löschen, <lb n="p1c_201.017"/> ich rufte unaufhörlich den großen Pan zu Hülfe, der ja auch <lb n="p1c_201.018"/> geliebt hatte, ich segnete das Echo, weil es mir den Namen <lb n="p1c_201.019"/> Amarillis wiederholte, ich zerbrach voll Wuth meine Schalmeien, <lb n="p1c_201.020"/> weil sie wohl meine Heerde anlocken, aber mir nicht <lb n="p1c_201.021"/> mein Mädchen herbeyziehn konnten; kurz wider die Liebe <lb n="p1c_201.022"/> gilt kein Entgegenstämmen, keine Arzeney, kein Zauberspruch. <lb n="p1c_201.023"/> Jedes andre Mittel ist kraftlos, es müßte denn <lb n="p1c_201.024"/> seyn zu küssen, oder sich zu umarmen, oder sich frey von <lb n="p1c_201.025"/> allem, was noch Körper trennen kann, einander hinzugeben.“ <lb n="p1c_201.026"/> ─ Der Schluß ist wollüstig, aber reine Natur und <lb n="p1c_201.027"/> noch lange nicht so leichtfertig, wie die bekannte 27ste Jdylle <lb n="p1c_201.028"/> des Theocrit, das Gespräch des Daphnis mit dem Mädchen. </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [201/0259]
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der Argonauticon des Apollonius ist besonders die Beschreibung p1c_201.002
des kindischen Amors und die Liebe der Medea hierher p1c_201.003
zu rechnen. Οἱ δ' ἠεσαν ἐκ μεγαροιο. θεσπεσιον δ' ἐν p1c_201.004
πασι μετεπρεπεν αἰδονος ὑιος, καλλεϊ και χαριτεσσιν. p1c_201.005
επ ἀυτῳ δ'ομματα κουρη λοξα παρα λιπαρην σχομενη p1c_201.006
θηειτο καλυπτρην, κηρ ἀχεϊ σμυχουσα, νοος δε οἱ ηϋτ' p1c_201.007
ὀνειρος ἑρπυζων πεποτητο μετ' ἰχνια νισομενοιο. Auch p1c_201.008
die griechischen Erotiker sind nicht ohne Naivität, z. B. p1c_201.009
im Sophisten Longus die Beschreibung von der Liebe: p1c_201.010
„Jch, als ich noch ein junger Mensch war, verliebte mich p1c_201.011
in die Amarillis. Da dachte ich nicht ans Essen, da sorgte p1c_201.012
ich nicht fürs Trinken, da konnte ich nicht schlafen. Jch p1c_201.013
hatte Weh in der Seele, ich hatte Zittern im Herzen, mein p1c_201.014
ganzer Körper war eiskalt; ich ächzte, wie einer der auf der p1c_201.015
Folter liegt; ich war stumm, wie ein Todter, ich warf mich p1c_201.016
in den Fluß, als wär in mir eine Feuersbrunst zu löschen, p1c_201.017
ich rufte unaufhörlich den großen Pan zu Hülfe, der ja auch p1c_201.018
geliebt hatte, ich segnete das Echo, weil es mir den Namen p1c_201.019
Amarillis wiederholte, ich zerbrach voll Wuth meine Schalmeien, p1c_201.020
weil sie wohl meine Heerde anlocken, aber mir nicht p1c_201.021
mein Mädchen herbeyziehn konnten; kurz wider die Liebe p1c_201.022
gilt kein Entgegenstämmen, keine Arzeney, kein Zauberspruch. p1c_201.023
Jedes andre Mittel ist kraftlos, es müßte denn p1c_201.024
seyn zu küssen, oder sich zu umarmen, oder sich frey von p1c_201.025
allem, was noch Körper trennen kann, einander hinzugeben.“ p1c_201.026
─ Der Schluß ist wollüstig, aber reine Natur und p1c_201.027
noch lange nicht so leichtfertig, wie die bekannte 27ste Jdylle p1c_201.028
des Theocrit, das Gespräch des Daphnis mit dem Mädchen.
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