Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804.p1c_199.001 p1c_199.001 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0257" n="199"/><lb n="p1c_199.001"/><foreign xml:lang="grc">οἱ δε συγγενες μηνες με μικρον και μεγαν διωρισαν</foreign>. <lb n="p1c_199.002"/> Feiner ist die Naivität im Euripides. Z. B. in Hippol. und <lb n="p1c_199.003"/> den Jphigenien. ─ Die Jdyllen des Theocrit tragen durchgängig <lb n="p1c_199.004"/> den Charakter der Naivität. Natur und Menschheit <lb n="p1c_199.005"/> erscheint hier gleich ungeschminkt unverstellt, und im <lb n="p1c_199.006"/> Bewußtseyn einer Jdealität des Jnstinkts. Welche naive <lb n="p1c_199.007"/> Schilderung von Pan, dem Gotte der Hirten. „Es ist <lb n="p1c_199.008"/> Mittag und sie wollen nicht singen. <foreign xml:lang="grc">Τον Πανα δεδοικαμες</foreign>, <lb n="p1c_199.009"/> <foreign xml:lang="grc">ἠ γαρ ἀπ ἀγρας τανικα κεκμακως ἀμπαυεται·</foreign> <foreign xml:lang="grc">ἐντι</foreign> <lb n="p1c_199.010"/> <foreign xml:lang="grc">γε πικρος, και οἱ ἀει δριμεια χολα ποτι ρινι καθηται</foreign> ─ <lb n="p1c_199.011"/> Wie naiv ist der Cyclope. (<hi rendition="#aq">Idyll</hi>. 11.) Offenherzig gesteht <lb n="p1c_199.012"/> er selbst das wunderbare Unförmliche in seiner Gestalt. (30) <lb n="p1c_199.013"/> Demungeachtet hält er sich für einen nicht unverwerflichen <lb n="p1c_199.014"/> Freyer wegen seines Reichthums. <foreign xml:lang="grc">ἀλλ' ὠυϛος τοιουτος</foreign> <lb n="p1c_199.015"/> <foreign xml:lang="grc">ἐων βοτα χιλια βοσκω</foreign>, er erzählt seiner Galatea, (und <lb n="p1c_199.016"/> hier gränzt das Naive an das Lächerliche,) daß er vier <lb n="p1c_199.017"/> junge Bären zum Geschenk für sie ernähre; am Ende tröstet <lb n="p1c_199.018"/> er sich damit, daß doch viele andre Mädchen ihm zulächeln <lb n="p1c_199.019"/> und mit ihm spielen wollen, kurz, daß er auf Erden doch <lb n="p1c_199.020"/> auch Etwas sey. <foreign xml:lang="grc">δηλον ὀτ' ἐν τᾳ γᾳ κηγων τις φαινομαι</foreign> <lb n="p1c_199.021"/> <foreign xml:lang="grc">ἠμες</foreign>. Jn der sechsten Jdylle, einer der schönsten im ganzen <lb n="p1c_199.022"/> Theocrit, lobt Polyphem sogar seine Schönheit, nachdem <lb n="p1c_199.023"/> er sich an einem heitern Tage im Wasserspiegel erblickt <lb n="p1c_199.024"/> hat. Eben so erzählt Daphnis, (<hi rendition="#aq">Idyll</hi>. 8.) wie ihn das <lb n="p1c_199.025"/> Hirtenmädchen neulich gesehen habe aus der Höhle, als er <lb n="p1c_199.026"/> die Kühe vorbey trieb, und wie sie gesagt habe, er sey schön, <lb n="p1c_199.027"/> schön sey er, (<hi rendition="#aq">vs. 73.) <foreign xml:lang="grc">καλον καλον ημες εφασκεν</foreign></hi>, und <lb n="p1c_199.028"/> stumm, mit niedergeschlagenen Augen sey er seines Wegs </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0257]
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οἱ δε συγγενες μηνες με μικρον και μεγαν διωρισαν. p1c_199.002
Feiner ist die Naivität im Euripides. Z. B. in Hippol. und p1c_199.003
den Jphigenien. ─ Die Jdyllen des Theocrit tragen durchgängig p1c_199.004
den Charakter der Naivität. Natur und Menschheit p1c_199.005
erscheint hier gleich ungeschminkt unverstellt, und im p1c_199.006
Bewußtseyn einer Jdealität des Jnstinkts. Welche naive p1c_199.007
Schilderung von Pan, dem Gotte der Hirten. „Es ist p1c_199.008
Mittag und sie wollen nicht singen. Τον Πανα δεδοικαμες, p1c_199.009
ἠ γαρ ἀπ ἀγρας τανικα κεκμακως ἀμπαυεται· ἐντι p1c_199.010
γε πικρος, και οἱ ἀει δριμεια χολα ποτι ρινι καθηται ─ p1c_199.011
Wie naiv ist der Cyclope. (Idyll. 11.) Offenherzig gesteht p1c_199.012
er selbst das wunderbare Unförmliche in seiner Gestalt. (30) p1c_199.013
Demungeachtet hält er sich für einen nicht unverwerflichen p1c_199.014
Freyer wegen seines Reichthums. ἀλλ' ὠυϛος τοιουτος p1c_199.015
ἐων βοτα χιλια βοσκω, er erzählt seiner Galatea, (und p1c_199.016
hier gränzt das Naive an das Lächerliche,) daß er vier p1c_199.017
junge Bären zum Geschenk für sie ernähre; am Ende tröstet p1c_199.018
er sich damit, daß doch viele andre Mädchen ihm zulächeln p1c_199.019
und mit ihm spielen wollen, kurz, daß er auf Erden doch p1c_199.020
auch Etwas sey. δηλον ὀτ' ἐν τᾳ γᾳ κηγων τις φαινομαι p1c_199.021
ἠμες. Jn der sechsten Jdylle, einer der schönsten im ganzen p1c_199.022
Theocrit, lobt Polyphem sogar seine Schönheit, nachdem p1c_199.023
er sich an einem heitern Tage im Wasserspiegel erblickt p1c_199.024
hat. Eben so erzählt Daphnis, (Idyll. 8.) wie ihn das p1c_199.025
Hirtenmädchen neulich gesehen habe aus der Höhle, als er p1c_199.026
die Kühe vorbey trieb, und wie sie gesagt habe, er sey schön, p1c_199.027
schön sey er, (vs. 73.) καλον καλον ημες εφασκεν, und p1c_199.028
stumm, mit niedergeschlagenen Augen sey er seines Wegs
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