p1c_186.001 Sehr oft erscheint im Shakespear, der das menschliche Leben p1c_186.002 am natürlichsten schildert, das Lächerliche im Kontrast mit p1c_186.003 dem Erhabenen nicht ohne tragische Wirkung. Wenn die p1c_186.004 Amme, nachdem Juliens Scheintod bekannt wird, zu den p1c_186.005 hochzeitlichen Spiellenten sagt: Lieben Leute, steckt eure p1c_186.006 Pfeifen ein! wenn Fallstaff bey Hotspurs Fall als Possenreißer p1c_186.007 auftritt, so sehen wir ganz das Leben, wie es ist, und dieses p1c_186.008 Ausruhen von der angestrengten Empfindung, diese Gleichgültigkeit p1c_186.009 des Schicksals in Zusammenstellung des Unglücks p1c_186.010 und des Scherzes vermehrt das Pathos, wenn das Tragische p1c_186.011 zurückkehrt. Zum Satyrischen kann man auch das Parodirenp1c_186.012 und Travestiren eines Gedankens rechnen. Zuweilen, p1c_186.013 wiewohl selten, ist die Parodie bloß Scherz, wo p1c_186.014 etwas Ernstem symmetrisch etwas Lustiges beygesellt p1c_186.015 wird, wie Klopstock seinen Heinrich den Vogler selbst als ein p1c_186.016 Trinklied parodirte. Gewöhnlich ist aber die Parodiep1c_186.017 und das Travestiren die allerkürzeste und beste Kritik, p1c_186.018 womit man Fehler züchtigt, die man ernsthaft anzugreifen p1c_186.019 entweder noch zu träg oder zu stolz ist. Denn das Lächerlichep1c_186.020 ist der beste Prüfstein des Wahren. Mancher Jrrthum p1c_186.021 ist noch nicht demonstrirt, aber gewiß, weil er lächerlich p1c_186.022 geworden ist. Schiller, sagt irgendwo, ganz vortrefflich: p1c_186.023 Jch kann mich mit keinem Glauben aussöhnen, den p1c_186.024 ich einmal belachte. Das Gute und Wahre läßt sich p1c_186.025 auch nicht gut travestiren. Homer wird nie Veranlassung p1c_186.026 zu einer so guten Parodie geben, wie, durch Virgils eignes p1c_186.027 Verschulden, zum Theil Blumaners und anderer travestirte p1c_186.028 Aeneiden sind. Der Ausdruck Parodie bedeutet die
p1c_186.001 Sehr oft erscheint im Shakespear, der das menschliche Leben p1c_186.002 am natürlichsten schildert, das Lächerliche im Kontrast mit p1c_186.003 dem Erhabenen nicht ohne tragische Wirkung. Wenn die p1c_186.004 Amme, nachdem Juliens Scheintod bekannt wird, zu den p1c_186.005 hochzeitlichen Spiellenten sagt: Lieben Leute, steckt eure p1c_186.006 Pfeifen ein! wenn Fallstaff bey Hotspurs Fall als Possenreißer p1c_186.007 auftritt, so sehen wir ganz das Leben, wie es ist, und dieses p1c_186.008 Ausruhen von der angestrengten Empfindung, diese Gleichgültigkeit p1c_186.009 des Schicksals in Zusammenstellung des Unglücks p1c_186.010 und des Scherzes vermehrt das Pathos, wenn das Tragische p1c_186.011 zurückkehrt. Zum Satyrischen kann man auch das Parodirenp1c_186.012 und Travestiren eines Gedankens rechnen. Zuweilen, p1c_186.013 wiewohl selten, ist die Parodie bloß Scherz, wo p1c_186.014 etwas Ernstem symmetrisch etwas Lustiges beygesellt p1c_186.015 wird, wie Klopstock seinen Heinrich den Vogler selbst als ein p1c_186.016 Trinklied parodirte. Gewöhnlich ist aber die Parodiep1c_186.017 und das Travestiren die allerkürzeste und beste Kritik, p1c_186.018 womit man Fehler züchtigt, die man ernsthaft anzugreifen p1c_186.019 entweder noch zu träg oder zu stolz ist. Denn das Lächerlichep1c_186.020 ist der beste Prüfstein des Wahren. Mancher Jrrthum p1c_186.021 ist noch nicht demonstrirt, aber gewiß, weil er lächerlich p1c_186.022 geworden ist. Schiller, sagt irgendwo, ganz vortrefflich: p1c_186.023 Jch kann mich mit keinem Glauben aussöhnen, den p1c_186.024 ich einmal belachte. Das Gute und Wahre läßt sich p1c_186.025 auch nicht gut travestiren. Homer wird nie Veranlassung p1c_186.026 zu einer so guten Parodie geben, wie, durch Virgils eignes p1c_186.027 Verschulden, zum Theil Blumaners und anderer travestirte p1c_186.028 Aeneiden sind. Der Ausdruck Parodie bedeutet die
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/244>, abgerufen am 27.11.2024.
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