p1c_058.001 lösen, den Menschen und Bürger zu vereinigen. Die p1c_058.002 Realisten oder Historiker müssen demnach eingestehen, p1c_058.003 daß das Reale nicht das Wahre sey, daß man mit hellen p1c_058.004 Sinnen Kunde von der Materie einsammeln müsse, ohne p1c_058.005 ein Materialist zu werden. Die Mathematiker müssen p1c_058.006 eingestehn, daß ihre gerühmte mathematische Evidenz in p1c_058.007 den höchsten Principien ohne Haltung sey, und daß es eine p1c_058.008 höhere idealische Evidenz geben müsse, die auch p1c_058.009 die ihrige erst begründe. Die Philosophen endlich, daß p1c_058.010 die höchsten Grundsätze des Wissens nicht auf dem gewaltsamen p1c_058.011 Standpunkte der Spekulation errungen, sondern p1c_058.012 allein durch den Glauben und die Offenbarung gehalten p1c_058.013 werden, daß man den Begriff des Glaubens schlechterdings p1c_058.014 verkenne, so lange man den Glauben, wie Kant, für p1c_058.015 eine kalte praktische Voraussetzung, ohne theoretische Einsicht, p1c_058.016 für ein mattes Dafürhalten, die Offenbarungp1c_058.017 für eine historische vergangene Thatsache, innerhalb der p1c_058.018 Gränzen der bloßen Vernunft hält.
p1c_058.019 Anmerk. 2. Das Gefühl des Schönen soll das p1c_058.020 höhere Leben stärken, aber den Himmel nicht auf die Erde p1c_058.021 ziehn. Es ist die liebende Begeisterung eines Künstlers, p1c_058.022 der in seinem Kunstwerk seine Jdee erreicht zu haben glaubt. p1c_058.023 Die Seligkeit, die es uns giebt, ist daher vorübergehend. p1c_058.024 Wir kehren aus dem Schooße des Ewigen in die Zeitlichkeit p1c_058.025 zurück, enden den Sabbath und gehen mit erneuten Kräften p1c_058.026 an's Werk. Sechs Tage schuf Gott und am siebenten p1c_058.027 ruhete er, sah an, was er gethan hatte, und fand es gut,
p1c_058.001 lösen, den Menschen und Bürger zu vereinigen. Die p1c_058.002 Realisten oder Historiker müssen demnach eingestehen, p1c_058.003 daß das Reale nicht das Wahre sey, daß man mit hellen p1c_058.004 Sinnen Kunde von der Materie einsammeln müsse, ohne p1c_058.005 ein Materialist zu werden. Die Mathematiker müssen p1c_058.006 eingestehn, daß ihre gerühmte mathematische Evidenz in p1c_058.007 den höchsten Principien ohne Haltung sey, und daß es eine p1c_058.008 höhere idealische Evidenz geben müsse, die auch p1c_058.009 die ihrige erst begründe. Die Philosophen endlich, daß p1c_058.010 die höchsten Grundsätze des Wissens nicht auf dem gewaltsamen p1c_058.011 Standpunkte der Spekulation errungen, sondern p1c_058.012 allein durch den Glauben und die Offenbarung gehalten p1c_058.013 werden, daß man den Begriff des Glaubens schlechterdings p1c_058.014 verkenne, so lange man den Glauben, wie Kant, für p1c_058.015 eine kalte praktische Voraussetzung, ohne theoretische Einsicht, p1c_058.016 für ein mattes Dafürhalten, die Offenbarungp1c_058.017 für eine historische vergangene Thatsache, innerhalb der p1c_058.018 Gränzen der bloßen Vernunft hält.
p1c_058.019 Anmerk. 2. Das Gefühl des Schönen soll das p1c_058.020 höhere Leben stärken, aber den Himmel nicht auf die Erde p1c_058.021 ziehn. Es ist die liebende Begeisterung eines Künstlers, p1c_058.022 der in seinem Kunstwerk seine Jdee erreicht zu haben glaubt. p1c_058.023 Die Seligkeit, die es uns giebt, ist daher vorübergehend. p1c_058.024 Wir kehren aus dem Schooße des Ewigen in die Zeitlichkeit p1c_058.025 zurück, enden den Sabbath und gehen mit erneuten Kräften p1c_058.026 an's Werk. Sechs Tage schuf Gott und am siebenten p1c_058.027 ruhete er, sah an, was er gethan hatte, und fand es gut,
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Anmerk. 2. Das Gefühl des Schönen soll das p1c_058.020
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Clodius, Christian August Heinrich: Entwurf einer systematischen Poetik nebst Collectaneen zu ihrer Ausführung. Erster Theil. Leipzig, 1804, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clodius_poetik01_1804/116>, abgerufen am 23.11.2024.
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