fen hat das Höherstehen oft gar keinen, meistens keinen wichtigen Einfluß. Wenn wir oben stehen und der Feind, indem er sich uns nähert, mühsam steigen muß, so rückt er nur langsam vor, kommt auseinander, langt mit er- schöpften Kräften an; Vortheile die bei gleicher Bravheit und Stärke entscheidend werden. Besonders muß man nicht übersehen daß der schnelle Anfall im vollen Laufe moralisch so wirksam ist. Der vordringende Soldat be- täubt sich dadurch selbst gegen die Gefahr, der stehende verliert die Gegenwart des Geistes. Seine vorderste In- fanterie und Artillerie auf Berge zu stellen ist also immer sehr vortheilhaft.
Ist der Fall des Berges so steil oder sein Abhang so wellenförmig und ungleich daß man ihn nicht wirksam beschießen kann, welches gar zu oft der Fall ist, so stellt man seine erste Linie nicht an den Rand des Berges, son- dern besetzt diesen höchstens mit Schützen und stellt die volle Linie so daß der Feind in dem Augenblick wo er auf die Höhe heraufkommt und sich wieder sammelt, in das wirksamste Feuer kommt.
Alle andern Zugangshindernisse, als: kleine Flüsse, Bäche, hohle Wege etc. dienen die Fronte des Feindes zu brechen; er muß sich diesseits wieder formiren und das hält ihn auf. Darum müssen sie in unser wirksamstes Feuer genommen werden. Dies wirksamste Feuer ist der Kartätschenschuß (4- bis 600 Schritte) wenn viel Artille- rie da ist, der Flintenschuß (150 bis 200 Schritte) wenn wenig Artillerie auf diesem Punkte ist.
8. Es ist mithin ein Gesetz alle Hindernisse des Zu- ganges welche unsere Fronte verstärken sollen in unser wirksamstes Feuer zu nehmen. Aber Eins ist wichtig zu bemerken, daß man nie den ganzen Widerstand auf diesem
fen hat das Hoͤherſtehen oft gar keinen, meiſtens keinen wichtigen Einfluß. Wenn wir oben ſtehen und der Feind, indem er ſich uns naͤhert, muͤhſam ſteigen muß, ſo ruͤckt er nur langſam vor, kommt auseinander, langt mit er- ſchoͤpften Kraͤften an; Vortheile die bei gleicher Bravheit und Staͤrke entſcheidend werden. Beſonders muß man nicht uͤberſehen daß der ſchnelle Anfall im vollen Laufe moraliſch ſo wirkſam iſt. Der vordringende Soldat be- taͤubt ſich dadurch ſelbſt gegen die Gefahr, der ſtehende verliert die Gegenwart des Geiſtes. Seine vorderſte In- fanterie und Artillerie auf Berge zu ſtellen iſt alſo immer ſehr vortheilhaft.
Iſt der Fall des Berges ſo ſteil oder ſein Abhang ſo wellenfoͤrmig und ungleich daß man ihn nicht wirkſam beſchießen kann, welches gar zu oft der Fall iſt, ſo ſtellt man ſeine erſte Linie nicht an den Rand des Berges, ſon- dern beſetzt dieſen hoͤchſtens mit Schuͤtzen und ſtellt die volle Linie ſo daß der Feind in dem Augenblick wo er auf die Hoͤhe heraufkommt und ſich wieder ſammelt, in das wirkſamſte Feuer kommt.
Alle andern Zugangshinderniſſe, als: kleine Fluͤſſe, Baͤche, hohle Wege ꝛc. dienen die Fronte des Feindes zu brechen; er muß ſich dieſſeits wieder formiren und das haͤlt ihn auf. Darum muͤſſen ſie in unſer wirkſamſtes Feuer genommen werden. Dies wirkſamſte Feuer iſt der Kartaͤtſchenſchuß (4- bis 600 Schritte) wenn viel Artille- rie da iſt, der Flintenſchuß (150 bis 200 Schritte) wenn wenig Artillerie auf dieſem Punkte iſt.
8. Es iſt mithin ein Geſetz alle Hinderniſſe des Zu- ganges welche unſere Fronte verſtaͤrken ſollen in unſer wirkſamſtes Feuer zu nehmen. Aber Eins iſt wichtig zu bemerken, daß man nie den ganzen Widerſtand auf dieſem
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fen hat das Hoͤherſtehen oft gar keinen, meiſtens keinen
wichtigen Einfluß. Wenn wir oben ſtehen und der Feind,
indem er ſich uns naͤhert, muͤhſam ſteigen muß, ſo ruͤckt
er nur langſam vor, kommt auseinander, langt mit er-
ſchoͤpften Kraͤften an; Vortheile die bei gleicher Bravheit
und Staͤrke entſcheidend werden. Beſonders muß man
nicht uͤberſehen daß der ſchnelle Anfall im vollen Laufe
moraliſch ſo wirkſam iſt. Der vordringende Soldat be-
taͤubt ſich dadurch ſelbſt gegen die Gefahr, der ſtehende
verliert die Gegenwart des Geiſtes. Seine vorderſte In-
fanterie und Artillerie auf Berge zu ſtellen iſt alſo immer
ſehr vortheilhaft.
Iſt der Fall des Berges ſo ſteil oder ſein Abhang
ſo wellenfoͤrmig und ungleich daß man ihn nicht wirkſam
beſchießen kann, welches gar zu oft der Fall iſt, ſo ſtellt
man ſeine erſte Linie nicht an den Rand des Berges, ſon-
dern beſetzt dieſen hoͤchſtens mit Schuͤtzen und ſtellt die
volle Linie ſo daß der Feind in dem Augenblick wo er
auf die Hoͤhe heraufkommt und ſich wieder ſammelt, in
das wirkſamſte Feuer kommt.
Alle andern Zugangshinderniſſe, als: kleine Fluͤſſe,
Baͤche, hohle Wege ꝛc. dienen die Fronte des Feindes
zu brechen; er muß ſich dieſſeits wieder formiren und das
haͤlt ihn auf. Darum muͤſſen ſie in unſer wirkſamſtes
Feuer genommen werden. Dies wirkſamſte Feuer iſt der
Kartaͤtſchenſchuß (4- bis 600 Schritte) wenn viel Artille-
rie da iſt, der Flintenſchuß (150 bis 200 Schritte) wenn
wenig Artillerie auf dieſem Punkte iſt.
8. Es iſt mithin ein Geſetz alle Hinderniſſe des Zu-
ganges welche unſere Fronte verſtaͤrken ſollen in unſer
wirkſamſtes Feuer zu nehmen. Aber Eins iſt wichtig zu
bemerken, daß man nie den ganzen Widerſtand auf dieſem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten de… [mehr]
Clausewitz' "Vom Kriege" erschien zu Lebzeiten des Autors nicht als selbstständige Publikation. Es wurde posthum, zwischen 1832 und 1834, als Bde. 1-3 der "Hinterlassenen Werke des Generals Carl von Clausewitz" von dessen Witwe Marie von Clausewitz herausgegeben.
Clausewitz, Carl von: Vom Kriege. Bd. 3. Berlin, 1834, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clausewitz_krieg03_1834/248>, abgerufen am 23.11.2024.
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