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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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So reizend, so überaus schön und hinreißend
hatte er das Himmelskind noch nicht gesehn!
Durch die schwarze Pracht der üppigen Ringel¬
locken zogen sich schimmernde Perlen, wie Sterne
am düstern Nachthimmel; aber vorn über der
hohen, blendend weißen Stirn glänzte ein herr¬
licher Brillant aus Visiapur in einem zarten Dia¬
deme von Amethisten. Das leichte, zephirartige
Ballkleid von indischem Mull schmiegte sich um
die wellenförmigen Glieder dieser vollendeten Hebe
verrätherisch und süß, und an dem Wogen des
keuschen Schneebusens ersah man die geheime
Lust, die Sehnsucht nach etwas, dem man nicht
zu jeder Stunde eine Sprache zu leihen vermag;
aber wer dem schönen Mädchen in's Auge sah,
das in seiner Azurtiefe feuriger, bedeutungsvoller
glänzte, als jener Brillant aus Visiapur, hätte
es sich nicht wegleugnen lassen, daß nichts, als
ein heiliges Liebessehnen seine Brust erfülle!

Die Gäste waren endlich alle versammelt;
eine köstliche Auffoderung zum Tanz, bei der das
zarte Clarinettensolo einen tüchtigen Virtuosen
zeigte, dessen rauschender Allegrosatz aber in jeden
Tanzlustigen wahres Ballentzücken goß, machte
den sinnenden Blauenstein darauf aufmerksam,
daß er die liebholde Tina wohl zum ersten Walzer

So reizend, ſo uͤberaus ſchoͤn und hinreißend
hatte er das Himmelskind noch nicht geſehn!
Durch die ſchwarze Pracht der uͤppigen Ringel¬
locken zogen ſich ſchimmernde Perlen, wie Sterne
am duͤſtern Nachthimmel; aber vorn uͤber der
hohen, blendend weißen Stirn glaͤnzte ein herr¬
licher Brillant aus Viſiapur in einem zarten Dia¬
deme von Amethiſten. Das leichte, zephirartige
Ballkleid von indiſchem Mull ſchmiegte ſich um
die wellenfoͤrmigen Glieder dieſer vollendeten Hebe
verraͤtheriſch und ſuͤß, und an dem Wogen des
keuſchen Schneebuſens erſah man die geheime
Luſt, die Sehnſucht nach etwas, dem man nicht
zu jeder Stunde eine Sprache zu leihen vermag;
aber wer dem ſchoͤnen Maͤdchen in's Auge ſah,
das in ſeiner Azurtiefe feuriger, bedeutungsvoller
glaͤnzte, als jener Brillant aus Viſiapur, haͤtte
es ſich nicht wegleugnen laſſen, daß nichts, als
ein heiliges Liebesſehnen ſeine Bruſt erfuͤlle!

Die Gaͤſte waren endlich alle verſammelt;
eine koͤſtliche Auffoderung zum Tanz, bei der das
zarte Clarinettenſolo einen tuͤchtigen Virtuoſen
zeigte, deſſen rauſchender Allegroſatz aber in jeden
Tanzluſtigen wahres Ballentzuͤcken goß, machte
den ſinnenden Blauenſtein darauf aufmerkſam,
daß er die liebholde Tina wohl zum erſten Walzer

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[54/0060] So reizend, ſo uͤberaus ſchoͤn und hinreißend hatte er das Himmelskind noch nicht geſehn! Durch die ſchwarze Pracht der uͤppigen Ringel¬ locken zogen ſich ſchimmernde Perlen, wie Sterne am duͤſtern Nachthimmel; aber vorn uͤber der hohen, blendend weißen Stirn glaͤnzte ein herr¬ licher Brillant aus Viſiapur in einem zarten Dia¬ deme von Amethiſten. Das leichte, zephirartige Ballkleid von indiſchem Mull ſchmiegte ſich um die wellenfoͤrmigen Glieder dieſer vollendeten Hebe verraͤtheriſch und ſuͤß, und an dem Wogen des keuſchen Schneebuſens erſah man die geheime Luſt, die Sehnſucht nach etwas, dem man nicht zu jeder Stunde eine Sprache zu leihen vermag; aber wer dem ſchoͤnen Maͤdchen in's Auge ſah, das in ſeiner Azurtiefe feuriger, bedeutungsvoller glaͤnzte, als jener Brillant aus Viſiapur, haͤtte es ſich nicht wegleugnen laſſen, daß nichts, als ein heiliges Liebesſehnen ſeine Bruſt erfuͤlle! Die Gaͤſte waren endlich alle verſammelt; eine koͤſtliche Auffoderung zum Tanz, bei der das zarte Clarinettenſolo einen tuͤchtigen Virtuoſen zeigte, deſſen rauſchender Allegroſatz aber in jeden Tanzluſtigen wahres Ballentzuͤcken goß, machte den ſinnenden Blauenſtein darauf aufmerkſam, daß er die liebholde Tina wohl zum erſten Walzer

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/60>, abgerufen am 24.11.2024.