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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827.

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bei den jungen Paaren, indem er sein einsames
Zimmer aufsuchte.

Die Liebe erheitert das jugendliche Gemüth,
wenn sie auch in jedes fühlende Herz eine süße,
zarte Wehmuth gießt. Die jungen Paare ge¬
lobten sich Treue bis zum Tode, und reichten sich
im Vollgefühl ihres verdienten Glücks die Hände
über der emporlodernden Flamme des Altars, und
aus dem nahen Waldgebüsch schwebte auf den
Fittigen des frischen Windes der Frühlingshymnus
der fröhlichen Ästebewohner herüber.

"Wenn Ihr nicht glücklich werdet," sagte endlich
Oncle Heinrich, indem er heiter und sorglos die
feierliche Stille unterbrach, "wenn Ihr nicht
glücklich werdet, so muß es nicht mit rechten
Dingen zugehn! Solche Ceremonien sind mir
in meinem Leben noch nicht vorgekommen, und
meine Praxis ist im Ganzen so übel nicht;
allein ich finde dies Alles brav und lobenswerth!
-- Doch, ehe ich die Sache wieder vergesse, muß
ich schnell eine Querfrage thun. Vetter Staunitz
meinte gestern, wenn ich nicht irre, er habe eine
frohe Nachricht bekommen, die mögten wir doch
gern wissen, wenn die Sache nicht eine bloße
Windbeutelei ist. Man darf dem Herrn Vetter

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bei den jungen Paaren, indem er ſein einſames
Zimmer aufſuchte.

Die Liebe erheitert das jugendliche Gemuͤth,
wenn ſie auch in jedes fuͤhlende Herz eine ſuͤße,
zarte Wehmuth gießt. Die jungen Paare ge¬
lobten ſich Treue bis zum Tode, und reichten ſich
im Vollgefuͤhl ihres verdienten Gluͤcks die Haͤnde
uͤber der emporlodernden Flamme des Altars, und
aus dem nahen Waldgebuͤſch ſchwebte auf den
Fittigen des friſchen Windes der Fruͤhlingshymnus
der froͤhlichen Äſtebewohner heruͤber.

„Wenn Ihr nicht gluͤcklich werdet,“ ſagte endlich
Oncle Heinrich, indem er heiter und ſorglos die
feierliche Stille unterbrach, „wenn Ihr nicht
gluͤcklich werdet, ſo muß es nicht mit rechten
Dingen zugehn! Solche Ceremonien ſind mir
in meinem Leben noch nicht vorgekommen, und
meine Praxis iſt im Ganzen ſo uͤbel nicht;
allein ich finde dies Alles brav und lobenswerth!
— Doch, ehe ich die Sache wieder vergeſſe, muß
ich ſchnell eine Querfrage thun. Vetter Staunitz
meinte geſtern, wenn ich nicht irre, er habe eine
frohe Nachricht bekommen, die moͤgten wir doch
gern wiſſen, wenn die Sache nicht eine bloße
Windbeutelei iſt. Man darf dem Herrn Vetter

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[257/0263] bei den jungen Paaren, indem er ſein einſames Zimmer aufſuchte. Die Liebe erheitert das jugendliche Gemuͤth, wenn ſie auch in jedes fuͤhlende Herz eine ſuͤße, zarte Wehmuth gießt. Die jungen Paare ge¬ lobten ſich Treue bis zum Tode, und reichten ſich im Vollgefuͤhl ihres verdienten Gluͤcks die Haͤnde uͤber der emporlodernden Flamme des Altars, und aus dem nahen Waldgebuͤſch ſchwebte auf den Fittigen des friſchen Windes der Fruͤhlingshymnus der froͤhlichen Äſtebewohner heruͤber. „Wenn Ihr nicht gluͤcklich werdet,“ ſagte endlich Oncle Heinrich, indem er heiter und ſorglos die feierliche Stille unterbrach, „wenn Ihr nicht gluͤcklich werdet, ſo muß es nicht mit rechten Dingen zugehn! Solche Ceremonien ſind mir in meinem Leben noch nicht vorgekommen, und meine Praxis iſt im Ganzen ſo uͤbel nicht; allein ich finde dies Alles brav und lobenswerth! — Doch, ehe ich die Sache wieder vergeſſe, muß ich ſchnell eine Querfrage thun. Vetter Staunitz meinte geſtern, wenn ich nicht irre, er habe eine frohe Nachricht bekommen, die moͤgten wir doch gern wiſſen, wenn die Sache nicht eine bloße Windbeutelei iſt. Man darf dem Herrn Vetter 17

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Zitationshilfe: Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/263>, abgerufen am 18.05.2024.