Der Graf öffnete das Wohnzimmer; er führte seinen Gast einem ältern Herrn und einer Dame entgegen, welche ebenfalls der Jugend nicht mehr angehörte, und stellte ihm in ersterm seinen Schwager, in letzterer seine Schwester vor. "Die¬ ser Herr," fuhr er fort, ja wahrhaftig, ich muß so indiscret sein, um Ihren Namen zu bitten, damit ich den neuen Freund meinen Verwandten vorstellen kann."
Blauenstein konnte es nicht unterlassen, seiner Haltung einen gewissen Stolz zu geben, und sagte mit einer Verbeugung: "Mein Name ist August, Baron von Blauenstein; mein Vater ist der Ge¬ neral-Major gleiches Namens, und Ihnen viel¬ leicht nicht unbekannt!"
Was doch ein Name thut! Auf des Grafen vornehmer Physiognomie malte sich ein leb¬ haftes Erstaunen; aber Schlauköpfchen Tina that, als ob sie das Alles schon sicher vermuthet habe. Die Tante Letty machte mehrere tiefe Verbeu¬ gungen, murmelte einiges von der ihrem Hause wiederfahrenden Ehre mit lästiger Breite, und Oncle Heinrich, als er die Errettungsgeschichte von seinem Schwager erfahren, fiel dem verwun¬ derten Blauenstein um den Hals, und schüttelte
Der Graf oͤffnete das Wohnzimmer; er fuͤhrte ſeinen Gaſt einem aͤltern Herrn und einer Dame entgegen, welche ebenfalls der Jugend nicht mehr angehoͤrte, und ſtellte ihm in erſterm ſeinen Schwager, in letzterer ſeine Schweſter vor. „Die¬ ſer Herr,“ fuhr er fort, ja wahrhaftig, ich muß ſo indiscret ſein, um Ihren Namen zu bitten, damit ich den neuen Freund meinen Verwandten vorſtellen kann.“
Blauenſtein konnte es nicht unterlaſſen, ſeiner Haltung einen gewiſſen Stolz zu geben, und ſagte mit einer Verbeugung: „Mein Name iſt Auguſt, Baron von Blauenſtein; mein Vater iſt der Ge¬ neral-Major gleiches Namens, und Ihnen viel¬ leicht nicht unbekannt!“
Was doch ein Name thut! Auf des Grafen vornehmer Phyſiognomie malte ſich ein leb¬ haftes Erſtaunen; aber Schlaukoͤpfchen Tina that, als ob ſie das Alles ſchon ſicher vermuthet habe. Die Tante Letty machte mehrere tiefe Verbeu¬ gungen, murmelte einiges von der ihrem Hauſe wiederfahrenden Ehre mit laͤſtiger Breite, und Oncle Heinrich, als er die Errettungsgeſchichte von ſeinem Schwager erfahren, fiel dem verwun¬ derten Blauenſtein um den Hals, und ſchuͤttelte
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0024"n="18"/><p>Der Graf oͤffnete das Wohnzimmer; er fuͤhrte<lb/>ſeinen Gaſt einem aͤltern Herrn und einer Dame<lb/>
entgegen, welche ebenfalls der Jugend nicht mehr<lb/>
angehoͤrte, und ſtellte ihm in erſterm ſeinen<lb/>
Schwager, in letzterer ſeine Schweſter vor. „Die¬<lb/>ſer Herr,“ fuhr er fort, ja wahrhaftig, ich muß<lb/>ſo indiscret ſein, um Ihren Namen zu bitten,<lb/>
damit ich den neuen Freund meinen Verwandten<lb/>
vorſtellen kann.“</p><lb/><p>Blauenſtein konnte es nicht unterlaſſen, ſeiner<lb/>
Haltung einen gewiſſen Stolz zu geben, und ſagte<lb/>
mit einer Verbeugung: „Mein Name iſt Auguſt,<lb/>
Baron von Blauenſtein; mein Vater iſt der Ge¬<lb/>
neral-Major gleiches Namens, und Ihnen viel¬<lb/>
leicht nicht unbekannt!“</p><lb/><p>Was doch ein Name thut! Auf des Grafen<lb/>
vornehmer Phyſiognomie malte ſich ein leb¬<lb/>
haftes Erſtaunen; aber Schlaukoͤpfchen Tina that,<lb/>
als ob ſie das Alles ſchon ſicher vermuthet habe.<lb/>
Die Tante Letty machte mehrere tiefe Verbeu¬<lb/>
gungen, murmelte einiges von der ihrem Hauſe<lb/>
wiederfahrenden Ehre mit laͤſtiger Breite, und<lb/>
Oncle Heinrich, als er die Errettungsgeſchichte<lb/>
von ſeinem Schwager erfahren, fiel dem verwun¬<lb/>
derten Blauenſtein um den Hals, und ſchuͤttelte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[18/0024]
Der Graf oͤffnete das Wohnzimmer; er fuͤhrte
ſeinen Gaſt einem aͤltern Herrn und einer Dame
entgegen, welche ebenfalls der Jugend nicht mehr
angehoͤrte, und ſtellte ihm in erſterm ſeinen
Schwager, in letzterer ſeine Schweſter vor. „Die¬
ſer Herr,“ fuhr er fort, ja wahrhaftig, ich muß
ſo indiscret ſein, um Ihren Namen zu bitten,
damit ich den neuen Freund meinen Verwandten
vorſtellen kann.“
Blauenſtein konnte es nicht unterlaſſen, ſeiner
Haltung einen gewiſſen Stolz zu geben, und ſagte
mit einer Verbeugung: „Mein Name iſt Auguſt,
Baron von Blauenſtein; mein Vater iſt der Ge¬
neral-Major gleiches Namens, und Ihnen viel¬
leicht nicht unbekannt!“
Was doch ein Name thut! Auf des Grafen
vornehmer Phyſiognomie malte ſich ein leb¬
haftes Erſtaunen; aber Schlaukoͤpfchen Tina that,
als ob ſie das Alles ſchon ſicher vermuthet habe.
Die Tante Letty machte mehrere tiefe Verbeu¬
gungen, murmelte einiges von der ihrem Hauſe
wiederfahrenden Ehre mit laͤſtiger Breite, und
Oncle Heinrich, als er die Errettungsgeſchichte
von ſeinem Schwager erfahren, fiel dem verwun¬
derten Blauenſtein um den Hals, und ſchuͤttelte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/24>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.