als ich unserer lieben Wirthin' eine Haarlocke meines lieben Frauchens brachte, die ich erst am Nachmittage empfangen. Ihm die Sache anzu¬ vertraun, wäre gegen alle Politik gewesen, denn wer konnte bei seiner feurigen Gemüthsart für ihn stehen? --
Eines Tags flog ich hinüber zu Freund Kluge, um zu hören, ob denn mein alter Reisecumpan noch immer nicht zurückkehren wollte, und man denke sich meine Ueberraschung, als er mir an der Hand eines jungen, reizenden Mädchens ent¬ gegentritt, die er mir unter Scherz und Lachen als seine künftige Gemahlin vorstellt. Ich machte ihm Vorwürfe, weshalb er gar zu verschlossen und verschwiegen gegen mich, seinen vertrauten Freund, gewesen, allein er erklärte denn bald die Sache auf seine eigne Weise. Der alte Kluge ist mit der halben Welt verwandt, und ich muß te oft von Herzen lachen, wenn mein Begleiter beinahe in jedem Orte von einiger Bedeutung mir einen Vetter nannte, den er doch nothwendig besuchen müsse. Eines Tags kam er auch von einer alten Base zurück, und zwar ganz im enthu¬ siastischen Feuer, welches niemand anders, als ein allerliebstes junges Bäschen angefacht hatte. Ich lachte ihn aus, er machte noch einige Besuche,
als ich unſerer lieben Wirthin' eine Haarlocke meines lieben Frauchens brachte, die ich erſt am Nachmittage empfangen. Ihm die Sache anzu¬ vertraun, waͤre gegen alle Politik geweſen, denn wer konnte bei ſeiner feurigen Gemuͤthsart fuͤr ihn ſtehen? —
Eines Tags flog ich hinuͤber zu Freund Kluge, um zu hoͤren, ob denn mein alter Reiſecumpan noch immer nicht zuruͤckkehren wollte, und man denke ſich meine Ueberraſchung, als er mir an der Hand eines jungen, reizenden Maͤdchens ent¬ gegentritt, die er mir unter Scherz und Lachen als ſeine kuͤnftige Gemahlin vorſtellt. Ich machte ihm Vorwuͤrfe, weshalb er gar zu verſchloſſen und verſchwiegen gegen mich, ſeinen vertrauten Freund, geweſen, allein er erklaͤrte denn bald die Sache auf ſeine eigne Weiſe. Der alte Kluge iſt mit der halben Welt verwandt, und ich muß te oft von Herzen lachen, wenn mein Begleiter beinahe in jedem Orte von einiger Bedeutung mir einen Vetter nannte, den er doch nothwendig beſuchen muͤſſe. Eines Tags kam er auch von einer alten Baſe zuruͤck, und zwar ganz im enthu¬ ſiaſtiſchen Feuer, welches niemand anders, als ein allerliebſtes junges Baͤſchen angefacht hatte. Ich lachte ihn aus, er machte noch einige Beſuche,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0236"n="230"/>
als ich unſerer lieben Wirthin' eine Haarlocke<lb/>
meines lieben Frauchens brachte, die ich erſt am<lb/>
Nachmittage empfangen. Ihm die Sache anzu¬<lb/>
vertraun, waͤre gegen alle Politik geweſen, denn<lb/>
wer konnte bei ſeiner feurigen Gemuͤthsart fuͤr<lb/>
ihn ſtehen? —</p><lb/><p>Eines Tags flog ich hinuͤber zu Freund Kluge,<lb/>
um zu hoͤren, ob denn mein alter Reiſecumpan<lb/>
noch immer nicht zuruͤckkehren wollte, und man<lb/>
denke ſich meine Ueberraſchung, als er mir an<lb/>
der Hand eines jungen, reizenden Maͤdchens ent¬<lb/>
gegentritt, die er mir unter Scherz und Lachen<lb/>
als ſeine kuͤnftige Gemahlin vorſtellt. Ich machte<lb/>
ihm Vorwuͤrfe, weshalb er gar zu verſchloſſen<lb/>
und verſchwiegen gegen mich, ſeinen vertrauten<lb/>
Freund, geweſen, allein er erklaͤrte denn bald die<lb/>
Sache auf ſeine eigne Weiſe. Der alte Kluge<lb/>
iſt mit der halben Welt verwandt, und ich muß te<lb/>
oft von Herzen lachen, wenn mein Begleiter<lb/>
beinahe in jedem Orte von einiger Bedeutung<lb/>
mir einen Vetter nannte, den er doch nothwendig<lb/>
beſuchen muͤſſe. Eines Tags kam er auch von<lb/>
einer alten Baſe zuruͤck, und zwar ganz im enthu¬<lb/>ſiaſtiſchen Feuer, welches niemand anders, als ein<lb/>
allerliebſtes junges Baͤſchen angefacht hatte.<lb/>
Ich lachte ihn aus, er machte noch einige Beſuche,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[230/0236]
als ich unſerer lieben Wirthin' eine Haarlocke
meines lieben Frauchens brachte, die ich erſt am
Nachmittage empfangen. Ihm die Sache anzu¬
vertraun, waͤre gegen alle Politik geweſen, denn
wer konnte bei ſeiner feurigen Gemuͤthsart fuͤr
ihn ſtehen? —
Eines Tags flog ich hinuͤber zu Freund Kluge,
um zu hoͤren, ob denn mein alter Reiſecumpan
noch immer nicht zuruͤckkehren wollte, und man
denke ſich meine Ueberraſchung, als er mir an
der Hand eines jungen, reizenden Maͤdchens ent¬
gegentritt, die er mir unter Scherz und Lachen
als ſeine kuͤnftige Gemahlin vorſtellt. Ich machte
ihm Vorwuͤrfe, weshalb er gar zu verſchloſſen
und verſchwiegen gegen mich, ſeinen vertrauten
Freund, geweſen, allein er erklaͤrte denn bald die
Sache auf ſeine eigne Weiſe. Der alte Kluge
iſt mit der halben Welt verwandt, und ich muß te
oft von Herzen lachen, wenn mein Begleiter
beinahe in jedem Orte von einiger Bedeutung
mir einen Vetter nannte, den er doch nothwendig
beſuchen muͤſſe. Eines Tags kam er auch von
einer alten Baſe zuruͤck, und zwar ganz im enthu¬
ſiaſtiſchen Feuer, welches niemand anders, als ein
allerliebſtes junges Baͤſchen angefacht hatte.
Ich lachte ihn aus, er machte noch einige Beſuche,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/236>, abgerufen am 27.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.