hältnissen genau unterrichtet, so daß er uns bat, sein Haus als das unsere anzusehn. --"
"Ihr verschmitztes Volk," rief Oncle Heinrich aus. "Aber ich merkte gleich so etwas, und ver¬ folgte schon im vergangenen Herbst die Spur. --"
"Es sei mir erlaubt," fiel Staunitz dem Oncle freundlich in die Rede, und forschte auf den Ge¬ sichtern der Anwesenden, ob man sich gelangweilt oder nicht, "es sei mir erlaubt, meinen Bericht zu beendigen. Ich eilte nicht ohne große Besorg¬ niß meines Herzens hieher nach Blumenau, ich lernte unsern Blauenstein kennen, und zwar in einer Gemüthsverfassung, die ihn mir sehr inte¬ ressant machte. Ich sah wie ihn Tina verehrte, wie er für sie brannte und sich selbst den Mund verschloß, mit aller Mühe an sich hielt, nicht in glühende Liebesworte auszubrechen, denn ich galt ja noch immer für Tinas Verlobter. Aber trotz diesen günstigen Verhältnissen durfte ich mein Geheimniß noch nicht aufklären, und es setzte mich in eine sehr große Verlegenheit, als mich der Graf ganz als seinen Schwiegersohn empfing. Nur Tina sah meine Adeline, und mit heimlichen Lachen bemerkte ich, wie Blauenstein auf dem letzten Balle ganz eifersüchtig nach mir hinblickte,
haͤltniſſen genau unterrichtet, ſo daß er uns bat, ſein Haus als das unſere anzuſehn. —“
„Ihr verſchmitztes Volk,“ rief Oncle Heinrich aus. „Aber ich merkte gleich ſo etwas, und ver¬ folgte ſchon im vergangenen Herbſt die Spur. —“
„Es ſei mir erlaubt,“ fiel Staunitz dem Oncle freundlich in die Rede, und forſchte auf den Ge¬ ſichtern der Anweſenden, ob man ſich gelangweilt oder nicht, „es ſei mir erlaubt, meinen Bericht zu beendigen. Ich eilte nicht ohne große Beſorg¬ niß meines Herzens hieher nach Blumenau, ich lernte unſern Blauenſtein kennen, und zwar in einer Gemuͤthsverfaſſung, die ihn mir ſehr inte¬ reſſant machte. Ich ſah wie ihn Tina verehrte, wie er fuͤr ſie brannte und ſich ſelbſt den Mund verſchloß, mit aller Muͤhe an ſich hielt, nicht in gluͤhende Liebesworte auszubrechen, denn ich galt ja noch immer fuͤr Tinas Verlobter. Aber trotz dieſen guͤnſtigen Verhaͤltniſſen durfte ich mein Geheimniß noch nicht aufklaͤren, und es ſetzte mich in eine ſehr große Verlegenheit, als mich der Graf ganz als ſeinen Schwiegerſohn empfing. Nur Tina ſah meine Adeline, und mit heimlichen Lachen bemerkte ich, wie Blauenſtein auf dem letzten Balle ganz eiferſuͤchtig nach mir hinblickte,
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haͤltniſſen genau unterrichtet, ſo daß er uns bat,
ſein Haus als das unſere anzuſehn. —“
„Ihr verſchmitztes Volk,“ rief Oncle Heinrich
aus. „Aber ich merkte gleich ſo etwas, und ver¬
folgte ſchon im vergangenen Herbſt die Spur. —“
„Es ſei mir erlaubt,“ fiel Staunitz dem Oncle
freundlich in die Rede, und forſchte auf den Ge¬
ſichtern der Anweſenden, ob man ſich gelangweilt
oder nicht, „es ſei mir erlaubt, meinen Bericht
zu beendigen. Ich eilte nicht ohne große Beſorg¬
niß meines Herzens hieher nach Blumenau, ich
lernte unſern Blauenſtein kennen, und zwar in
einer Gemuͤthsverfaſſung, die ihn mir ſehr inte¬
reſſant machte. Ich ſah wie ihn Tina verehrte,
wie er fuͤr ſie brannte und ſich ſelbſt den Mund
verſchloß, mit aller Muͤhe an ſich hielt, nicht in
gluͤhende Liebesworte auszubrechen, denn ich galt
ja noch immer fuͤr Tinas Verlobter. Aber trotz
dieſen guͤnſtigen Verhaͤltniſſen durfte ich mein
Geheimniß noch nicht aufklaͤren, und es ſetzte mich
in eine ſehr große Verlegenheit, als mich der Graf
ganz als ſeinen Schwiegerſohn empfing. Nur
Tina ſah meine Adeline, und mit heimlichen
Lachen bemerkte ich, wie Blauenſtein auf dem
letzten Balle ganz eiferſuͤchtig nach mir hinblickte,
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/235>, abgerufen am 27.07.2024.
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