sie meine Güte noch in Anspruch nehmen, um hier ihre fernern Einrichtungen treffen zu können. Ich weiß nicht, wie es kam, denn mich ging die Sache eigentlich weiter nichts an, aber mich ergriff nach ihren Worten eine sonderbare Angst, alle Pulse schlugen in verwirrter Aufregung, und mir war, als könne ich mich nimmermehr von diesem Wesen trennen! -- Ich ehre, sagte ich endlich in einiger Verwirrung, ich ehre ihre Ge¬ sinnung, denn sie zeigt mir Ihr edles Herz. Sie wollen aus einer vielleicht zu weit gehenden Schonung oder Scheu nicht weiter unter unserm Schutze reisen. Allein glauben Sie, daß mir dies gleichgültig sein kann? Die Welt, und sie ist oft verkehrt genug, die Welt billigt vielleicht nicht, was jetzt Verhältnisse gutheißen; aber trennen Sie das zarte Band nicht so schnell, so scho¬ nungslos, das uns jetzt gegenseitig umschlingt. Was ich mit meinem Freunde that, wird jeder gute Deutsche thun, daher wäre es sündlich, irgend eine Belohnung zu erwarten. Aber sein Sie einmal großmüthig, lassen Sie das meine Beloh¬ nung werden, daß ich Sie bis Hamburg geleite. In der nächsten Stadt läßt sich dies Alles auch bequemer und ruhiger abmachen, daher denken Sie jetzt an nichts, als an die nicht unfreundliche Gegenwart. --
ſie meine Guͤte noch in Anſpruch nehmen, um hier ihre fernern Einrichtungen treffen zu koͤnnen. Ich weiß nicht, wie es kam, denn mich ging die Sache eigentlich weiter nichts an, aber mich ergriff nach ihren Worten eine ſonderbare Angſt, alle Pulſe ſchlugen in verwirrter Aufregung, und mir war, als koͤnne ich mich nimmermehr von dieſem Weſen trennen! — Ich ehre, ſagte ich endlich in einiger Verwirrung, ich ehre ihre Ge¬ ſinnung, denn ſie zeigt mir Ihr edles Herz. Sie wollen aus einer vielleicht zu weit gehenden Schonung oder Scheu nicht weiter unter unſerm Schutze reiſen. Allein glauben Sie, daß mir dies gleichguͤltig ſein kann? Die Welt, und ſie iſt oft verkehrt genug, die Welt billigt vielleicht nicht, was jetzt Verhaͤltniſſe gutheißen; aber trennen Sie das zarte Band nicht ſo ſchnell, ſo ſcho¬ nungslos, das uns jetzt gegenſeitig umſchlingt. Was ich mit meinem Freunde that, wird jeder gute Deutſche thun, daher waͤre es ſuͤndlich, irgend eine Belohnung zu erwarten. Aber ſein Sie einmal großmuͤthig, laſſen Sie das meine Beloh¬ nung werden, daß ich Sie bis Hamburg geleite. In der naͤchſten Stadt laͤßt ſich dies Alles auch bequemer und ruhiger abmachen, daher denken Sie jetzt an nichts, als an die nicht unfreundliche Gegenwart. —
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ſie meine Guͤte noch in Anſpruch nehmen, um
hier ihre fernern Einrichtungen treffen zu koͤnnen.
Ich weiß nicht, wie es kam, denn mich ging die
Sache eigentlich weiter nichts an, aber mich
ergriff nach ihren Worten eine ſonderbare Angſt,
alle Pulſe ſchlugen in verwirrter Aufregung, und
mir war, als koͤnne ich mich nimmermehr von
dieſem Weſen trennen! — Ich ehre, ſagte ich
endlich in einiger Verwirrung, ich ehre ihre Ge¬
ſinnung, denn ſie zeigt mir Ihr edles Herz. Sie
wollen aus einer vielleicht zu weit gehenden
Schonung oder Scheu nicht weiter unter unſerm
Schutze reiſen. Allein glauben Sie, daß mir
dies gleichguͤltig ſein kann? Die Welt, und ſie iſt
oft verkehrt genug, die Welt billigt vielleicht nicht,
was jetzt Verhaͤltniſſe gutheißen; aber trennen
Sie das zarte Band nicht ſo ſchnell, ſo ſcho¬
nungslos, das uns jetzt gegenſeitig umſchlingt.
Was ich mit meinem Freunde that, wird jeder
gute Deutſche thun, daher waͤre es ſuͤndlich, irgend
eine Belohnung zu erwarten. Aber ſein Sie
einmal großmuͤthig, laſſen Sie das meine Beloh¬
nung werden, daß ich Sie bis Hamburg geleite.
In der naͤchſten Stadt laͤßt ſich dies Alles auch
bequemer und ruhiger abmachen, daher denken
Sie jetzt an nichts, als an die nicht unfreundliche
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Clauren, Heinrich: Liebe und Irrthum. Nordhausen, 1827, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/clauren_liebe_1827/219>, abgerufen am 26.11.2024.
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