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Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899.

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Die Erscheinung Christi.
lichkeit, dass Christus kein Jude war, dass er keinen Tropfen echt
jüdischen Blutes in den Adern hatte, ist so gross, dass sie einer Ge-
wissheit fast gleichkommt. Welcher Rasse gehörte er an? Darauf
lässt sich gar keine Antwort geben. Da das Land zwischen Phönicien
und dem in seinem südwestlichen Teile mit semitischem Blute durch-
tränkten Syrien lag, dazu vielleicht von seiner früheren gemischt-israeli-
tischen (doch zu keiner Zeit jüdischen) Bevölkerung nicht ganz gesäubert
war, ist die Wahrscheinlichkeit eines vorwiegend semitischen Stamm-
baumes gross. Wer aber nur den geringsten Einblick in das Rassenbabel
des assyrischen Reiches gethan hat,1) und wer dann erfährt, dass aus den
verschiedensten Teilen dieses Reiches Kolonisten in jene frühere Heim-
statt Israels übersiedelten, wird nicht schnell bei der Hand mit einer
Antwort sein. Es ist ja möglich, dass in einigen dieser Kolonisten-
gruppen eine Tradition herrschte, untereinander zu heiraten, wo-
durch dann ein Stamm sich rein erhalten hätte; dass das aber über
ein halbes Jahrtausend durchgeführt worden sei, ist fast undenkbar;
gerade durch den Übertritt zum jüdischen Kultus verwischten sich
nach und nach die Stammesunterschiede, die zuerst (II Könige XVII, 29)
durch heimatliche Religionsgebräuche aufrecht erhalten worden waren.
In späteren Zeiten wanderten nun ausserdem, wie wir hörten, Griechen
ein; jedenfalls gehörten sie zu den ärmsten Klassen, und nahmen natürlich
sofort den "Landesgott" an! -- Nur eine Behauptung können wir also
auf gesunder historischer Grundlage aufstellen: in jenem ganzen Welt-
teile gab es eine einzige reine Rasse, eine Rasse, die durch pein-
liche Vorschriften sich vor jeder Vermengung mit anderen Völker-
schaften schützte -- die jüdische; dass Jesus Christus ihr nicht ange-
hörte, kann als sicher betrachtet werden. Jede weitere Behauptung
ist hypothetisch.

Dieses Ergebnis, wenngleich rein negativ, ist von grossem Werte;
es bedeutet einen wichtigen Beitrag zur richtigen Erkenntnis der Er-
scheinung Christi, somit auch zum Verständnis ihrer Wirksamkeit bis auf
den heutigen Tag und zur Entwirrung des wild verhedderten Knäuels

über die Freiheit der Rede, die Freiheit der Wissenschaft u. s. w. gehört; in Wahr-
heit sind wir aber ärger geknechtet gewesen als im 18. Jahrhundert; denn zu den
früheren Gewalthabern, die nie in Wirklichkeit entwaffneten, kamen neue, schlimmere
hinzu. Der frühere Zwang konnte, bei allem bittern Unrecht, den Charakter
stärken, der neue, der nur von Geld ausgeht und nur auf Geld hinzielt, entwürdigt
zur niedrigsten Sklaverei.
1) Vergl. namentlich Sayce: The races of the Old Testament.

Die Erscheinung Christi.
lichkeit, dass Christus kein Jude war, dass er keinen Tropfen echt
jüdischen Blutes in den Adern hatte, ist so gross, dass sie einer Ge-
wissheit fast gleichkommt. Welcher Rasse gehörte er an? Darauf
lässt sich gar keine Antwort geben. Da das Land zwischen Phönicien
und dem in seinem südwestlichen Teile mit semitischem Blute durch-
tränkten Syrien lag, dazu vielleicht von seiner früheren gemischt-israeli-
tischen (doch zu keiner Zeit jüdischen) Bevölkerung nicht ganz gesäubert
war, ist die Wahrscheinlichkeit eines vorwiegend semitischen Stamm-
baumes gross. Wer aber nur den geringsten Einblick in das Rassenbabel
des assyrischen Reiches gethan hat,1) und wer dann erfährt, dass aus den
verschiedensten Teilen dieses Reiches Kolonisten in jene frühere Heim-
statt Israels übersiedelten, wird nicht schnell bei der Hand mit einer
Antwort sein. Es ist ja möglich, dass in einigen dieser Kolonisten-
gruppen eine Tradition herrschte, untereinander zu heiraten, wo-
durch dann ein Stamm sich rein erhalten hätte; dass das aber über
ein halbes Jahrtausend durchgeführt worden sei, ist fast undenkbar;
gerade durch den Übertritt zum jüdischen Kultus verwischten sich
nach und nach die Stammesunterschiede, die zuerst (II Könige XVII, 29)
durch heimatliche Religionsgebräuche aufrecht erhalten worden waren.
In späteren Zeiten wanderten nun ausserdem, wie wir hörten, Griechen
ein; jedenfalls gehörten sie zu den ärmsten Klassen, und nahmen natürlich
sofort den »Landesgott« an! — Nur eine Behauptung können wir also
auf gesunder historischer Grundlage aufstellen: in jenem ganzen Welt-
teile gab es eine einzige reine Rasse, eine Rasse, die durch pein-
liche Vorschriften sich vor jeder Vermengung mit anderen Völker-
schaften schützte — die jüdische; dass Jesus Christus ihr nicht ange-
hörte, kann als sicher betrachtet werden. Jede weitere Behauptung
ist hypothetisch.

Dieses Ergebnis, wenngleich rein negativ, ist von grossem Werte;
es bedeutet einen wichtigen Beitrag zur richtigen Erkenntnis der Er-
scheinung Christi, somit auch zum Verständnis ihrer Wirksamkeit bis auf
den heutigen Tag und zur Entwirrung des wild verhedderten Knäuels

über die Freiheit der Rede, die Freiheit der Wissenschaft u. s. w. gehört; in Wahr-
heit sind wir aber ärger geknechtet gewesen als im 18. Jahrhundert; denn zu den
früheren Gewalthabern, die nie in Wirklichkeit entwaffneten, kamen neue, schlimmere
hinzu. Der frühere Zwang konnte, bei allem bittern Unrecht, den Charakter
stärken, der neue, der nur von Geld ausgeht und nur auf Geld hinzielt, entwürdigt
zur niedrigsten Sklaverei.
1) Vergl. namentlich Sayce: The races of the Old Testament.
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[219/0242] Die Erscheinung Christi. lichkeit, dass Christus kein Jude war, dass er keinen Tropfen echt jüdischen Blutes in den Adern hatte, ist so gross, dass sie einer Ge- wissheit fast gleichkommt. Welcher Rasse gehörte er an? Darauf lässt sich gar keine Antwort geben. Da das Land zwischen Phönicien und dem in seinem südwestlichen Teile mit semitischem Blute durch- tränkten Syrien lag, dazu vielleicht von seiner früheren gemischt-israeli- tischen (doch zu keiner Zeit jüdischen) Bevölkerung nicht ganz gesäubert war, ist die Wahrscheinlichkeit eines vorwiegend semitischen Stamm- baumes gross. Wer aber nur den geringsten Einblick in das Rassenbabel des assyrischen Reiches gethan hat, 1) und wer dann erfährt, dass aus den verschiedensten Teilen dieses Reiches Kolonisten in jene frühere Heim- statt Israels übersiedelten, wird nicht schnell bei der Hand mit einer Antwort sein. Es ist ja möglich, dass in einigen dieser Kolonisten- gruppen eine Tradition herrschte, untereinander zu heiraten, wo- durch dann ein Stamm sich rein erhalten hätte; dass das aber über ein halbes Jahrtausend durchgeführt worden sei, ist fast undenkbar; gerade durch den Übertritt zum jüdischen Kultus verwischten sich nach und nach die Stammesunterschiede, die zuerst (II Könige XVII, 29) durch heimatliche Religionsgebräuche aufrecht erhalten worden waren. In späteren Zeiten wanderten nun ausserdem, wie wir hörten, Griechen ein; jedenfalls gehörten sie zu den ärmsten Klassen, und nahmen natürlich sofort den »Landesgott« an! — Nur eine Behauptung können wir also auf gesunder historischer Grundlage aufstellen: in jenem ganzen Welt- teile gab es eine einzige reine Rasse, eine Rasse, die durch pein- liche Vorschriften sich vor jeder Vermengung mit anderen Völker- schaften schützte — die jüdische; dass Jesus Christus ihr nicht ange- hörte, kann als sicher betrachtet werden. Jede weitere Behauptung ist hypothetisch. Dieses Ergebnis, wenngleich rein negativ, ist von grossem Werte; es bedeutet einen wichtigen Beitrag zur richtigen Erkenntnis der Er- scheinung Christi, somit auch zum Verständnis ihrer Wirksamkeit bis auf den heutigen Tag und zur Entwirrung des wild verhedderten Knäuels 1) 1) Vergl. namentlich Sayce: The races of the Old Testament. 1) über die Freiheit der Rede, die Freiheit der Wissenschaft u. s. w. gehört; in Wahr- heit sind wir aber ärger geknechtet gewesen als im 18. Jahrhundert; denn zu den früheren Gewalthabern, die nie in Wirklichkeit entwaffneten, kamen neue, schlimmere hinzu. Der frühere Zwang konnte, bei allem bittern Unrecht, den Charakter stärken, der neue, der nur von Geld ausgeht und nur auf Geld hinzielt, entwürdigt zur niedrigsten Sklaverei.

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Zitationshilfe: Chamberlain, Houston Stewart: Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts. Bd. 1. München 1899, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/chamberlain_grundlagen01_1899/242>, abgerufen am 28.11.2024.