Menge von Beobachtungen, welche der Verfasser in seinen andern Werken verwerthet hat.
Wurden durch die vorstehend geschilderten Reisen Welttheile auf- geschlossen, welche entweder in Folge ihrer in dieser Zeit stattgehabten Entdeckung neu in die Vorstellung vom Bau der Erde eingetreten wa- ren oder durch ihre Beziehung zu solchen neuentdeckten ein besonderes Interesse erlangt hatten, waren andererseits die durchsuchten Länder Stellen der Erdoberfläche, welche als Sitze der ältesten menschlichen Bildung und Gesittung eine klassische Bedeutung besaßen, so ruhte der Forschungstrieb doch hierbei nicht, sondern erstreckte sich auch noch, freilich nicht aus rein wissenschaftlichen Beweggründen, auf einzelne bis dahin nur unvollständig gekannte Stellen der alten Welt. Die geographisch wichtigsten Unternehmungen galten der Aufhellung des äußersten Norden Europa's. Doch ist der Gewinn für Zoologie, welcher aus diesen vorzüglich von Engländern, später auch von Holländern ausgeführten Reisen floß, sehr unbedeutend, wenn überhaupt einer Er- wähnung werth. Eingehendere Notizen über naturgeschichtliche Gegen- stände enthält dagegen das den skandinavischen Norden betreffende Werk des Schweden Olaf Stor, oder wie er in der latinisirten Form seines Namens bekannter heißt, Olaus Magnus. Derselbe war 1490 geboren, wurde Geistlicher und als Archidiacon der Kirche von Strengnäs zugetheilt. Die Einführung der Reformation in Schweden durch Gustav Wasa veranlaßte aber sowohl seinen Bruder Johan, welcher Erzbischoff von Upsala war, als ihn selbst, Schweden zu ver- lassen und nach Rom zu gehen. Dort wurde er, nachdem das Erzbis- thum von Upsala durch den im Jahre 1544 erfolgten Tod seines Bru- ders erledigt war, zu dessen Nachfolger ernannt. Er betrat jedoch Schweden nicht wieder; er starb in Rom im Jahre 1558. Fern von seinem Vaterland hat er auch dessen Schilderung verfaßt61). Von den naturhistorischen Bemerkungen, welche dieses in mehrfacher Beziehung wichtige Werk enthält, sind die merkwürdigsten die Geschichten dreier Thiere, welche sich theils in ihrer fabelhaften Form bis jetzt, wenigstens
61)Historia de gentibus septentrionalibus. Romae, 1555. Fol.
Erweiterung der ſpeciellen Thierkenntniß.
Menge von Beobachtungen, welche der Verfaſſer in ſeinen andern Werken verwerthet hat.
Wurden durch die vorſtehend geſchilderten Reiſen Welttheile auf- geſchloſſen, welche entweder in Folge ihrer in dieſer Zeit ſtattgehabten Entdeckung neu in die Vorſtellung vom Bau der Erde eingetreten wa- ren oder durch ihre Beziehung zu ſolchen neuentdeckten ein beſonderes Intereſſe erlangt hatten, waren andererſeits die durchſuchten Länder Stellen der Erdoberfläche, welche als Sitze der älteſten menſchlichen Bildung und Geſittung eine klaſſiſche Bedeutung beſaßen, ſo ruhte der Forſchungstrieb doch hierbei nicht, ſondern erſtreckte ſich auch noch, freilich nicht aus rein wiſſenſchaftlichen Beweggründen, auf einzelne bis dahin nur unvollſtändig gekannte Stellen der alten Welt. Die geographiſch wichtigſten Unternehmungen galten der Aufhellung des äußerſten Norden Europa's. Doch iſt der Gewinn für Zoologie, welcher aus dieſen vorzüglich von Engländern, ſpäter auch von Holländern ausgeführten Reiſen floß, ſehr unbedeutend, wenn überhaupt einer Er- wähnung werth. Eingehendere Notizen über naturgeſchichtliche Gegen- ſtände enthält dagegen das den ſkandinaviſchen Norden betreffende Werk des Schweden Olaf Stor, oder wie er in der latiniſirten Form ſeines Namens bekannter heißt, Olaus Magnus. Derſelbe war 1490 geboren, wurde Geiſtlicher und als Archidiacon der Kirche von Strengnäs zugetheilt. Die Einführung der Reformation in Schweden durch Guſtav Waſa veranlaßte aber ſowohl ſeinen Bruder Johan, welcher Erzbiſchoff von Upſala war, als ihn ſelbſt, Schweden zu ver- laſſen und nach Rom zu gehen. Dort wurde er, nachdem das Erzbis- thum von Upſala durch den im Jahre 1544 erfolgten Tod ſeines Bru- ders erledigt war, zu deſſen Nachfolger ernannt. Er betrat jedoch Schweden nicht wieder; er ſtarb in Rom im Jahre 1558. Fern von ſeinem Vaterland hat er auch deſſen Schilderung verfaßt61). Von den naturhiſtoriſchen Bemerkungen, welche dieſes in mehrfacher Beziehung wichtige Werk enthält, ſind die merkwürdigſten die Geſchichten dreier Thiere, welche ſich theils in ihrer fabelhaften Form bis jetzt, wenigſtens
61)Historia de gentibus septentrionalibus. Romae, 1555. Fol.
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Erweiterung der ſpeciellen Thierkenntniß.
Menge von Beobachtungen, welche der Verfaſſer in ſeinen andern
Werken verwerthet hat.
Wurden durch die vorſtehend geſchilderten Reiſen Welttheile auf-
geſchloſſen, welche entweder in Folge ihrer in dieſer Zeit ſtattgehabten
Entdeckung neu in die Vorſtellung vom Bau der Erde eingetreten wa-
ren oder durch ihre Beziehung zu ſolchen neuentdeckten ein beſonderes
Intereſſe erlangt hatten, waren andererſeits die durchſuchten Länder
Stellen der Erdoberfläche, welche als Sitze der älteſten menſchlichen
Bildung und Geſittung eine klaſſiſche Bedeutung beſaßen, ſo ruhte der
Forſchungstrieb doch hierbei nicht, ſondern erſtreckte ſich auch noch,
freilich nicht aus rein wiſſenſchaftlichen Beweggründen, auf einzelne
bis dahin nur unvollſtändig gekannte Stellen der alten Welt. Die
geographiſch wichtigſten Unternehmungen galten der Aufhellung des
äußerſten Norden Europa's. Doch iſt der Gewinn für Zoologie, welcher
aus dieſen vorzüglich von Engländern, ſpäter auch von Holländern
ausgeführten Reiſen floß, ſehr unbedeutend, wenn überhaupt einer Er-
wähnung werth. Eingehendere Notizen über naturgeſchichtliche Gegen-
ſtände enthält dagegen das den ſkandinaviſchen Norden betreffende
Werk des Schweden Olaf Stor, oder wie er in der latiniſirten Form
ſeines Namens bekannter heißt, Olaus Magnus. Derſelbe war
1490 geboren, wurde Geiſtlicher und als Archidiacon der Kirche von
Strengnäs zugetheilt. Die Einführung der Reformation in Schweden
durch Guſtav Waſa veranlaßte aber ſowohl ſeinen Bruder Johan,
welcher Erzbiſchoff von Upſala war, als ihn ſelbſt, Schweden zu ver-
laſſen und nach Rom zu gehen. Dort wurde er, nachdem das Erzbis-
thum von Upſala durch den im Jahre 1544 erfolgten Tod ſeines Bru-
ders erledigt war, zu deſſen Nachfolger ernannt. Er betrat jedoch
Schweden nicht wieder; er ſtarb in Rom im Jahre 1558. Fern von
ſeinem Vaterland hat er auch deſſen Schilderung verfaßt 61). Von den
naturhiſtoriſchen Bemerkungen, welche dieſes in mehrfacher Beziehung
wichtige Werk enthält, ſind die merkwürdigſten die Geſchichten dreier
Thiere, welche ſich theils in ihrer fabelhaften Form bis jetzt, wenigſtens
61) Historia de gentibus septentrionalibus. Romae, 1555. Fol.
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Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/carus_zoologie_1872/346>, abgerufen am 22.11.2024.
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