Carus, Julius Victor: Geschichte der Zoologie bis auf Johannes Müller und Charles Darwin. München, 1872.Die Zoologie des Mittelalters. den Lesewelt durch die lateinische Uebersetzung des Julius Valerius (imvierten oder fünften Jahrhundert entstanden) zugänglich und verbreitete sich besonders in dieser vielfach überarbeiteten Form über ganz Europa, wie sie denn im fünften Jahrhundert selbst in das Armenische übersetzt wurde. Spätere Formen, welche sie durch Palladius, den Archipres- byter Leo (Historia de preliis, zwischen 920-944) annahm, enthal- ten einzelne sich allmählich erweiternde Zusätze. Ziemlich selbständig steht neben der Sage der Briefwechsel zwischen Alexander und dem Bragmanenkönig Dindimus da, welcher, seit dem 9. Jahrhundert in Handschriften häufig, mit den Berichten über Alexander's Aufenthalt in Indien Quelle für manche spätere ethnographische Angabe geworden ist158). In der Alexandersage kommen die Aspidochelone des Physiolo- gus, der Odontotyrannus, die Oxydraken und andere auf einzelne Be- obachtungen sich gründende, aber durch die Phantasie zu immer fabel- hafteren Wesen sich erweiternde Gebilde vor. Ein späterer Abschnitt über die Leistungen der historischen Zoologie wird die Versuche, diese Formen zu deuten und ihren naturhistorischen Gehalt nachzuweisen, kurz anzuführen haben. Mit eigenthümlicher Zähigkeit hat sich eine von den manchen Fa- 158) Auf diese Quelle ist die Notiz Hoffmann's von Fallersleben
zurückzuführen, wonach die Hindus in Europa früh bekannt gewesen seien. siehe Mone, Anzeiger. 2. Jahrg. 1833. S. 164. Vergl. auch die selbständige, im Mittelalter öfter vorkommende Erzählung von den Oxydraken im Alexander des Pfaffen Lamprecht. Ausgabe von Weismann. 1. Bd. S. 259 flgde, V. 4609 bis 4952. Die Zoologie des Mittelalters. den Leſewelt durch die lateiniſche Ueberſetzung des Julius Valerius (imvierten oder fünften Jahrhundert entſtanden) zugänglich und verbreitete ſich beſonders in dieſer vielfach überarbeiteten Form über ganz Europa, wie ſie denn im fünften Jahrhundert ſelbſt in das Armeniſche überſetzt wurde. Spätere Formen, welche ſie durch Palladius, den Archipres- byter Leo (Historia de preliis, zwiſchen 920-944) annahm, enthal- ten einzelne ſich allmählich erweiternde Zuſätze. Ziemlich ſelbſtändig ſteht neben der Sage der Briefwechſel zwiſchen Alexander und dem Bragmanenkönig Dindimus da, welcher, ſeit dem 9. Jahrhundert in Handſchriften häufig, mit den Berichten über Alexander's Aufenthalt in Indien Quelle für manche ſpätere ethnographiſche Angabe geworden iſt158). In der Alexanderſage kommen die Aspidochelone des Phyſiolo- gus, der Odontotyrannus, die Oxydraken und andere auf einzelne Be- obachtungen ſich gründende, aber durch die Phantaſie zu immer fabel- hafteren Weſen ſich erweiternde Gebilde vor. Ein ſpäterer Abſchnitt über die Leiſtungen der hiſtoriſchen Zoologie wird die Verſuche, dieſe Formen zu deuten und ihren naturhiſtoriſchen Gehalt nachzuweiſen, kurz anzuführen haben. Mit eigenthümlicher Zähigkeit hat ſich eine von den manchen Fa- 158) Auf dieſe Quelle iſt die Notiz Hoffmann's von Fallersleben
zurückzuführen, wonach die Hindus in Europa früh bekannt geweſen ſeien. ſiehe Mone, Anzeiger. 2. Jahrg. 1833. S. 164. Vergl. auch die ſelbſtändige, im Mittelalter öfter vorkommende Erzählung von den Oxydraken im Alexander des Pfaffen Lamprecht. Ausgabe von Weismann. 1. Bd. S. 259 flgde, V. 4609 bis 4952. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0201" n="190"/><fw place="top" type="header">Die Zoologie des Mittelalters.</fw><lb/> den Leſewelt durch die lateiniſche Ueberſetzung des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118803786">Julius Valerius</persName> (im<lb/> vierten oder fünften Jahrhundert entſtanden) zugänglich und verbreitete<lb/> ſich beſonders in dieſer vielfach überarbeiteten Form über ganz Europa,<lb/> wie ſie denn im fünften Jahrhundert ſelbſt in das Armeniſche überſetzt<lb/> wurde. Spätere Formen, welche ſie durch <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118739034">Palladius</persName>, den Archipres-<lb/> byter <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119508796">Leo</persName> (<hi rendition="#aq">Historia de preliis,</hi> zwiſchen 920-944) annahm, enthal-<lb/> ten einzelne ſich allmählich erweiternde Zuſätze. Ziemlich ſelbſtändig<lb/> ſteht neben der Sage der Briefwechſel zwiſchen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118501828">Alexander</persName> und dem<lb/> Bragmanenkönig Dindimus da, welcher, ſeit dem 9. Jahrhundert in<lb/> Handſchriften häufig, mit den Berichten über <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118501828">Alexander</persName>'s Aufenthalt<lb/> in Indien Quelle für manche ſpätere ethnographiſche Angabe geworden<lb/> iſt<note place="foot" n="158)">Auf dieſe Quelle iſt die Notiz <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118552589">Hoffmann</persName>'s von Fallersleben</hi><lb/> zurückzuführen, wonach die Hindus in Europa früh bekannt geweſen ſeien. ſiehe<lb/><hi rendition="#g">Mone</hi>, Anzeiger. 2. Jahrg. 1833. S. 164. Vergl. auch die ſelbſtändige, im<lb/> Mittelalter öfter vorkommende Erzählung von den Oxydraken im <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118501828">Alexander</persName> des<lb/> Pfaffen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640305">Lamprecht</persName>. Ausgabe von <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/117278963">Weismann</persName></hi>. 1. Bd. S. 259 flgde, V. 4609<lb/> bis 4952.</note>. In der Alexanderſage kommen die Aspidochelone des Phyſiolo-<lb/> gus, der Odontotyrannus, die Oxydraken und andere auf einzelne Be-<lb/> obachtungen ſich gründende, aber durch die Phantaſie zu immer fabel-<lb/> hafteren Weſen ſich erweiternde Gebilde vor. Ein ſpäterer Abſchnitt<lb/> über die Leiſtungen der hiſtoriſchen Zoologie wird die Verſuche, dieſe<lb/> Formen zu deuten und ihren naturhiſtoriſchen Gehalt nachzuweiſen,<lb/> kurz anzuführen haben.</p><lb/> <p>Mit eigenthümlicher Zähigkeit hat ſich eine von den manchen Fa-<lb/> beln Jahrhunderte lang zu erhalten vermocht, trotzdem ſich ſchon früh<lb/> einflußreiche Stimmen erhoben, welche das Unhaltbare der ganzen Er-<lb/> zählung darzuthun verſuchten, die Fabel von der <hi rendition="#g">Baumgans</hi> oder<lb/> überhaupt von gewiſſen, aus den Früchten an der Meeresküſte wach-<lb/> ſender Bäume ſich entwickelnden Vögeln. Bei der großen Ueberein-<lb/> ſtimmung, welche vorzüglich im zwölften und dreizehnten Jahrhundert<lb/> Schriftſteller aus oder über Großbritannien in Bezug auf das Vor-<lb/> kommen dieſer Vögel an Küſtentheilen jener Inſeln zeigten, hätte es<lb/> faſt ſcheinen können, als ob die Fabel die Erfindung einzelner engliſcher<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0201]
Die Zoologie des Mittelalters.
den Leſewelt durch die lateiniſche Ueberſetzung des Julius Valerius (im
vierten oder fünften Jahrhundert entſtanden) zugänglich und verbreitete
ſich beſonders in dieſer vielfach überarbeiteten Form über ganz Europa,
wie ſie denn im fünften Jahrhundert ſelbſt in das Armeniſche überſetzt
wurde. Spätere Formen, welche ſie durch Palladius, den Archipres-
byter Leo (Historia de preliis, zwiſchen 920-944) annahm, enthal-
ten einzelne ſich allmählich erweiternde Zuſätze. Ziemlich ſelbſtändig
ſteht neben der Sage der Briefwechſel zwiſchen Alexander und dem
Bragmanenkönig Dindimus da, welcher, ſeit dem 9. Jahrhundert in
Handſchriften häufig, mit den Berichten über Alexander's Aufenthalt
in Indien Quelle für manche ſpätere ethnographiſche Angabe geworden
iſt 158). In der Alexanderſage kommen die Aspidochelone des Phyſiolo-
gus, der Odontotyrannus, die Oxydraken und andere auf einzelne Be-
obachtungen ſich gründende, aber durch die Phantaſie zu immer fabel-
hafteren Weſen ſich erweiternde Gebilde vor. Ein ſpäterer Abſchnitt
über die Leiſtungen der hiſtoriſchen Zoologie wird die Verſuche, dieſe
Formen zu deuten und ihren naturhiſtoriſchen Gehalt nachzuweiſen,
kurz anzuführen haben.
Mit eigenthümlicher Zähigkeit hat ſich eine von den manchen Fa-
beln Jahrhunderte lang zu erhalten vermocht, trotzdem ſich ſchon früh
einflußreiche Stimmen erhoben, welche das Unhaltbare der ganzen Er-
zählung darzuthun verſuchten, die Fabel von der Baumgans oder
überhaupt von gewiſſen, aus den Früchten an der Meeresküſte wach-
ſender Bäume ſich entwickelnden Vögeln. Bei der großen Ueberein-
ſtimmung, welche vorzüglich im zwölften und dreizehnten Jahrhundert
Schriftſteller aus oder über Großbritannien in Bezug auf das Vor-
kommen dieſer Vögel an Küſtentheilen jener Inſeln zeigten, hätte es
faſt ſcheinen können, als ob die Fabel die Erfindung einzelner engliſcher
158) Auf dieſe Quelle iſt die Notiz Hoffmann's von Fallersleben
zurückzuführen, wonach die Hindus in Europa früh bekannt geweſen ſeien. ſiehe
Mone, Anzeiger. 2. Jahrg. 1833. S. 164. Vergl. auch die ſelbſtändige, im
Mittelalter öfter vorkommende Erzählung von den Oxydraken im Alexander des
Pfaffen Lamprecht. Ausgabe von Weismann. 1. Bd. S. 259 flgde, V. 4609
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