Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745.

Bild:
<< vorherige Seite

23. Aehmed der III
Noth zu verursachen; weil die Feldhauptleute, die sich auf Brankowans Ver-
sprechen verließen, nicht mehr als für zwanzig Tage Lebensmittel mitgebracht,
die Heuschrecken aber alles Gras in Moldan aufgefressen hatten.

36.

Aus dieser Ursache schicket der Zar den Feldhauptmann RönneDer Zar
schicket einen
Theil seines
Heeres in die
Walachey, nach
Futter und Le-
bensmitteln.

und den Grafen Thomas Kantakuzen mit einem Theile des Heeres nach der
Walachey, um sich dessen, was Brankowan nicht mit gutem Willen hergeben
wollte, mit Gewalt zu bemeistern und damit die Soldaten zu erquicken. Diese
Truppen gehen über das moldauische Gebirge, bestürmen zuerst Braila, und
zwingen nach einer viertägigen Belagerung die türkische Besatzung, sich zu er-
geben. Als sie weiter fortrücken wollen, um tiefer in die Walachey einzudrin-
gen: so werden sie durch ein Schreiben des Zars zurück berufen, darinnen
ihnen befohlen wird, Braila den Türken wieder einzuräumen und zurück
zu kehren.

37.

Nämlich nach dem Abzuge derselben aus dem Lager war der ZarRücket weiter
fort, um sich
des Uebergan-
ges über die
Donau zu ver-
sichern.

mit seinem ganzen Heere nach Tschutschora gezogen, in der Absicht, sich noch
vor Ankunft der Türken der Brücke über die Donau zu bemächtigen. Als er
aber bey dem Hügel Rabie anlanget: so erhält derselbe Kundschaft, daß der
Weßir mit seinem gesammten Kriegesheere, das der Sage nach zwey mal hun-
dert und zwanzig tausend Mann stark seyn sollte, bereits über die Donau
gegangen sey, und seinen Zug mit großer Behendigkeit gegen Faltschij
fortsetze.

38.

Hierauf schicket derselbe den russischen Feldhauptmann JanusSchicket einen
Theil seiner
Truppen ab, um
dem Weßire den
Uebergang über
den Prut streitig
zu machen.

mit sieben tausend seiner Truppen, fünf hundert Moldauern und etlichen
hundert Kosaken gegen Faltschij, um die Türken zu verhindern, daß sie nicht
über den Prut gingen.

39.

Ehe aber der Feldhauptmann nach Faltschij kommt, und da erDiese werden
von dem Feinde
umringet, und
kommen in
große Gefahr.

bey dem Dorfe Barsenij an dem östlichen Gestade des Pruts anlanget: so er-
blicket er das ganze Heer der Türken und Tatarn, und sendet davon durch
[Spaltenumbruch]

Aga von Bostandschi Baschi verrätherischer
Weise in das Kjawakj oder Schloß an dem
constantinopelischen Kanale gelocket, und
daselbst auf des Sultans Befehl enthauptet;
[Spaltenumbruch]
weil man glaubte, er sey von den Russen be-
stochen worden, und bey dem Frieden, den
der Weßir gemacht hatte, der vornehmste
Rathgeber gewesen.

einen

23. Aehmed der III
Noth zu verurſachen; weil die Feldhauptleute, die ſich auf Brankowans Ver-
ſprechen verließen, nicht mehr als fuͤr zwanzig Tage Lebensmittel mitgebracht,
die Heuſchrecken aber alles Gras in Moldan aufgefreſſen hatten.

36.

Aus dieſer Urſache ſchicket der Zar den Feldhauptmann RoͤnneDer Zar
ſchicket einen
Theil ſeines
Heeres in die
Walachey, nach
Futter und Le-
bensmitteln.

und den Grafen Thomas Kantakuzen mit einem Theile des Heeres nach der
Walachey, um ſich deſſen, was Brankowan nicht mit gutem Willen hergeben
wollte, mit Gewalt zu bemeiſtern und damit die Soldaten zu erquicken. Dieſe
Truppen gehen uͤber das moldauiſche Gebirge, beſtuͤrmen zuerſt Braila, und
zwingen nach einer viertaͤgigen Belagerung die tuͤrkiſche Beſatzung, ſich zu er-
geben. Als ſie weiter fortruͤcken wollen, um tiefer in die Walachey einzudrin-
gen: ſo werden ſie durch ein Schreiben des Zars zuruͤck berufen, darinnen
ihnen befohlen wird, Braila den Tuͤrken wieder einzuraͤumen und zuruͤck
zu kehren.

37.

Naͤmlich nach dem Abzuge derſelben aus dem Lager war der ZarRuͤcket weiter
fort, um ſich
des Uebergan-
ges uͤber die
Donau zu ver-
ſichern.

mit ſeinem ganzen Heere nach Tſchutſchora gezogen, in der Abſicht, ſich noch
vor Ankunft der Tuͤrken der Bruͤcke uͤber die Donau zu bemaͤchtigen. Als er
aber bey dem Huͤgel Rabie anlanget: ſo erhaͤlt derſelbe Kundſchaft, daß der
Weßir mit ſeinem geſammten Kriegesheere, das der Sage nach zwey mal hun-
dert und zwanzig tauſend Mann ſtark ſeyn ſollte, bereits uͤber die Donau
gegangen ſey, und ſeinen Zug mit großer Behendigkeit gegen Faltſchij
fortſetze.

38.

Hierauf ſchicket derſelbe den ruſſiſchen Feldhauptmann JanusSchicket einen
Theil ſeiner
Truppen ab, um
dem Weßire den
Uebergang uͤber
den Prut ſtreitig
zu machen.

mit ſieben tauſend ſeiner Truppen, fuͤnf hundert Moldauern und etlichen
hundert Koſaken gegen Faltſchij, um die Tuͤrken zu verhindern, daß ſie nicht
uͤber den Prut gingen.

39.

Ehe aber der Feldhauptmann nach Faltſchij kommt, und da erDieſe werden
von dem Feinde
umringet, und
kommen in
große Gefahr.

bey dem Dorfe Barſenij an dem oͤſtlichen Geſtade des Pruts anlanget: ſo er-
blicket er das ganze Heer der Tuͤrken und Tatarn, und ſendet davon durch
[Spaltenumbruch]

Aga von Boſtandſchi Baſchi verraͤtheriſcher
Weiſe in das Kjawakj oder Schloß an dem
conſtantinopeliſchen Kanale gelocket, und
daſelbſt auf des Sultans Befehl enthauptet;
[Spaltenumbruch]
weil man glaubte, er ſey von den Ruſſen be-
ſtochen worden, und bey dem Frieden, den
der Weßir gemacht hatte, der vornehmſte
Rathgeber geweſen.

einen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0881" n="767"/><fw place="top" type="header">23. Aehmed der <hi rendition="#aq">III</hi></fw><lb/>
Noth zu verur&#x017F;achen; weil die Feldhauptleute, die &#x017F;ich auf Brankowans Ver-<lb/>
&#x017F;prechen verließen, nicht mehr als fu&#x0364;r zwanzig Tage Lebensmittel mitgebracht,<lb/>
die Heu&#x017F;chrecken aber alles Gras in Moldan aufgefre&#x017F;&#x017F;en hatten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>36.</head>
            <p>Aus die&#x017F;er Ur&#x017F;ache &#x017F;chicket der Zar den Feldhauptmann Ro&#x0364;nne<note place="right">Der Zar<lb/>
&#x017F;chicket einen<lb/>
Theil &#x017F;eines<lb/>
Heeres in die<lb/>
Walachey, nach<lb/>
Futter und Le-<lb/>
bensmitteln.</note><lb/>
und den Grafen Thomas Kantakuzen mit einem Theile des Heeres nach der<lb/>
Walachey, um &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en, was Brankowan nicht mit gutem Willen hergeben<lb/>
wollte, mit Gewalt zu bemei&#x017F;tern und damit die Soldaten zu erquicken. Die&#x017F;e<lb/>
Truppen gehen u&#x0364;ber das moldaui&#x017F;che Gebirge, be&#x017F;tu&#x0364;rmen zuer&#x017F;t Braila, und<lb/>
zwingen nach einer vierta&#x0364;gigen Belagerung die tu&#x0364;rki&#x017F;che Be&#x017F;atzung, &#x017F;ich zu er-<lb/>
geben. Als &#x017F;ie weiter fortru&#x0364;cken wollen, um tiefer in die Walachey einzudrin-<lb/>
gen: &#x017F;o werden &#x017F;ie durch ein Schreiben des Zars zuru&#x0364;ck berufen, darinnen<lb/>
ihnen befohlen wird, Braila den Tu&#x0364;rken wieder einzura&#x0364;umen und zuru&#x0364;ck<lb/>
zu kehren.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>37.</head>
            <p>Na&#x0364;mlich nach dem Abzuge der&#x017F;elben aus dem Lager war der Zar<note place="right">Ru&#x0364;cket weiter<lb/>
fort, um &#x017F;ich<lb/>
des Uebergan-<lb/>
ges u&#x0364;ber die<lb/>
Donau zu ver-<lb/>
&#x017F;ichern.</note><lb/>
mit &#x017F;einem ganzen Heere nach T&#x017F;chut&#x017F;chora gezogen, in der Ab&#x017F;icht, &#x017F;ich noch<lb/>
vor Ankunft der Tu&#x0364;rken der Bru&#x0364;cke u&#x0364;ber die Donau zu bema&#x0364;chtigen. Als er<lb/>
aber bey dem Hu&#x0364;gel Rabie anlanget: &#x017F;o erha&#x0364;lt der&#x017F;elbe Kund&#x017F;chaft, daß der<lb/>
Weßir mit &#x017F;einem ge&#x017F;ammten Kriegesheere, das der Sage nach zwey mal hun-<lb/>
dert und zwanzig tau&#x017F;end Mann &#x017F;tark &#x017F;eyn &#x017F;ollte, bereits u&#x0364;ber die Donau<lb/>
gegangen &#x017F;ey, und &#x017F;einen Zug mit großer Behendigkeit gegen Falt&#x017F;chij<lb/>
fort&#x017F;etze.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>38.</head>
            <p>Hierauf &#x017F;chicket der&#x017F;elbe den ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Feldhauptmann Janus<note place="right">Schicket einen<lb/>
Theil &#x017F;einer<lb/>
Truppen ab, um<lb/>
dem Weßire den<lb/>
Uebergang u&#x0364;ber<lb/>
den Prut &#x017F;treitig<lb/>
zu machen.</note><lb/>
mit &#x017F;ieben tau&#x017F;end &#x017F;einer Truppen, fu&#x0364;nf hundert Moldauern und etlichen<lb/>
hundert Ko&#x017F;aken gegen Falt&#x017F;chij, um die Tu&#x0364;rken zu verhindern, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
u&#x0364;ber den Prut gingen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>39.</head>
            <p>Ehe aber der Feldhauptmann nach Falt&#x017F;chij kommt, und da er<note place="right">Die&#x017F;e werden<lb/>
von dem Feinde<lb/>
umringet, und<lb/>
kommen in<lb/>
große Gefahr.</note><lb/>
bey dem Dorfe Bar&#x017F;enij an dem o&#x0364;&#x017F;tlichen Ge&#x017F;tade des Pruts anlanget: &#x017F;o er-<lb/>
blicket er das ganze Heer der Tu&#x0364;rken und Tatarn, und &#x017F;endet davon durch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einen</fw><lb/><cb n="1"/><lb/><note xml:id="G881" prev="#G880" place="end">Aga von Bo&#x017F;tand&#x017F;chi Ba&#x017F;chi verra&#x0364;theri&#x017F;cher<lb/>
Wei&#x017F;e in das Kjawakj oder Schloß an dem<lb/>
con&#x017F;tantinopeli&#x017F;chen Kanale gelocket, und<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t auf des Sultans Befehl enthauptet;<lb/><cb n="2"/><lb/>
weil man glaubte, er &#x017F;ey von den Ru&#x017F;&#x017F;en be-<lb/>
&#x017F;tochen worden, und bey dem Frieden, den<lb/>
der Weßir gemacht hatte, der vornehm&#x017F;te<lb/>
Rathgeber gewe&#x017F;en.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[767/0881] 23. Aehmed der III Noth zu verurſachen; weil die Feldhauptleute, die ſich auf Brankowans Ver- ſprechen verließen, nicht mehr als fuͤr zwanzig Tage Lebensmittel mitgebracht, die Heuſchrecken aber alles Gras in Moldan aufgefreſſen hatten. 36. Aus dieſer Urſache ſchicket der Zar den Feldhauptmann Roͤnne und den Grafen Thomas Kantakuzen mit einem Theile des Heeres nach der Walachey, um ſich deſſen, was Brankowan nicht mit gutem Willen hergeben wollte, mit Gewalt zu bemeiſtern und damit die Soldaten zu erquicken. Dieſe Truppen gehen uͤber das moldauiſche Gebirge, beſtuͤrmen zuerſt Braila, und zwingen nach einer viertaͤgigen Belagerung die tuͤrkiſche Beſatzung, ſich zu er- geben. Als ſie weiter fortruͤcken wollen, um tiefer in die Walachey einzudrin- gen: ſo werden ſie durch ein Schreiben des Zars zuruͤck berufen, darinnen ihnen befohlen wird, Braila den Tuͤrken wieder einzuraͤumen und zuruͤck zu kehren. Der Zar ſchicket einen Theil ſeines Heeres in die Walachey, nach Futter und Le- bensmitteln. 37. Naͤmlich nach dem Abzuge derſelben aus dem Lager war der Zar mit ſeinem ganzen Heere nach Tſchutſchora gezogen, in der Abſicht, ſich noch vor Ankunft der Tuͤrken der Bruͤcke uͤber die Donau zu bemaͤchtigen. Als er aber bey dem Huͤgel Rabie anlanget: ſo erhaͤlt derſelbe Kundſchaft, daß der Weßir mit ſeinem geſammten Kriegesheere, das der Sage nach zwey mal hun- dert und zwanzig tauſend Mann ſtark ſeyn ſollte, bereits uͤber die Donau gegangen ſey, und ſeinen Zug mit großer Behendigkeit gegen Faltſchij fortſetze. Ruͤcket weiter fort, um ſich des Uebergan- ges uͤber die Donau zu ver- ſichern. 38. Hierauf ſchicket derſelbe den ruſſiſchen Feldhauptmann Janus mit ſieben tauſend ſeiner Truppen, fuͤnf hundert Moldauern und etlichen hundert Koſaken gegen Faltſchij, um die Tuͤrken zu verhindern, daß ſie nicht uͤber den Prut gingen. Schicket einen Theil ſeiner Truppen ab, um dem Weßire den Uebergang uͤber den Prut ſtreitig zu machen. 39. Ehe aber der Feldhauptmann nach Faltſchij kommt, und da er bey dem Dorfe Barſenij an dem oͤſtlichen Geſtade des Pruts anlanget: ſo er- blicket er das ganze Heer der Tuͤrken und Tatarn, und ſendet davon durch einen Aga von Boſtandſchi Baſchi verraͤtheriſcher Weiſe in das Kjawakj oder Schloß an dem conſtantinopeliſchen Kanale gelocket, und daſelbſt auf des Sultans Befehl enthauptet; weil man glaubte, er ſey von den Ruſſen be- ſtochen worden, und bey dem Frieden, den der Weßir gemacht hatte, der vornehmſte Rathgeber geweſen. Dieſe werden von dem Feinde umringet, und kommen in große Gefahr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/881
Zitationshilfe: Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 767. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/881>, abgerufen am 20.05.2024.