ten: so giebt er dem Chane von der krimischen Tatarey Befehl, sich mit dem Weßire deswegen zu berathschlagen, und ihm seine Gedanken zu eröffnen, was er zum Besten des Reichs zu thun für nöthig erachte. Der Chan räthet dem Weßire, nichts unmittelbar gegen Brankowan zu unternehmen, sondern den- selben durch Hülfe des benachbarten Fürsten von Moldau in das Netz zu locken. Im Falle auch, daß der gegenwärtige Fürst zu dieser Unternehmung ungeschickt besunden werden sollte, sey er versichert, daß Demetrie Kantemir sich besser dazu schicken werde, als dessen Treue der Sultan sowol in Friedenszeiten, als im Kriege, zur Genüge erfahren habe.
31.
Der Sultan billiget diesen Vorschlag, setzet Nikolaus Maurocorda-Demetrie Kan- temir wird zum Fürsten in der Walachey er- nennet, unter dem Titel eines Fürsten von Moldau. tus ab, und verordnet Kantemir zum Fürsten in der Walachey, unter dem Titel eines Fürsten von Moldau. Er lässet demselben einen Unterrock von Zo- bel zum Geschenke reichen, und schicket ihn im Monate Schewwal des Jah- res 1122* in die Moldau, mit dem Befehle, sich der Person Brankowans un- ter dem Scheine der Freundschaft, Bundsverwandtschaft, oder einigem andern Vorwande, wie er es für dienlich erachte, zu bemächtigen, und denselben leben- dig oder todt nach Constantinopel zu liefern; und, wann er von dem Fürsten- thume Walachey werde Besitz genommen haben, die Regierung desselben zu übernehmen. Hierauf solle er einen andern Fürsten in Moldau bestellen, und die Wahl desselben der Bestätigung des Hofes anheim geben. Zu desto schleu- nigerer und füglicherer Vollstreckung dieses Vorhabens ertheilet er dem Chane unverzüglich Befehl, Kantemir so viel tausend Tatarn zukommen zu lassen, als er verlangen werde. Dagegen verspricht der Sultan Kantemir, daß er das Fürstenthum ebedi2* besitzen und ihm weder Tribut noch Pischkjesch3* ab- gefordert werden solle, so lange er sich in der Moldau aufhalten werde.
32.
Nachdem diese Versprechen durch ein Chättischerif bestätiget wor-Die Verspre- chen, die Kante- mir geschehen, werden ihm von dem verrätheri- schen osmani- schen Hofe nicht gehalten. den waren: so begiebt sich Kantemir gegen das Ende des Novembers mit dem Chane der Tatarey in die Moldau. Allein, wenige Tage nach seiner Ankunft allda erhält derselbe ein Schreiben von dem Kjihaja des obersten Weßirs, Osman Aga 8, darinnen von ihm gefordert wird, dem Sultane und Weßire unverzüglich das Pischkjesch, das gewöhnlicher Weise bey dem Eintritte eines [Spaltenumbruch]
dem der Friede mit den Russen geschlossen war: so sendete ihn der Weßir voraus, den Sultan zu besänftigen. Dieser empfing ihn [Spaltenumbruch] sehr freundlich (damit er nicht durch unzei- tige Entdeckung seines Vorhabens den Weßir veranlassen möchte, eine Empörung zu erre-
Für-
* im November des Jahres Christi 1710.
2* 471 S. 50 Anm.
3* 283 S.
5 D 3
23. Aehmed der III
ten: ſo giebt er dem Chane von der krimiſchen Tatarey Befehl, ſich mit dem Weßire deswegen zu berathſchlagen, und ihm ſeine Gedanken zu eroͤffnen, was er zum Beſten des Reichs zu thun fuͤr noͤthig erachte. Der Chan raͤthet dem Weßire, nichts unmittelbar gegen Brankowan zu unternehmen, ſondern den- ſelben durch Huͤlfe des benachbarten Fuͤrſten von Moldau in das Netz zu locken. Im Falle auch, daß der gegenwaͤrtige Fuͤrſt zu dieſer Unternehmung ungeſchickt beſunden werden ſollte, ſey er verſichert, daß Demetrie Kantemir ſich beſſer dazu ſchicken werde, als deſſen Treue der Sultan ſowol in Friedenszeiten, als im Kriege, zur Genuͤge erfahren habe.
31.
Der Sultan billiget dieſen Vorſchlag, ſetzet Nikolaus Maurocorda-Demetrie Kan- temir wird zum Fuͤrſten in der Walachey er- nennet, unter dem Titel eines Fuͤrſten von Moldau. tus ab, und verordnet Kantemir zum Fuͤrſten in der Walachey, unter dem Titel eines Fuͤrſten von Moldau. Er laͤſſet demſelben einen Unterrock von Zo- bel zum Geſchenke reichen, und ſchicket ihn im Monate Schewwal des Jah- res 1122* in die Moldau, mit dem Befehle, ſich der Perſon Brankowans un- ter dem Scheine der Freundſchaft, Bundsverwandtſchaft, oder einigem andern Vorwande, wie er es fuͤr dienlich erachte, zu bemaͤchtigen, und denſelben leben- dig oder todt nach Conſtantinopel zu liefern; und, wann er von dem Fuͤrſten- thume Walachey werde Beſitz genommen haben, die Regierung deſſelben zu uͤbernehmen. Hierauf ſolle er einen andern Fuͤrſten in Moldau beſtellen, und die Wahl deſſelben der Beſtaͤtigung des Hofes anheim geben. Zu deſto ſchleu- nigerer und fuͤglicherer Vollſtreckung dieſes Vorhabens ertheilet er dem Chane unverzuͤglich Befehl, Kantemir ſo viel tauſend Tatarn zukommen zu laſſen, als er verlangen werde. Dagegen verſpricht der Sultan Kantemir, daß er das Fuͤrſtenthum ebedi2* beſitzen und ihm weder Tribut noch Piſchkjeſch3* ab- gefordert werden ſolle, ſo lange er ſich in der Moldau aufhalten werde.
32.
Nachdem dieſe Verſprechen durch ein Chaͤttiſcherif beſtaͤtiget wor-Die Verſpre- chen, die Kante- mir geſchehen, werden ihm von dem verraͤtheri- ſchen osmani- ſchen Hofe nicht gehalten. den waren: ſo begiebt ſich Kantemir gegen das Ende des Novembers mit dem Chane der Tatarey in die Moldau. Allein, wenige Tage nach ſeiner Ankunft allda erhaͤlt derſelbe ein Schreiben von dem Kjihaja des oberſten Weßirs, Osman Aga 8, darinnen von ihm gefordert wird, dem Sultane und Weßire unverzuͤglich das Piſchkjeſch, das gewoͤhnlicher Weiſe bey dem Eintritte eines [Spaltenumbruch]
dem der Friede mit den Ruſſen geſchloſſen war: ſo ſendete ihn der Weßir voraus, den Sultan zu beſaͤnftigen. Dieſer empfing ihn [Spaltenumbruch] ſehr freundlich (damit er nicht durch unzei- tige Entdeckung ſeines Vorhabens den Weßir veranlaſſen moͤchte, eine Empoͤrung zu erre-
Fuͤr-
* im November des Jahres Chriſti 1710.
2* 471 S. 50 Anm.
3* 283 S.
5 D 3
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23. Aehmed der III
ten: ſo giebt er dem Chane von der krimiſchen Tatarey Befehl, ſich mit dem
Weßire deswegen zu berathſchlagen, und ihm ſeine Gedanken zu eroͤffnen, was
er zum Beſten des Reichs zu thun fuͤr noͤthig erachte. Der Chan raͤthet dem
Weßire, nichts unmittelbar gegen Brankowan zu unternehmen, ſondern den-
ſelben durch Huͤlfe des benachbarten Fuͤrſten von Moldau in das Netz zu locken.
Im Falle auch, daß der gegenwaͤrtige Fuͤrſt zu dieſer Unternehmung ungeſchickt
beſunden werden ſollte, ſey er verſichert, daß Demetrie Kantemir ſich beſſer
dazu ſchicken werde, als deſſen Treue der Sultan ſowol in Friedenszeiten, als
im Kriege, zur Genuͤge erfahren habe.
31. Der Sultan billiget dieſen Vorſchlag, ſetzet Nikolaus Maurocorda-
tus ab, und verordnet Kantemir zum Fuͤrſten in der Walachey, unter dem
Titel eines Fuͤrſten von Moldau. Er laͤſſet demſelben einen Unterrock von Zo-
bel zum Geſchenke reichen, und ſchicket ihn im Monate Schewwal des Jah-
res 1122 * in die Moldau, mit dem Befehle, ſich der Perſon Brankowans un-
ter dem Scheine der Freundſchaft, Bundsverwandtſchaft, oder einigem andern
Vorwande, wie er es fuͤr dienlich erachte, zu bemaͤchtigen, und denſelben leben-
dig oder todt nach Conſtantinopel zu liefern; und, wann er von dem Fuͤrſten-
thume Walachey werde Beſitz genommen haben, die Regierung deſſelben zu
uͤbernehmen. Hierauf ſolle er einen andern Fuͤrſten in Moldau beſtellen, und
die Wahl deſſelben der Beſtaͤtigung des Hofes anheim geben. Zu deſto ſchleu-
nigerer und fuͤglicherer Vollſtreckung dieſes Vorhabens ertheilet er dem Chane
unverzuͤglich Befehl, Kantemir ſo viel tauſend Tatarn zukommen zu laſſen,
als er verlangen werde. Dagegen verſpricht der Sultan Kantemir, daß er
das Fuͤrſtenthum ebedi 2* beſitzen und ihm weder Tribut noch Piſchkjeſch 3* ab-
gefordert werden ſolle, ſo lange er ſich in der Moldau aufhalten werde.
Demetrie Kan-
temir wird zum
Fuͤrſten in der
Walachey er-
nennet, unter
dem Titel eines
Fuͤrſten von
Moldau.
32. Nachdem dieſe Verſprechen durch ein Chaͤttiſcherif beſtaͤtiget wor-
den waren: ſo begiebt ſich Kantemir gegen das Ende des Novembers mit dem
Chane der Tatarey in die Moldau. Allein, wenige Tage nach ſeiner Ankunft
allda erhaͤlt derſelbe ein Schreiben von dem Kjihaja des oberſten Weßirs,
Osman Aga
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, darinnen von ihm gefordert wird, dem Sultane und Weßire
unverzuͤglich das Piſchkjeſch, das gewoͤhnlicher Weiſe bey dem Eintritte eines
Fuͤr-
dem der Friede mit den Ruſſen geſchloſſen
war: ſo ſendete ihn der Weßir voraus, den
Sultan zu beſaͤnftigen. Dieſer empfing ihn
ſehr freundlich (damit er nicht durch unzei-
tige Entdeckung ſeines Vorhabens den Weßir
veranlaſſen moͤchte, eine Empoͤrung zu erre-
gen),
Die Verſpre-
chen, die Kante-
mir geſchehen,
werden ihm von
dem verraͤtheri-
ſchen osmani-
ſchen Hofe nicht
gehalten.
* im November des Jahres Chriſti 1710.
2* 471 S. 50 Anm.
3* 283 S.
5 D 3
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Dimitrie [Moldau, Woiwode], (Cantemir, Dimitrie): Geschichte des osmanischen Reichs nach seinem Anwachse und Abnehmen. Hamburg, 1745, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cantemir_geschichte_1745/879>, abgerufen am 22.11.2024.
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